Das beste Saisonspiel des FC Bayern München: Sogar Labbadia wird besungen

Thomas Müller (l.) spielte gegen Wolfsburg mal wieder über 90 Minuten und drehte groß auf.
© Getty

Der FC Bayern München hat beim 6:0 gegen den VfL Wolfsburg das in seiner Gesamtheit wohl zufriedenstellendste Spiel dieser Saison gezeigt. Einen wichtigen Beitrag leisteten dabei die drei Ex-Nationalspieler Mats Hummels, Jerome Boateng und Thomas Müller.

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Nicht nur vor diesem Bundesligaspiel gegen den VfL Wolfsburg, als Sepp Maier nachträglich zu seinem 75. Geburtstag gratuliert wurde, sondern auch um die 70. Minute zeigte sich mal wieder der zumeist hervorragende Umgang des FC Bayern und seiner Fans mit verdienten Spielern des Klubs - sofern sie nicht zufällig gerade Kritik an dem Verein oder einem aktuellen Mitarbeiter üben (wie zuletzt etwa Dietmar Hamann).

"Bruno Labbadia Oh-Ohohoh, Bruno Labbadia Oh-Ohohoh", sangen die Fans in der Südkurve. Sie besangen somit einerseits den ehemaligen Stürmer, der zwischen 1991 und 1994 immerhin 28 Tore für den FC Bayern geschossen hat, - und andererseits den aktuellen Wolfsburg-Trainer, der etwas traurig an der Seitenlinie stand, weil seine Mannschaft bis zu diesem Zeitpunkt des Spiels bereits drei Tore kassiert hatte. Drei weitere sollten in den letzten 20 Minuten noch folgen.

Unter anderem eines in der 76. Minute, eines von Thomas Müller. Noch lauter als die Fans zuvor Labbadia besangen, schrien sie nun "Müll-er!", nachdem Stadionsprecher Stephan Lehmann "das 4:0 von unserm Spieler mit der Nummer 25: Tho-mas!" in sein Mikrofon gebrüllt hatte. Die Lautstärke und Wucht des "Müll-er" sollte sagen: Wir beim FC Bayern stehen zu ihm. Bei einem Treffer von Mats Hummels oder Jerome Boateng wäre es wohl ähnlich gewesen.

Kovac zu Hummels, Boateng und Müller: "Kompliment!"

Die drei langjährigen Leistungsträger sind zwar noch keine Ex-Bayern-Spieler, aber - seit sie Bundestrainer Joachim Löw am Dienstag in dieser Endgültigkeit recht überraschend aus dem DFB-Team geworfen hatte - immerhin Ex-Nationalspieler. Für die Bayern-Fans Grund genug zu zeigen, was sie ihnen gegenüber empfinden. Trainer Niko Kovac hatte sich bereits zuvor mit dem Trio solidarisiert, indem er Hummels, Boateng und Müller erst zum dritten Mal in dieser Bundesligasaison gemeinsam in die Startelf beorderte (zuvor am 2. Spieltag in Stuttgart und am 11. in Dortmund).

"Der Trainer hat sich schon was dabei gedacht", erklärte Sportdirektor Hasan Salihamidzic vielsagend. Die drei jedenfalls sollten Kovac für seine Gedanken nicht enttäuschen. "Die Art und Weise, wie sie es heute umgesetzt haben in positive Energie, spricht für sie als Spieler, als Menschen und als Charaktere", sagte Kovac und schloss mit: "Kompliment!" Salihamidzic sprach von einer "guten Antwort", Joshua Kimmich von einem "super Spiel" des Trios, Manuel Neuer von einem "wirklich guten" und Leon Goretzka gar von einem "hervorragenden".

Hummels, Boateng und Müller überzeugen - und schweigen

Müller arbeitete von Beginn an fleißig mit nach hinten und klärte etwa in der 18. Minute im eigenen Strafraum. Vorne spielte er viele tolle Pässe: in der 2. auf Robert Lewandowski oder in der 34. auf Serge Gnabry, der dann zum 1:0 einschoss. Das 4:0 machte Müller schließlich selbst. "Der Thomas hat heute wieder ein richtig gutes Spiel gemacht", lobte Salihamidzic.

Müller selbst wollte nach dem Spiel nichts sagen, genau wie Hummels und Boateng. Die beiden, die sich ja eigentlich mehr dulden als mögen, aber nun das selbe Schicksal ertragen müssen, hatten in der Innenverteidigung wenig bis nichts zu tun. Das aber hinderte den FC Bayern in dieser Saison bekanntlich selten daran, trotzdem reichlich Gegentore zu kassieren. Diesmal stand jedoch die Null - zum dritten Mal in den vergangenen vier Spielen.

Defensive Stabilität und offensive Spielfreude

Die defensive Stabilität ging dabei nicht auf Kosten der offensiven Spielfreude. Die beiden Außenverteidiger Rafinha und Joshua Kimmich sorgten für viel Betrieb nach vorne. Die beiden Edeltechniker Thiago und James glänzten mit vielen guten Ideen. Gnabry verstolperte in der Anfangsphase zwar einige Bälle, sammelte dann aber doch zwei Scorerpunkte. Lewandowski traf doppelt und avancierte mit seinen Bundesligatoren 196 und 197 somit zum erfolgreichsten ausländischen Torjäger der Ligageschichte. Franck Ribery wurde in der zweiten Halbzeit eingewechselt und vollbrachte innerhalb von nur neun Minuten einen Assist-Hattrick.

"Wolfsburg ist ein bisschen in seine Einzelteile verfallen", resümierte Niklas Süle, meinte aber wahrscheinlich "zerfallen". Und Wolfsburg ist immerhin ein Anwärter auf die internationalen Startplätze. Süle war derweil übrigens der einzige, der nach dem Spiel nicht die allerbeste Laune hatte - war er als dritter Innenverteidiger doch letztlich das Opfer von Kovacs Solidarisierung mit Hummels und Boateng.

Salihamidzic: "Der bisher beste Moment der Saison"

So konnte Süle aber immerhin von der Bank aus verfolgen, wie der FC Bayern gegen Wolfsburg das in seiner Gesamtheit wohl zufriedenstellendste Spiel dieser Saison zeigte. Viele Tore, keine Gegentore, in der Tabelle zum ersten Mal seit dem 5. Spieltag wegen der besseren Tordifferenz an Borussia Dortmund vorbeigezogen und somit die Tabellenführung erobert. "Das hat an den typischen FC Bayern erinnert", sagte Kimmich. Salihamidzic fasste zusammen: "Das ist bisher der beste Moment, den wir in dieser Saison haben - und genau zum richtigen Zeitpunkt."

Am Mittwoch nämlich steigt das Achtelfinalrückspiel in der Champions League gegen den FC Liverpool (Hinspiel 0:0), dessen Ausgang entscheidenden Einfluss auf die Saisonbewertung des FC Bayern haben wird. "Ab Sonntag müssen wir die Euphorie wieder wegschmeißen und volle Konzentration auf das nächste Spiel zeigen", mahnte Lewandowski.

Gehofft wird beim FC Bayern bis dahin noch auf einen fitten Kingsley Coman, der an seinem Comeback arbeitet. "Wir glauben, dass er es schaffen kann", sagte Kovac. Sein Einsatz wäre insofern wichtig, weil Müller erneut gesperrt fehlen wird - ein weiterer gemeinsamer Einsatz des Ex-Nationalspieler-Trios ist gegen Liverpool also nicht möglich.

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