Fahrstuhl mit PS-Mangel

Der 1. FC Nürnberg hat den Aufstieg in der Relegation verpasst
© getty

Auf dem Papier verpasst der 1. FC Nürnberg den Aufstieg nur knapp. Doch in Hin- und Rückspiel zeigte sich, dass zwischen Eintracht Frankfurt und dem Club Welten liegen. Das sehen auch die Verantwortlichen der Nürnberger und äußern sich überraschend ehrlich. Die Fahrstuhlmannschaft schlechthin bleibt somit im Erdgeschoss stecken.

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Es waren bizarre Szenen nach dem Schlusspfiff. Auf der einen Seite lagen sich die Frankfurter Spieler vor der Fankurve in den Armen. Mit der Gewissheit des Sieges tanzten und sangen sie gemeinsam mit den Anhängern. Schließlich war das große Ziel Klassenerhalt dank des 1:0-Sieges doch noch geschafft worden.

Blickte man auf die gegenüberliegende Seite des Stadions, nur gute 100 Meter entfernt, sah man die Nürnberger Mannschaft ebenfalls vor den eigenen Fans stehen. Doch anders als in der Eintracht-Kurve herrschte große Enttäuschung vor und in der Nordkurve.

In Reih und Glied waren die Nürnberger aufgestellt und warfen leere Blicke zu ihren treusten Fans. Vier, fünf, sechs Minuten lang standen die Clubberer wie festgetackert da, als wolle man sich bei den Fans entschuldigen. Dafür, dass es in Nürnberg in der nächsten Saison wieder gegen Erzgebirge Aue und Co. gehen wird und der Bundesliga-Fußball erneut einen Bogen um das Grundig Stadion macht.

Frankfurter Dominanz

Die Nordkurve akzeptierte die nonverbale Entschuldigung direkt und antwortete bedeutungsschwer. Lautstark stimmten die Fans Minuten nach dem Schlusspfiff "You'll never walk alone" an und reckten die Schals gen Himmel. "Die Fans waren überwältigend, so etwas habe ich noch nie erlebt. Mir tut es unglaublich leid und weh, es nicht mit dem Aufstieg zurückgezahlt zu haben", sagte Georg Margreitter nach dem Spiel. Viele Fans fanden sich unmittelbar nach dem Schlusspfiff mit dem verpassten Aufstieg ab. Denn es hatte sich von der ersten der insgesamt 180 Minuten abgezeichnet, dass es in der Relegation wohl nur einen Sieger geben wird.

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Zu mächtig und dominant war der Bundesligist Eintracht Frankfurt in beiden Spielen aufgetreten. Nachdem sich die Nürnberger bereits im Hinspiel kaum Chancen erarbeiten konnten, zeigte sich im zweiten Spiel ein ähnliches Bild. Nürnberg stellte sich tief hinten rein und tat fast nichts für das Spiel.

"Wir haben uns offensiv einfach nicht durchsetzen können. Die Spieler haben alles probiert, aber es hat einfach nicht gereicht. Punkt. Über 180 Minuten haben wir es nicht geschafft, für Torgefahr zu sorgen", analysierte FCN-Coach Rene Weiler nach dem Spiel.

Kein einziger Schuss aufs Tor

Die Statistik offenbarte die Unterlegenheit der Nürnberger noch deutlicher. Weder in Hin- noch im Rückspiel schaffte es der Club, auch nur einen einzigen Schuss auf das gegnerische Tor abzugeben - das gab es seit Wiedereinführung der Relegation (2008/09) noch nie. Zwar wurden von Seiten des Clubs acht Torschüsse abgefeuert, diese verpassten jedoch allesamt den Kasten.

Frankfurts Wert (39) in dieser Statistik war fast fünfmal so hoch. Auch die Zweikampfbilanz sprach Bände. Im Rückspiel hatten alle Nürnberger zur Halbzeit deutlich weniger als 50 Prozent der direkten Duelle gewonnen. Der Tenor war nach dem Spiel deshalb schnell gefunden.

