Schlichte Verbesserungen

Borussia Dortmund ist seit elf Jahren an einem Freitagabend ungeschlagen
© Getty

Beim 4:2 gegen Mainz gewinnt Borussia Dortmund erstmals in dieser Bundesligasaison ein Spiel nach einem Rückstand. Auch wenn es damit bis zum 21. Spieltag dauerte, ist dies ein Fortschritt. Der BVB schließt damit die erfolgreichste Woche seit Monaten ab - mit Hilfen der Genialität von Marco Reus' rechtem Fußgelenk.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

"Der Fußball ist ein schnelllebiges Geschäft." Ein Satz, so ausgelutscht, dass man ihn am liebsten nie wieder hören möchte. Doch das wird nicht passieren, weil er sich schlicht immer wieder aufs Neue bewahrheitet.

Diesmal in Dortmund. Noch vor neun Tagen flog der BVB, der grotesk durch die Saison taumelt, so richtig auf die Schnauze. Nach der 0:1-Heimpleite gegen Augsburg drohte die Stimmung zu kippen. Die Leistung des BVB glich einer Bankrotterklärung, die auch den letzten Optimisten nachdenklich gestimmt hat.

Nun, am vergangenen Freitagabend, ertönte im Signal Iduna Park der Gesang: "Der BVB ist wieder da." Das mag zwar angesichts der noch immer meilenweit neben der Normalspur laufenden Dortmunder Mannschaft deutlich übertrieben sein, doch die Ereignisse der vergangenen Woche waren Balsam für alle schwarzgelben Seelen. Zwei Siege und eine blendende Nachricht - beides in dieser Lage unumstritten sehr wichtige Signale - reichen im Ruhrgebiet aus, um die Emotionen wieder positiv zu kanalisieren.

Die Bundesliga geht in die heiße Phase - Jetzt bei Tipico wetten!

Dass die Borussia weiterhin noch eine Menge Optimierungsbedarf aufweist, wurde aller Jubelstürme zum Trotz auch beim 4:2-Sieg gegen Mainz deutlich. Dortmund kassierte mal wieder sofort ein irrsinniges Gegentor, reagierte darauf lange Zeit nicht gut und ließ sich just in jener Spielphase, als das Momentum binnen Minuten in eine günstige Richtung schwappte, durch fehlerhaftes Verteidigen wieder die Butter vom Brot nehmen.

Erster Sieg nach Rückstand

Das für sich sind beileibe keine guten Nachrichten. Dortmund steckt auch weiter im Tabellenkeller und wird sich dort wohl noch eine Weile lang aufhalten müssen. Doch in der ambivalenten Situation, in die sich die Schwarzgelben manövriert haben, bleibt zu hoffen, dass die positiven Aspekte der Partie und Dortmunds erfolgreichste Woche seit Monaten größeren Einfluss auf die Zukunft haben werden.

Die Verkündung der überraschenden Vertragsverlängerung von Marco Reus verwandelte schon das Durchatmen nach dem 3:0-Erfolg in Freiburg in eine mittelgroße Euphorie. Allerdings war der Schwung, den die Mannschaft durch diese frohe Kunde mitnehmen sollte, schon nach 53 Sekunden Geschichte.

Nimmt man jetzt lediglich das bloße Endresultat her, dann könnte dieser sofortige Gegentreffer und womöglich auch jener, der 119 Sekunden nach dem Dortmunder 2:1 fiel, vielleicht gar nicht so schlecht für den BVB gewesen sein.

Dortmund gewann nämlich erstmals in dieser Saison nach einem Rückstand. Dazu zwei Siege hintereinander - als dies zuletzt der Fall war, ging man noch mit kurzen Hosen ins Stadion.

Klopp findet die richtigen Worte

Der erfolgreich bestrittene Achterbahn-Spielverlauf müsste dem immer noch fragilen BVB-Team für die kommenden Aufgaben mehr Sicherheit und Zutrauen verleihen und bei der "Genesung" (Trainer Jürgen Klopp) weiterhelfen. Wohlwissend, dass der Knoten noch längst nicht geplatzt ist und die Suche nach Leichtigkeit sicherlich nicht beendet sein kann.

Es sind schlichte Verbesserungen gegenüber der katastrophalen Hinrunde, die man statt ganz großer Sprünge erkennt. Klopps Halbzeitansprache am Freitag dürfte eine der wichtigsten der laufenden Saison gewesen sein. Eine nächste Heimspielpleite wäre fatal gewesen.

Und sie fruchtete letztlich auch, da seine Mannschaft den in den letzten 25 Minuten der ersten Halbzeit verloren gegangenen Faden wieder aufnahm und Kompaktheit sowie Zielstrebigkeit zurück ins Spiel brachte. Am Ende wurde der Gegner, der lange Zeit vor allem defensiv eine ordentliche Leistung aufs Parkett legte, aufgrund der ausgespielten höheren individuellen Qualität niedergerungen.

Sieben Tore in zwei Spielen

Dies war im Verlauf der Hinrunde noch nicht geschehen. Auch wenn es bis zum 21. Spieltag gedauert hat: für den Moment wird den Spielern die Tatsache, erstmals ein Spiel gedreht zu haben, ohne Zweifel viel Selbstvertrauen einflößen. Schon die unmittelbare Reaktion auf den sehr frühen Rückstand war ordentlich, Dortmund hatte in den sieben Minuten nach dem 0:1 drei ausgezeichnete Einschusschancen.

Doch obwohl diese vergeben wurden und dem BVB die Sicherheit zusehends entglitt, bewahrte er in der zweiten Halbzeit größtenteils die Ruhe. Die Spieler sind fitter, die Luft größer. Man kam bis zum 2:2 und dann wieder nach der erneuten Führung ein ums andere Mal in starke Pressing-Situationen, die die Ordnung der Mainzer zusehends auflösten.

Schaffen es die Dortmunder, eine Partie in diese für ihren Spielstil günstige Richtung zu lenken, sind sie auch sofort "gewohnt" brandgefährlich. Sieben Tore in den letzten beiden Spielen sind fast 40 Prozent der Gesamtausbeute der Hinserie.

Reus schließt den Kreis

Am Ende verkörperte das Mehr an Qualität - und da schließt sich der Kreis der letzten sechs Tage - niemand so sehr wie Marco Reus. Sein genialer Außenristpass, der das 3:2 ebnete, riss nicht nur einen Raum für Vollstrecker Pierre-Emerick Aubameyang auf, sondern den BVB auch aus der schwächsten Phase der zweiten 45 Minuten.

Reus' Treffer zum 2:1 war zwar ebenfalls sehenswert und entstand aus einer für ihn typischen Bewegung heraus, doch der Impuls auf das Spiel verflog schnell.

Hätte Reus nach 71 Minuten nicht diesen Ball aus dem rechten Fußgelenk geschüttelt, der Sieg wäre alles andere als zementiert gewesen. Dortmund bleibt noch genug Arbeit - aber die der Winterpause kann ebenfalls Früchte tragen.

Dortmund - Mainz: Daten zum Spiel