Gänzlich unkompliziert

Thomas Tuchels Bundesligapremiere im Signal Iduna Park war ein voller Erfolg
© getty

Borussia Dortmunds erstes Bundesligaspiel unter der Leitung von Thomas Tuchel geriet zu einer glanzvollen Veranstaltung. Das 4:0 gegen Mönchengladbach zeigte: Die Mannschaft folgt Tuchels Weg - und strahlt dabei einen neuen Geist aus.

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Als Jürgen Klopp noch Trainer von Borussia Dortmund war, echauffierte sich der Coach einmal während einer Pressekonferenz im Vorfeld des Spiels gegen Borussia Mönchengladbach. Man traktierte Klopp mit allerhand Fragen, doch es schien niemand wissen zu wollen, wie der Trainer sein Team gegen die Fohlen einzustellen gedenke.

Klopp äußerte damals sein Unverständnis, schließlich seien die Duelle mit den Borussen vom Niederrhein doch die speziellsten Begegnungen der Saison. Ähnlich äußerte sich nun auch Klopps Nachfolger Thomas Tuchel.

Der neue Mann an der Seitenlinie bei den Schwarzgelben bezeichnete Gladbach als "unangenehmsten und kompliziertesten Gegner", gegen den man zum Auftakt der Saison treffen könne. Die Truppe von Lucien Favre sei über die Jahre organisch zusammengewachsen und eingespielt - diesen Nachweis müsse Tuchel mit seinem Team in Zukunft erst noch erbringen.

Viertes Pflichtspiel, vierter Sieg

Am Samstagabend leuchtete nun ein glattes 4:0 auf den Anzeigetafeln im Signal Iduna Park. Dortmund legte eine über 90 Minuten dominante Vorstellung aufs Parkett, überrollte die andere Borussia im ersten Abschnitt phasenweise und trat im Grunde so auf, wie Tuchel die Gladbacher erwartet hatte.

Die Noten und Einzelkritiken zur Partie im Überblick

Der BVB gewann damit auch das vierte Pflichtspiel unter Tuchel und kassierte bislang noch kein Gegentor. Das ist insofern positiv hervor zu heben, als dass sich Dortmund natürlich weiterhin mitten in einem Entwicklungsprozess befindet, an dessen Ende der bereits jetzt schon viel zitierte "neue BVB" stehen soll.

Der Weg, den Tuchel für dieses Ziel vorgibt, soll neben individual- und gruppentaktischen Optimierungen vor allem auch von einer veränderten Mentalität der Spieler gekennzeichnet sein.

Tuchel forciert neuen Arbeitsethos

Tuchel sagt, ihm wäre bereits früh aufgefallen, dass die wellenförmige Vorsaison sehr strapaziös für seine Profis gewesen sei. Dies betrifft nicht nur die reine Physis, sondern in erster Linie die Psyche. Dortmunds Kickern ist der Glaube an die eigenen Stärken immer mehr abhanden gekommen, auch die halbwegs akzeptable Rückrunde habe diesbezüglich keine positiven Auswirkungen nach sich gezogen.

Um wieder zu jener Leichtigkeit zurück zu kommen, die den BVB besonders in den frühen Klopp-Jahren stets ausgezeichnet hatte, forciert Tuchel seit seiner Amtsübernahme einen neuen Arbeitsethos.

Tuchel will mit einer bescheidenen Mannschaft arbeiten, in der der Einzelne eine Verpflichtung gegenüber seinem Talent eingeht, um in erster Linie sich selbst zu Höchstleistungen anzutreiben. Ein individueller Fleiß, der dem Gesamtgefüge zur Verfügung gestellt wird, "um das Talent scheinen zu lassen", wie es sich Tuchel vorstellt.

Präzise, schnell, harmonisch

In diesen ersten Wochen unter Tuchel scheint die Truppe das Neu- beziehungsweise Andersartige gewillt, manche sagen sogar befreit, aufzunehmen. Der neue Geist, den Tuchel implementieren möchte, hat bereits zu diesem früheren Zeitpunkt eine Leistungsbereitschaft heraufbeschworen, die besonders in der Auftaktpartie beeindruckte.

Dortmund zeigte gegen die Fohlen während der gesamten Spieldauer keine Wackler, wirkte sehr harmonisch aufeinander abgestimmt und ging aufmerksam sowie mit voller Hingabe zu Werke. Der BVB spielte präzise und schnell nach vorne, die Favre-Elf hatte dem hohen Tempo der Schwarzgelben nichts entgegen zu setzen.

Dabei gingen die Westfalen sogar ein hohes Risiko ein, da sie mit einer enorm weit im Feld stehenden Abwehrreihe früh die gefährlichen Gladbacher Gegenangriffe zu verteidigen versuchten. Das funktionierte ebenso hervorragend wie das Mittelfeldpressing oder der von einer großen Ruhe am Ball geprägte, eigene Spielvortrag.

"Wir wissen, was wir leisten"

"Wir haben sehr fleißig und giftig verteidigt", lobte Tuchel im Anschluss an die Partie. Doch er hob eben auch die Mentalität seines Teams hervor: "Ich bin sehr glücklich, dass wir die zweite Halbzeit gewonnen haben. Die Kunst ist es, nach solchen 45 Minuten noch einen draufzupacken. Diesen Geist zeigt die Mannschaft seit sechs Wochen."

Und er half ihr dabei, das Spiel gegen den gefürchteten Gegner doch gänzlich unkompliziert aussehen zu lassen. Mit dieser Gala am 1. Spieltag sendet der BVB - ob er will oder nicht - auch ein Signal an die Liga aus. Der Herausforderer, wie Tuchel seinen neuen Verein bezeichnete, hat sein erstes direktes Duell überzeugend gewonnen.

"Uns ist egal, ob uns jemand die Herausfordererrolle abnimmt", sagte Tuchel, "wir wissen, was wir leisten und was wir nicht leisten." Allerdings gab Tuchel auch zu, nicht benennen zu können, bis zu welcher Obergrenze er seine Truppe in technisch, taktisch und athletischer Sicht treiben kann.

Der Coach baut auf den Faktor Zeit, bis weit in die Hinrunde werde der Kennenlernprozess von Trainer und Mannschaft seiner Ansicht nach andauern. Vorstellungen wie gegen die Gladbacher könnten möglicherweise zu einer Beschleunigung beitragen.

Dortmund - Gladbach: Daten zum Spiel

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