Schürrle: Der Tuchel-Faktor

Andre Schürrle wechselte für 30 Millionen Euro im Sommer von Wolfsburg nach Dortmund
© Getty

Andre Schürrle führte Borussia Dortmund zum Sieg über seinen Ex-Verein Mainz 05. Der Nationalspieler soll unter seinem Mentor Thomas Tuchel wieder durchstarten. Der Auftakt ist vielversprechend, aber Vorsicht ist bei einem Blick in die Vergangenheit geboten.

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Es dauerte nur ein paar Minuten, da startete Thomas Tuchel zum ersten Mal seine Hauptaufgabe an diesem Samstagnachmittag. Er fuchtelte, er trieb an, er forderte. Seine Spieler taten nicht ganz so, wie er das wollte und wie sie es vor dem Spiel besprochen hatten. "Es sah alles ein bisschen zäh aus", sagte Tuchel hinterher.

Das Passspiel war ihm zu langsam, die Bewegungen zu passiv, die Positionierung nicht mutig genug. Und so kam ein Dortmunder Spiel zustande, das seine nennenswerten Szenen nach Einzelaktionen hatte.

In der ersten Halbzeit war dafür fast ausschließlich Ousmane Dembele zuständig. Der 19-Jährige zeigte bei seinem Bundesligadebüt seine enorme Geschwindigkeit, aber auch, dass er in seiner Unbekümmertheit noch viel Coaching braucht.

"Wir wollen ihm die Freiheit lassen, seine Kreativität und Stärke im Eins-gegen-eins auszuleben", sagte Tuchel. "Und wir müssen dann schauen, das in unsere Struktur einzubetten." Momentan befinde man sich immer noch in der Kennenlernphase. Es gehe darum, zu verstehen, "wo und wann er seine Dribblings beginnt, so dass wir sie besser nutzen können."

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BVB sieht Schürrles großes Potenzial

Denn so beeindruckend Dembeles Anlagen sind, so fehlte seinem Auftritt noch die nötige Effizienz. Die bekam Tuchel an diesem Tag aber von seinem zweiten Neuzugang auf der anderen Seite. Andre Schürrle war mit seinen beiden Assists der Wegbereiter für den mühsamen Auftaktsieg.

"Wenn man sieht, wie sehr er sich freut, als Auba den Elfmeter reinschießt, dann erkennt man, wie gerne er für den BVB spielt, wie sehr er das hier alles will. Diese Energie bringt er ein", sagte der Trainer. Schürrle und Tuchel, beide verbindet aus gemeinsamen Mainzer Tagen eine besondere Beziehung. Auch deshalb sind sie in Dortmund so zuversichtlich, dass Schürrle in Schwarz-Gelb wieder die Form erreicht, die ihn vor einigen Jahren zu einem der begehrtesten Youngster Europas machte.

"Wir haben bei Andre Schürrle das gleiche gemacht wie immer: Wir beurteilen nicht, was in den letzten ein, zwei Jahren gewesen ist, sondern analysieren sein Potenzial. Das machen wir mit allen Spielern, die jünger als 25, 26 Jahre sind. Das Potenzial von Schürrle ist so groß, dass er bei uns eine tragende Rolle spielen kann", sagte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke kürzlich in einem Interview mit der Funke-Mediengruppe.

Schürrle zeigt seine versteckten Qualitäten

Tuchel schätzt die offensichtlichen Stärken Schürrles: seinen Antritt, seinen Zug zum Tor und seinen Abschluss. Dazu kommen die eher auf den zweiten Blick sichtbaren Tuchel-spezigischen Qualitäten: die für den Trainer so wichtige Arbeit gegen den Ball in höchstem Tempo und die damit verbundene Mannschaftsdienlichkeit.

Gegen Mainz schoss Schürrle sieben Mal aufs Tor, so oft wie kein anderer Spieler auf dem Platz und er lieferte die meisten Torschussvorlagen (6). Er führte aber auch die drittmeisten Zweikämpfe (18) und gehörte zu den sechs BVB-Spielern, die über zehn Kilometer abspulten. Dazu lieferte er mit großem Abstand die meisten Sprints (37) und intensiven Läufe (68) ab.

Andre Schürrles Daten im Spiel gegen Mainz 05

Schürrle lieferte in diesem insgesamt durchschnittlichen Spiel bei Weitem keine Gala ab, aber er konnte in seinem ersten Spiel also bereits andeuten, warum ihn Tuchel als einen der Nachfolger für Henrikh Mkhitaryan haben wollte und warum der BVB sogar bereit war, 30 Millionen Euro für ihn zu bezahlen. Der Trainer lobte Schürrles "körperlichen Zustand", obwohl dieser erst später zur Mannschaft stieß und noch "viel Luft nach oben" habe.

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So wie damals in Wolfsburg

Aber im Gegensatz zu seinen Kumpels Mario Götze und Marco Reus ist er einsatzfähig und kann "sogar bei solchen Temperaturen schon 90 Minuten spielen, das ist wichtig für uns", wie Tuchel befand. Schürrle steht zwar ohne seine Nationalmannschaftskollegen mehr im Fokus, kann die nächsten Wochen aber auch nutzen, um Werbung in eigener Sache zu machen und seine Kritiker zu überzeugen.

Schürrle wird jetzt erst einmal zur Nationalmannschaft reisen, danach wartet am 2. Spieltag der Bundesliga ein Auswärtsspiel in Leipzig. Dass das Spiel gegen Mainz nur ein erster Schritt war, ist allen Beteiligten klar.

Denn dass ein guter Einstand nur bedingt Aussagekraft für die Zukunft hat, weiß Schürrle selbst am besten. Bei seinem ersten Auftritt im Trikot des VfL Wolfsburg im Februar 2015 bereitete er gleich zwei Treffer vor. Was folgte, war ein weiterer Assist in 13 Spielen.

Dortmund - Mainz: Daten zum Spiel

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