Zu mir oder zu dir?

Julian Weigl wurde von RB Leipzig in die Mangel genommen
© getty

Knapper Sieg gegen Mainz, Niederlage in Leipzig. Die ersten beiden Spieltage zeigen, dass Borussia Dortmund noch Zeit braucht, um sich als Mannschaft nach den personellen Änderungen im Sommer zu finden.

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Die Reaktionen:

Ralph Hasenhüttl (Trainer Leipzig): "Wenn wir gegen Dortmund gewinnen wollen, müssen die Dinge für uns laufen, und wir brauchen die Unterstützung von außen. Genau so war es heute, es war ein echtes Highlight, wie man es sich nur wünschen kann. Wir haben uns zunächst für Automatismen entschieden, um den Gegner auszubremsen. Mit den Einwechslungen haben wir dann reagiert, als wir das Gefühl hatten, dass wir das Spiel gewinnen können. Wir haben gezeigt, dass wir mithalten können. Wir wissen schon, wo wir herkommen, aber wir machen uns nicht kleiner als wir sind."

Ralf Rangnick (Sportdirektor Leipzig): "In der zweiten Halbzeit hatten wir den Sieg verdient. Nach dem Tor hatte ich das Gefühl, das Stadiondach fliegt jeden Moment weg... Einfach großartig. Für die Stadt, für die Mannschaft, für den Verein. Phantastisch. Dem BVB ist hinten raus ein bisschen der Sprit ausgegangen. Ich hatte das Gefühl, dass wir es sind, wenn eine Mannschaft dieses Spiel gewinnen sollte. Jetzt müssen wir diesen Weg weitergehen. Wir haben eine Mannschaft, an der wir noch des Öfteren in der Saison Freude haben werden."

Thomas Tuchel (Trainer Dortmund): "Wir hatten in der ersten Halbzeit keinen Schuss aufs Tor, das ist schon ein Manko. Wir sind dann doch noch zu Chancen auf die Führung gekommen, aber ohne die nötige Präzision wird es schwierig. Wir wurden gar nicht so oft zu Fehlern gezwungen, sondern haben uns selbst mit unnötigen Fehlern das Leben schwer gemacht. Wir hatten zwar eine sehr gute Zweikampfquote und waren bereit für dieses Spiel. Aber im Abschluss hat es gefehlt."

Mario Götze (Dortmund): "In der letzten Minute das Gegentor zu bekommen, ist bitter. Es gibt heute nichts zu lachen, wir wollten drei Punkte holen. Das haben wir nicht geschafft. Wir haben zehn Torschüsse zugelassen und selbst viel zu wenig aus unseren Torchancen gemacht. Wir haben acht Torschüsse gehabt, einer nur aufs Tor. Das ist zu wenig."

Marcel Schmelzer (Dortmund): "Wir wussten, was uns hier erwartet. Aber wir haben nicht die Räume angespielt und genutzt, die uns Leipzig angeboten hat. Wir haben es nicht geschafft, einmal aufs Tor zu schießen, obwohl wir uns Chancen dazu herausgearbeitet haben. Und dann kassieren wir kurz vor Schluss so ein doofes Gegentor."

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Nachbetrachtung

218 Ballaktionen hatte Julian Weigl am letzten Spieltag der vergangenen Saison gegen den 1. FC Köln. Der letzte Spieltag war der nicht mehr ganz nötige Beweis, welche Rolle sich der Jungnationalspieler innerhalb einer Saison beim BVB erarbeitet hatte.

Weigl ist das Zentrum des Dortmunder Aufbauspiels, das hat sich mittlerweile rumgesprochen. Es ist also nicht ganz überraschend, dass gegnerische Mannschaften seine Kreise einschränken wollen. Kaum einer Mannschaft ist das aber so gut gelungen wie RB Leipzig am Samstag. Die Bullen nahmen den Ballverteiler nicht in Manndeckung, schnitten ihn aber so gut es ging von Zuspielen ab oder verwickelten ihn schnell in Zweikämpfe.

Weigl mag pressingresistent sein, aber er ist kein guter Zweikämpfer. Es kann dem BVB also nicht gefallen haben, dass Weigl die meisten direkten Duelle auf dem Platz führen musste. Er konnte sich nicht auf seine Kernqualität in Ballbesitz konzentrieren, weil er von den Leipzigern in einem Sechs-Mann-Kokon eingeschlossen war.

Julian Weigls Pass-Matrix gegen RB Leipzig: Wenig vertikal, wenig in der gegnerischen Hälfte

In der letzten Linie quälten sich Sebastian Rode, Sokratis und Marc Bartra, die richtigen Lösungen im Aufbauspiel zu finden. Aber es wurde deutlich, dass von Mats Hummels hinterlassene Lücke nicht einfach zu schließen sein wird.

Schon beim Saisonauftakt vor zwei Wochen gegen Mainz 05 war das Wörtchen "zäh" das von Tuchel am häufigsten benutzte, um das eigene Spiel zu beschreiben. Dortmund mühte sich nun auch in Leipzig ab, die richtigen Pässe zu finden, um eine oder mehrere Linien nach vorne zu kommen.

Fehler und fehlende Automatismen führten dazu, dass der BVB nur selten strukturiert nach vorne kam. Klappte es aber doch, fehlte im Abschluss die nötige Präzision, wobei wie schon gegen Mainz vor allem Andre Schürrle für Torgefahr sorgte.

Trainer Thomas Tuchel war zwar sehr aktiv an der Seitenlinie, nahm aber im laufenden Spiel so gut wie keine Anpassungen vor. Obwohl der Aufbau aus der Dreierkette nicht funktionierte und Weigl abgeschnitten war, hielt er lange daran fest. Ungewöhnlich für einen Typen wie Tuchel, der Grundformationen und Strategien normalerweise gerne variiert.

Aber Tuchel ist laut eigener Aussage noch immer dabei, Informationen über seine Mannschaft zu sammeln. Man befinde sich noch in der Kennenlernphase. Diese ist zwar schon weit fortgeschritten, aber die entscheidende Frage "Zu mir oder zu dir" ist noch offen. Das BVB-Spiel funktioniert in Phasen, aber noch nicht dauerhaft, weil sich die neuen Spieler in allen Mannschaftsteilen noch aufeinander einstellen und ihre Stile aufeinander abstimmen müssen. Die Richtung, in welche sich der neue BVB entwickeln wird, ist also noch nicht ganz geklärt.

Und so ist Ralph Hasenhüttl sicher nicht im Unrecht, wenn er sagt, dass seine Mannschaft den klareren Plan im Spiel nach vorne hatte. Ein Plan, der zwar mehr auf Reaktion ausgelegt war, aber zur Idee von RB und Ralf Rangnick gehört.

Der Aufsteiger hat im zweiten Spiel ein erstes Statement gesetzt und die nach dem FC Bayern dominierende Mannschaft der Vorsaison in die Knie gezwungen. Wobei der BVB mit der Offensivmaschine aus der Vorsaison noch nicht viel gemein hat. Tuchel muss erst noch ein paar Eindrücke einholen und Entwicklungsprozesse anstoßen, um neues, perfekt funktionierendes Team zu formen.

Leipzig - Dortmund: Daten zum Spiel