"Ich habe niemand gehört, der gesagt hat, dass wir das gleiche Niveau wie Frankfurt haben. Selbst die Spieler haben gespürt, dass von der anderen Seite mehr PS kommen. Obwohl wir euphorisch waren und alles reingeworfen haben, hat es nicht gereicht. Das müssen wir einfach akzeptieren. So ist es halt", so Weiler. Der Schweizer saß nach der offiziellen Pressekonferenz lange mit den Journalisten zusammen und verarbeitete das Geschehene. Sichtlich angeknockt vom verpassten Aufstieg beantwortete geduldig sämtliche Fragen.

Die Taktik sei nicht gewesen, so dermaßen tief zu stehen und das Ergebnis mit Haut und Haaren zu verteidigen, erklärte der Coach. Eigentliche wollte das Team nach vorne spielen, Frankfurt habe es aber einfach nicht anders zugelassen. Die verkehrten Vorzeichen der Relegation halfen den Hessen dabei sichtbar.

Verkehrte Welt in der Relegation

Anders als in den meisten Entscheidungsspielen nach der Saison war es der Bundesligist, der mit Rückenwind in die Partie ging und den psychologischen Vorteil auf der eigenen Seite hatte. Dank eines starken Saisonendspurts mit drei Siegen aus den letzten vier Spielen hatte sich Frankfurt auf Rang 16 der Bundesliga gerettet und sich die Relegation so erst ermöglicht.

Nürnberg hingegen verspielte nach einem Lauf von 18 Spielen ohne Niederlage gegen Ende der Runde sogar die Chance auf den direkten Bundesliga-Aufstieg selbst. Zwischen dem 29. und dem 32. Spieltag setzte es in vier Spielen drei Niederlagen. Ein Faktor, der neben der sportlichen Überlegenheit sein Übriges tat.

"Man hat schon gesehen, dass die Frankfurter in allen Bereichen individuell besser besetzt sind", erklärte Sportvorstand Andreas Bornemann: "Wir haben eine leidenschaftliche Saison gespielt, aber Eintracht ist eindeutig der verdiente Sieger und war in beiden Spielen die bessere Mannschaft."

Blick geht nach vorne

In eine ähnliche Kerbe schlug auch Weiler nochmals. "Wenn man sich die beiden Spiele separat anschaut, dann muss man feststellen, dass bei uns schon noch etwas zur Bundesliga fehlt. Das haben wir im direkten Duell klar gesehen. Die Spieler müssen die nächsten Entwicklungsschritte mitmachen. Nur so können wir das Niveau erreichen", erklärte Weiler.

Der Schweizer richtete aber bereits unmittelbar nach dem Spiel den Blick wieder nach vorne. Es sei seine Aufgabe, die Mannschaft jetzt wieder aufzurichten und auf neue Ziele vorzubereiten. Mit welchen Spielern ihr diesen Weg bestreitet, wird sich wohl erst in den kommenden Wochen zeigen. Dafür scheint es derzeit noch zu früh.

"Hätte perfekt laufen müssen"

Der Fakt, dass Nürnberg über zwei Spiele deutlich unterlegen war, scheint den Nürnbergern in der Verarbeitung des verpassten Saisonzieles jedoch spürbar zu helfen. Man sei dadurch "einfach ein Stück weit nüchterner", erklärte der FCN-Trainer: "Hätten wir pro Spiel fünf oder sechs Torchancen liegen lassen, würde das anders aussehen. Am Ende hätte es schon perfekt laufen müssen."

Immer wieder bohrten zahlreiche Journalisten nach dem Schlusspfiff nach den Gründen für die passive Spielweise und den verpassten Aufstieg. Nach gut 15 Minuten im engen Kreise sorgte der Trainer für Ruhe. Er zuckte mit den Schultern und klopfte mit einer zur Faust geballte Hand sanft auf den Tisch.

"Jetzt verdauen wir mal die Niederlage und dann schauen wir, dass wir Lösungen für die neue Saison finden werden. Denn die wird wieder kompliziert. Aber das bin ich als Trainer gewohnt." Mit einem sympathischen Schweizer Akzent schob er im Anschluss einen kurzen Satz nach, der sämtliche Fragen beantwortete und weiteres Bohren hinfällig machte: "Es isch bitt'r, ab'r es isch Sport."

Nürnberg - Frankfurt: Die Statistik zum Spiel

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