96-Sportdirektor Heldt im Interview: "Ist es sinnvoll, den Elfmeter zu wiederholen?"

Horst Heldt stellte die Sinnhaftigkeit der Wiederholung des Elfmeters infrage
© getty

Sportdirektor Horst Heldt hat nach der 1:3-Niederlage von Hannover 96 bei Bayern München die Sinnhaftigkeit der Gelben Karte gegen Sven Ulreich und der Wiederholung des Elfmeters infrage gestellt. Außerdem sprach Heldt gegenüber den Journalisten in der Mixed Zone der Münchner Allianz Arena über seine turbulente Woche und mögliche Wintertransfers.

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Frage: Herr Heldt, Ihre Mannschaft hat ein ordentliches Spiel abgeliefert, fährt aber mit leeren Händen nach Hause. Wie haben Sie die Partie gesehen?

Horst Heldt: Naja, leider Gottes wiederholt sich das, wenn man gegen den FC Bayern spielt. Das ist einfach schon eine erstklassige Mannschaft. Am Ende haben wir uns natürlich achtbar geschlagen, aber wir fahren mit nichts nach Hause. Es war ein bisschen turbulent. Es ist natürlich klar, dass Bayern immer mehr Spielanteile hat, dass sie auch entsprechend viele Torchancen haben und dass man eben nahezu fehlerfrei sein muss. Und das waren wir heute nicht. Deswegen haben wir auch die Tore bekommen. Die Tore an sich waren insgesamt unnötig. Trotzdem hatten sie noch einige Chancen, aber wir haben es lange aufrecht gehalten. Unabhängig von der Kuriosität des Elfmeters stand es lange 1:1.

Frage: Gab es einen Schlüsselmoment?

Heldt: Für mich war der entscheidende Augenblick, als wir beim Stand von 1:1 eine Drei-gegen-zwei-Überzahlsituation hatten, die wir nicht sauber zu Ende gespielt haben. Da sieht man dann den Unterschied. Wenn wir das sauber ausspielen, rennt vielleicht Julian Korb alleine aufs Tor zu. Ob er den dann reinmacht, ist wieder etwas anderes, aber das ist trotzdem eine Schlüsselsituation, die man nutzen muss, wenn man hier etwas mitnehmen möchte. Fast im Gegenzug kriegen wir durch einen unnötigen Ballverlust an der Mittellinie das 2:1. Und dann ist es natürlich schwierig. Aber wir haben uns achtbar geschlagen und müssen uns jetzt auf das nächste, wichtige Heimspiel konzentrieren.

Frage: Hatte die angespannte Personalsituation auch etwas mit der Niederlage zu tun?

Heldt: Natürlich darf man bei der Bewertung unserer Mannschaft nicht vergessen, dass wir so auch noch nie zusammengespielt haben. Wir hatten auch unser Päckchen zu tragen gehabt. Viele wichtige Spieler stehen aktuell nicht zur Verfügung. Aber die, die gespielt haben, haben es trotzdem gut gemacht.

Frage: Eine Überraschung war, dass Charlison Benschop in der Startelf stand. Wie kam es dazu und wie bewerten Sie seinen Auftritt?

Heldt: Unabhängig davon, dass er ein Tor gemacht hat, ist er viel unterwegs gewesen, hat die Bälle gut festgemacht und hat ein sehr gutes Spiel gemacht. Er hat nachher ein bisschen Probleme gehabt. Er hat seit fast zwei Jahren nicht mehr in der Startformation gestanden. Das sind dann solche Dinge, die kann man mitnehmen. Für ihn persönlich bringen die Leistung und das Tor Selbstvertrauen und das wird ihm helfen und damit auch uns.

Frage: Sie haben den Elfmeter angesprochen. Wie haben Sie die Situation gesehen?

Heldt: Ich habe widersprüchliche Aussagen gehört, die Szenen bislang aber nicht noch einmal gesehen. Zunächst habe ich mit dem vierten Offiziellen die Diskussion angefangen und gefragt: Ist das jetzt eine Gelbe Karte oder eine Rote Karte für den Torhüter? Das ist ja beinahe der entscheidendere Faktor.

Frage: Was hat er gesagt?

