Die Sache mit dem Tempo

Kingsley Coman feierte gegen den FC Augsburg sein Bundesliga-Debüt
© getty

Der FC Bayern legt mit vier Siegen in vier Spielen einen Traumstart hin. Das 2:1 gegen den FC Augsburg war jedoch spielerisch nur bedingt überzeugend und entstand auch mit tatkräftiger Unterstützung des Schiedsrichtergespanns. Die Bayern kennen ihre Probleme - und müssen sie lösen, denn es droht Gefahr aus dem Westen.

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Es gab einen Gewinner, es gab einen Verlierer. Für die eine Seite gab es drei Punkte, für die andere nichts. Nichts Ungewöhnliches. Doch wer nach einem strahlenden Gewinner suchte, mühte sich vergeblich. Gestrahlt hat niemand.

Das, was die Protagonisten des FC Bayern nach dem 2:1 (0:1) gegen den FC Augsburg an den Tag legten, war keine Freude - es war Erleichterung. Zum einen, weil es ein hartes Stück Arbeit gegen aufopferungsvoll kämpfende Nachbarn war, zum anderen, weil der Beigeschmack des falschen Pfiffs in der Schlussminute noch zu stark war.

Knut Kircher gab in der 90. Minute einen Foulelfmeter, den er selbst nicht erkannt hatte. Sein Assistent dagegen sah, dass Markus Feulner Douglas Costa blockierte und somit regelwidrig handelte. Diese Sichtweise des vermeintlichen Zweikampfs hatte der Mann an der Linie exklusiv, denn Kircher gab hinterher zu, dass die Entscheidung falsch gewesen sei. Auch die glücklichen Münchener beschönigten nichts: "Ich habe klarere Elfmeter gesehen", sagte Pep Guardiola.

"Immer zu spät"

"Keine Schwalbe", stellte Thomas Müller fest, der den Elfmeter verwandelte und den vierten Bayern-Sieg im vierten Spiel besiegelte. Müller hatte durchaus recht, aber es war eben auch kein Foul. Und damit hätten die Bayern womöglich die ersten Punkte der Saison abgeben müssen.

Es ist nicht das erste Spiel dieser noch jungen Spielzeit, das der Rekordmeister mit Mühe gewann. In Hoffenheim war das Glück auf Münchener Seite, auch zum Saisonauftakt gegen den Hamburger SV tat man sich trotz klarem Sieg (5:0) am Ende lange Zeit schwer.

Müller machte gegen Augsburg ein Tempoproblem aus: "Wir waren etwas schläfrig, vor der Halbzeit waren wir immer ein, zwei Sekunden zu spät."

Obwohl der FC Augsburg dem Gastgeber das Spielfeld komplett überließ und dieser wie gewohnt rekordverdächtig den Ball behauptete, war zu wenig Bewegung zu erkennen.

Guardiola: Keine Ausreden

Guardiola beerdigte die gängigen Ausreden, ohne danach gefragt worden zu sein. Schon vor dem Spiel widersprach er der Problematik der Länderspiel-Strapazen - und bei der Pressekonferenz nach dem Spiel setzte er da wieder an: "Ich weiß, dass die Leute sagen, dass es für große Mannschaften nach Länderspielen schwer ist. Ich weiß, dass Leverkusen gegen Darmstadt verloren hat. Ich weiß, dass Wolfsburg in Ingolstadt nicht gewonnen hat. Ich weiß, dass es schwer ist, aber wir Trainer können nicht sagen, dass wir nur 45 Minuten spielen. Wir müssen 90 Minuten spielen!"

Auch der Bayern-Coach machte eine Schläfrigkeit bei seiner Truppe aus. Der Katalane korrigierte während den 90 Minuten wie nie zuvor in dieser Spielzeit.

Besonders Thiago Alcantara bekam gleich mehrmals die Ausbrüche seines Lehrers zu spüren. Als Robert Lewandowski das 2:1 markierte, jubelten alle, Guardiola dagegen erlitt regelrecht einen Wutanfall, weil Thiago nicht gehorchen wollte. "Unsere Körpersprache war nicht gut, wir müssen das verbessern", so Pep.

Bayern rennen ins Bollwerk

Auch Neuzugang Kingsley Coman, der nach der Pause sein Bayern-Debüt gab, war mehr beim Trainer zum Gespräch als im Strafraum zu Gast. "Wir brauchen Spieler auf der Linie", so Guardiola, dem auch aufgefallen war, dass sich die Bayern vor der Pause selbst in Schwierigkeiten brachten, indem Thiago, Arturo Vidal, aber auch Philipp Lahm das Spiel nicht breiter machten, sondern immer wieder frontal ins Augsburger Bollwerk liefen.

Coman konnte seiner vollmündigen Ankündigung, sofort zu helfen und den Unterschied auszumachen, zwar noch nicht gerecht werden, aber er machte immerhin das Spiel breiter.

Eine Aufgabe, die normalerweise Arjen Robben, Franck Ribery und Co. übernehmen. Aber Guardiolas Probleme der Vorsaison, seine Tempomacher wiederholt ersetzen zu müssen, setzen sich nahtlos fort. Zwar ist der Ersatzplan mit der Verpflichtung von Douglas Costa voll aufgegangen, aber der Brasilianer ist mitunter überfordert, wenn er den Alleinunterhalter mimen muss.

Gefahr aus Dortmund

Just in dieser Phase hätte die Stunde Mario Götzes schlagen können. Götze spielte sich zuletzt in einen Lauf, erntete dafür Lob von Guardiola, Matthias Sammer und Co., fiel aber dann vor dem Augsburg-Spiel kurzfristig mit muskulären Problemen aus.

Noch sind die Bayern schadlos durch die Saison gegangen, stehen aber nun auch unter einem größeren Druck als noch in den letzten Jahren. Zum einen ist die vierte Meisterschaft in Folge kein Alibi-Ziel, sondern ein oft zitiertes Bestreben von Trainer und Mannschaft und zum anderen gibt es da mit Borussia Dortmund wieder einen Gegner, der die Bayern nervös machen könnte.

Müller sprach nach dem Augsburg-Spiel vom "Verfolger", korrigierte sich dann: "Momentan sind wir ja die Verfolger." Das Revival des BVB bleibt in München nicht unbemerkt: Dass Sammer während der Vorstellung Comans jede Frage beantwortete, bei der Frage nach Dortmund aber dann darauf verwies, dass man bei der Präsentation eines Neuzugangs sei, ist genauso ein kleines, aber klares Zeichen wie Guardiolas Ablehnung, über Dortmund zu sprechen.

"Sie wollen wieder attackieren, das ist schön für die Liga, aber ein bisschen unentspannter für uns", sagte Müller. Ein Lächeln rang er sich dabei noch ab, aber strahlen wollte auch der Matchwinner nicht.

Bayern - Augsburg: Daten zum Spiel

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