Vincent Koziello überzeugt beim 1. FC Köln: Der etwas andere Abstiegskämpfer

Vincent Koziello hat beim 1. FC Köln überzeugt.
© Getty

Vincent Koziello hat durch seine starke Leistung und sein Tor seinen Teil dazu beigetragen, dass der 1. FC Köln das Spiel gegen RB Leipzig noch gedreht hat und weiter auf das Wunder hoffen darf. Von seiner Spielweise und seiner Statur ist er eigentlich nicht der typische Abstiegskämpfer. Eine Chance?

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In diesem Moment passt alles. Eine Risse-Flanke vom rechten Flügel fliegt in den Strafraum. Kevin Kampl köpft das Leder vom kurzen Fünfereck nach vorne. Zwei Meter vor der Sechzehnergrenze nimmt Vincent Koziello das Leder technisch anspruchsvoll mit rechts mit, geht noch ein paar Schritte und zieht dann mit dem linken Vollspann ab. Peter Gulacsi kann sich noch so lang machen, doch der Ball schlägt im Netz ein.

Die mitgereisten Gästefans rasten völlig aus. Der 1. FC Köln ist zurück in einer Partie, in der er eigentlich niemals zurück sein dürfte. Zu groß war die Dominanz von RB Leipzig im ersten Durchgang, zu viele Torchancen hatte der Vizemeister angehäuft.

In dem Moment, in dem Koziello mit ausgebreiteten Armen jubelt, ist das vergessen. Spätestens jetzt kippt die Partie in Richtung Effzeh. Mit seinem ersten Torschuss in der Bundesliga hat der Winterneuzugang direkt eingenetzt und damit die Wende eingeleitet, die in der Folge sogar noch zum Sieg führt.

Veh lobt Koziello: "Er hat ein gutes Spiel gemacht"

"Er ist eigentlich kein Torjäger, aber das war ein richtig schönes Tor", lobte Armin Veh den Franzosen: "Er hat auch ansonsten ein gutes Spiel gemacht."

Der Geschäftsführer sah sich in seiner Einschätzung bestätigt. Als sich in den vergangenen Tagen abzeichnete, dass Koziello gegen Leipzig erstmals in der Startelf der Kölner stehen würde, sagte Veh: "Der Junge kann kicken, das ist keine Frage, deshalb habe ich ihn ja auch verpflichtet."

Mit seinen Aussagen, er hätte bislang "in jedem Spiel anders aufgestellt", hatte Veh in der vergangenen Woche ein Fass aufgemacht. Zwar wollte er den flapsig gesprochenen Satz explizit nicht als Kritik an Trainer Stefan Ruthenbeck verstanden wissen. Ein Seitenhieb klang dennoch durch.

Verschiedene Medien berichteten darüber, dass unter anderem der Umgang mit Vehs Wunschspieler Koziello ein Diskussionspunkt war. Ruthenbeck hatte diesen nämlich in der vergangenen Woche gegen Hannover 96 als Einwechselspieler überhaupt zum ersten Mal eingesetzt.

Ruthenbeck begründet Koziello-Umgang der ersten Wochen

Dass es bis zum Sonntag dauerte, ehe der Trainer den 22-Jährigen in die Startformation beorderte, hatte Anpassungsgründe: "Vincent kam, nachdem wir gegen Gladbach gewonnen hatten. Er hat in Nizza nicht so viel gespielt. Wir hatten keine Testspiele, um ihn zu integrieren. Deshalb habe ich gleich gesagt: Wir werden ihn bringen, wenn die Zeit reif ist", erklärte Ruthenbeck.

Vor dem Spiel kam dann die klare Ansage: "Jetzt ist er bereit und kann uns helfen." Also stellte er Koziello im 3-5-2 neben Marco Höger und Jonas Hector ins zentrale Mittelfeld.

Wie kann Koziello dem 1. FC Köln helfen?