Heldt: Er erklärte, wenn erkennbar ist, dass er zum Ball gehen wollte, ist es gelbwürdig, und wenn er keine Chance hat, ist es rotwürdig. Ich habe die Szene nicht nochmal gesehen, deswegen kann ich das nicht bewerten. Aber es ist klar: Elfmeter und Rote Karte ist ein Unterschied zu Elfmeter und Gelbe Karte.

Frage: Wobei man die Doppelbestrafung ja bewusst abgeschafft bzw. da einen Spielraum gelassen hat.

Heldt: Ja, aber mit Spielraum ist das heutzutage schwierig. Ich bin kein Freund von Spielräumen für den Schiedsrichter, weil das immer unterschiedlich bewertet wird. Damit fängt dann eine Ungerechtigkeit an. Davon halte ich nichts. Ob man das abschafft oder beibehält, sei mal dahingestellt. Aber da braucht man eine klare Linie. Ich glaube, dass das wichtig ist. So, dann kriegen wir den Elfmeter und machen ihn rein...

Frage: ...aber er zählt nicht.

Heldt: Genau. Und dann habe ich eben gehört, dass vier Hannoveraner in den Strafraum gelaufen sind. Dann ist das die Regelauslegung und dann ist das korrekt vom Schiedsrichter. Wenn ich dann aber höre, dass auch ein paar Bayernspieler im Strafraum waren, muss ich sagen: Was soll die Regel? Ist es sinnvoll, den Elfmeter zu wiederholen? Am Ende der Geschichte war es für diese Situation unerheblich, weil wir sowieso den Ausgleich gemacht haben. Von daher ist es kurios, aber zweitrangig für den Spielverlauf.

Frage: Sie haben die Rucksäcke angesprochen, die die Mannschaft zu tragen hat. Haben Sie mit der Mannschaft auch über Ihre persönliche Rucksack-Woche gesprochen?

Heldt: Ich bin sowieso fast jeden Tag präsent gewesen. Das sind alles Profis und die haben damit kein Problem. Das war auf jeden Fall zu beobachten. Mit dem einen oder anderen habe ich gesprochen, weil er mich darauf angesprochen hat. Ich habe das dann entweder klargestellt oder es erklärt. Aber ich glaube nicht, dass da heute im Vorfeld jemand daran gedacht hat. In den letzten Wochen und Monaten hat es viele Themen gegeben, die die Mannschaft hätten beeinflussen können und sie hat immer versucht, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Frage: Mit wie viel Spaß sind Sie die letzten Tage zur Arbeit gekommen?

Heldt: Da hat sich nichts verändert. Ich habe genauso viel Spaß wie davor und auch am Montag gehe ich mit genauso viel Spaß zur Arbeit. Natürlich sind die ersten ein, zwei Tage nach einer Niederlage immer erstmal ärgerlich. Aber ich weiß ja, was Sie meinen, und daran hat sich nichts geändert.

Frage: Sie haben bei den Kollegen von Sky gesagt, dass es im neuen Jahr noch ein weiteres Gespräch geben wird.

Heldt: Genau. Wir werden die Gespräche fortführen. Das werden wir Anfang des Jahres machen und dann werden wir alle Themenblöcke abgearbeitet haben.

Frage: Haben Sie angesichts der vielen Ausfälle Erkenntnisse gewonnen, was die Planung der Wintertransfers angeht?

Heldt: Wir haben natürlich schon unsere Position definiert. Leider Gottes ist es nicht so, dass man einen Wunschzettel abgeben kann und der wird einfach so erfüllt. Das hat etwas damit zu tun, welche Mittel uns zur Verfügung stehen. Man darf nicht vergessen, dass wir einen Kader mit einer gewissen Größe haben. Wir haben auch in der letzten Sommertransferperiode aus verschiedenen Gründen nicht so viele Spieler abgeben können. Am Ende müssen wir schauen, wie Angebot und Nachfrage zusammenkommen. Ideen haben wir genügend. Es gibt lose Gespräche, lose Anfragen bei dem einen oder anderen Spieler, ohne jetzt Namen nennen zu wollen, da bitte ich um Verständnis.

Frage: Der Trainer hat in dieser Woche konkret von einem Innenverteidiger und einem Angreifer gesprochen. Waren Sie überrascht davon, dass er damit an die Öffentlichkeit geht?

Heldt: Nein, war ich nicht, denn ich war darüber in Kenntnis gesetzt. Das wäre tatsächlich seltsam, wenn Sie das vor mir wüssten.

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