Klopps Hilferuf im Derby

Von SPOX
Jürgen Klopp muss gegen den RSC Anderlecht Lösungen präsentieren
© getty

Borussia Dortmund plagen zahlreiche Verletzungen. Besonders in der Kreativabteilung hapert es mit den Ausfällen von Marco Reus, Ilkay Gündogan oder Nuri Sahin. Auch deshalb ist Jürgen Klopps Aufstellung gegen den FC Schalke 04 im Revierderby ein Eingeständnis. Hoffnung macht der Oktober.

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Matthias Ginter ist Verteidiger. Zweikampf- und kopfballstark. Die richtige Menge Antizipation und eine gute Spieleröffnung haben ihm beim SC Freiburg eine Rolle im defensiven Mittelfeld verschafft. Sven Bender ist laufstark, ein echter Zuarbeiter mit Pferdelunge. Attribute, die eins zu eins auch auf Kevin Großkreutz zutreffen.

Drei der vier Mittelfeldspieler Borussia Dortmunds im Derby gegen den FC Schalke 04 sind Handwerker. Nicht Männer fürs Grobe, aber auch nicht für das Feine am Fußball. Für die Kreativität, für Dribblings und Pässe, die eine Abwehr aushebeln können. Nicht die Spieler, die einen umfunktionierten Roman Neustädter in Bedrängnis bringen.

Aubameyang einzige Gefahrenquelle

Dann ist da noch Pierre-Emerick Aubameyang. Unglaublich schnell und mit einem eiskalten Abschluss. Mit Ball am Fuß kaum aufzuhalten. Enge Räume sind aber nichts für den Gabuner, sein Potenzial ruft er voll ab, wenn seine Mitspieler ihm Platz schaffen oder er in geschaffene Lücken stoßen kann.

Mit den beiden Stürmern Adrian Ramos und Ciro Immobile stehen sechs Spieler auf dem Platz, die dem Prinzip von Klopp entsprechen. Volle Aufopferung gegen den Ball, aggressiv und ausdauernd. Die kombinierten Fähigkeiten sind ideal, um Mannschaften wie den FC Bayern München zu knacken. Defensivarbeit vereint mit schnellem Umschaltspiel nach vorne.

Die Favoritenrolle abgeschoben

Die Aufstellung ist aber gleichzeitig auch ein öffentlicher ein Hilferuf von Klopp. Dem Trainer gehen die Mittel ab, mit dem BVB wollte er gegen Schalke, im Revierderby, die Rolle des Favoriten abgeben. Auf den Ballbesitz verzichten, den Gegner spielen lassen und aus einer stabilen Defensive über lange Bälle in die Spitze kontern.

Es ist ein Hilferuf nach Marco Reus, nach Nuri Sahin oder nach Henrikh Mkhitaryan. Spieler, die Chancen kreieren, die aus Ballbesitz Profit schlagen können. Denn der frühe Treffer von Joel Matip war wie ein Messer im Rücken von Klopps Matchplan. Insgesamt waren es am Ende "zwei Tore, die mit Taktik nichts zu tun haben", wie man im Lager der Borussia feststellte. Der BVB war gezwungen, die Initiative zu übernehmen, weil Schalke fortan nur noch phasenweise mitspielte.

Mehr Ballbesitz ohne Gefahr

Ein Problem, das man zu Genüge kennt aus Dortmund. Erfolge und Siege bringen defensivere Gegner. Schon nach dem ersten Meisterschaftsjahr wurde der Trend klar. Dortmund musste sich trennen vom immer gleichen Pressing und schnellen Umschaltspiel und ein wenig mehr für die Gestaltung des Spiels sorgen. Die Neuverpflichtungen machten es möglich.

Doch die Verletzungen haben den BVB zurückgeworfen in der Entwicklung. 65 Prozent Ballbesitz standen am Ende auf der Habenseite Dortmunds und doch musste Klopp konsternieren: "Wir fahren jetzt nach Hause - und haben einen Scheißabend." Denn aus dem vielen Ballbesitz in der zweiten Hälfte konnte man keinen Profit schlagen, es fehlte schlichtweg das Spielermaterial.

"Es kann dauern, aber wir kommen"

Auch deshalb verweist Klopp auf die nahe Zukunft, wenn er sagt: "Glaubt mir eines. Wir kommen. Es kann noch einen Moment dauern, aber wir kommen." Wie lange dieser Moment dauert, ist unklar. Mitte Oktober kehren Henrikh Mkhitaryan und wohl auch Ilkay Gündogan zurück. Mitte November dürfte es dann auch Nuri Sahin sein. Bis dahin aber muss sich der BVB eine andere Masche ausdenken. Shinji Kagawa und Milos Jojic sollten es sein gegen Schalke, beide kamen aber zu spät, um das Spiel noch maßgeblich zu beeinflussen.

Einer scheint den Hilferuf allerdings schon klar und deutlich vernommen zu haben. Marco Reus dürfte bald wieder ins Geschehen eingreifen und seinem Trainer einen ganz schweren Stein vom Herzen nehmen. Der Stürmer bringt das mit, was gegen Schalke noch fehlte. Ständige Torgefahr durch Standards, Distanzschüsse und Dribblings auch gegen mehrere Gegner.

Anderlecht als neuer Versuch

"Nicht gerade unsere rosarote Phase", so betitelte Klopp die Lage nach der 58. Derby-Pleite. Gegen Anderlecht in der Champions League gilt es nun Lösungen aufzuzeigen und zu improvisieren. Denn die Belgier werden ebenso wie Schalke nicht die Mannschaft sein, die das Kommando übernimmt. Das Team von Besnik Hasi kommt erstaunlich nahe heran an S04 und könnte somit zur gewünschten zweiten Chance werden.

Der Trainer steht nicht in der Kritik. Vielmehr ist es nun an der Zeit zu beweisen, dass das Duo aus Zeljko Buvac und Klopp neue Ideen finden kann. Lösungsansätze braucht es in der Königsklasse, die Kreativität, die auf dem Spielfeld fehlt, muss von der Trainerbank eingebracht werden. Auch wenn in den letzten drei Spielen kein Sieg mehr gelang, erinnert man sich doch gerne an den 2:0-Sieg über Arsenal.

Die Gunners hatten es dem BVB jedoch auch leichter gemacht. Denn sie taten das, wozu man in Dortmund derzeit nicht in der Lage ist: Sie machten das Spiel. Diesen Gefallen wird Anderlecht den Schwarz-Gelben nicht tun.

Der Kader von Borussia Dortmund

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