Von seiner Statur und Spielweise ist Koziello alles andere als der typische Abstiegskämpfer. Er ist lediglich 1,68 Meter groß, wiegt nicht einmal 60 Kilogramm und ist entsprechend nicht der robusteste Spieler im Zweikampf.

Eine Eigenschaft, die dem Effzeh bereits nach fünf Minuten vor die Füße fiel: Koziello versuchte, gegen Bruma ins Tackling zu gehen, ließ sich jedoch viel zu einfach überlaufen. In der Folge kassierte Köln das frühe Gegentor und die Ausgangslage im Auswärtsspiel beim Vizemeister verschlechterte sich immens.

Sowieso brauchte Koziello seine Zeit, um sich in den direkten Duellen zurechtzufinden. Unter anderem an ihm lag es, dass die Kölner es lange nicht schafften, den Kampf anzunehmen.

Horn lobt die Ballsicherheit des Franzosen

Unter anderem an ihm lag es jedoch auch, dass die Gäste nach und nach ins Spiel zurückkamen. Denn Koziello zeigte seine große Stärke, für die ihn der Effzeh verpflichtete: "Er hat viel Ruhe reingebracht. Vincent ist sehr ballsicher, das hat uns gutgetan", schwärmte Keeper Timo Horn.

Lange Zeit stand der Franzose tatsächlich bei einer Passquote von 100 Prozent. Am Ende kamen 94,4 Prozent seiner 36 Pässe zum Mitspieler - mit großem Abstand der beste Wert bei den Kölnern. Er verteilte die Bälle in allen Bereichen des Spielfelds und alle Richtungen.

Neben seinem wichtigen Treffer war Koziello mit dieser Stärke im Passspiel einer der Schlüsselspieler für den Kölner Sieg. Für einen Sieg, der zumindest die Hoffnung auf das Wunder am Leben hielt.

Koziello könnte zum Schlüsselspieler der Kölner werden

Sollte er Leistungen wie diese konstant abrufen können - für das Urteil, dass er das kann, ist es noch zu früh -, könnte er auch in den kommenden Wochen und Monaten ein Schlüsselspieler im Effzeh-Gefüge werden.

Ja, er ist kein Bulle, der sich in die Zweikämpfe schmeißt, Ecken aus der Gefahrenzone köpft und den Gegner aggressiv weggrätscht. An Einsatz und Wille hat es den Kölnern in der katastrophalen Hinrunde allerdings nur selten gemangelt. Stattdessen war es das spielerische Element, an dem es häufig krankte. Auch im Haifischbecken Abstiegskampf kann es nicht schaden, einen spielintelligenten, passsicheren Spieler in den eigenen Reihen zu haben.

Im Falle, dass das Wunder ausbleibt und die Domstädter den Weg in die Zweitklassigkeit antreten, ist Koziello potenziell ein Baustein für das Projekt Wiederaufstieg. Er unterschrieb im Winter einen Vertrag bis 2022, wohlwissend dass der Abstieg sehr wahrscheinlich ist. Entsprechend wird die 2. Liga in den perspektivischen Überlegungen von Spieler und Verein bei den Verhandlungen eine Rolle gespielt haben.

Jojic und Özcan bleiben Alternativen

Wie schnell Koziello nun als fester Stammspieler in Ruthenbecks Planungen eine Rolle spielt, werden die kommenden Wochen zeigen. Milos Jojic und Salih Özcan, die gegen Leipzig auf die Bank mussten, waren zuletzt nicht komplett außer Form, sondern bestenfalls überspielt. Die beiden bleiben Alternativen und haben in engen Spielen den Erfahrungsvorteil und das Argument der größeren Robustheit auf ihrer Seite.

Ruthenbeck hat mittlerweile wieder die Wahl, nachdem ihm bei seinem Amtsantritt Anfang Dezember aufgrund der langen Verletztenliste kaum Alternativen zur Verfügung gestanden hatten.

Die Erinnerungen an seinen ersten Bundesliga-Torschuss kann Koziello künftig so oder so niemand nehmen. Es war ein Moment, in dem alles passte.

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