Ein Platz im Saisonrückblick

Die Bayern jubeln, Wolfsburgs Junior Malanda vergräbt sein Gesicht in den Händen
© Getty

Der FC Bayern gewinnt sein Auftaktspiel gegen den VfL Wolfsburg und gibt dabei einen Vorgeschmack auf die kommenden Wochen. Vieles passt, vieles muss noch besser werden. Sportvorstand Matthias Sammer probiert sich derweil als Spin-Doctor.

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Das Eröffnungsspiel einer Bundesligasaison ist mittlerweile auch eine große Show. Der Meister empfängt einen ambitionierten Konkurrenten im eigenen Stadion. Die Stimmung ist gut, es gibt vor Spielbeginn eine Inszenierung aller Vereine, die Nationalhymne wird gespielt und dann ist auch noch Zeit für die eine oder andere Ehrung.

Zu Beginn der 52. Ausgabe der Liga wurden einige Blumensträuße verteilt. Erst wurde Manuel Neuer zwar fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit der Trophäe zum Fußballer des Jahres gekürt, dann gab es kurz vor dem Anpfiff auch noch warme Worte und Applaus für die Weltmeister. Der FC Bayern stellte sechs aktuelle Spieler und den nach Madrid gewechselten Toni Kroos, der VfL Wolfsburg null.

Der Rahmen stimmte also. Das muss ja auch so sein, immerhin wird das Produkt Bundesliga an diesem Abend in 207 Ländern live ausgestrahlt. Nur selten bietet ein Auftaktspiel aber auch gleichzeitig einen vorausgreifenden Saisonrückblick.

Malandas "überragender" Fehlschuss

Aber schon nach dem ersten von 306 Bundesligaspielen der Saison 2014/15 lässt sich mit großer Wahrscheinlichkeit sagen, dass Junior Malanda in allen Zusammenschnitten seinen Platz sicher haben dürfte.

Der 19-jährige Belgier hatte nach seiner Einwechslung zweimal die Chance, das Spiel auf Unentschieden zu stellen und dem Titelverteidiger damit vielleicht einen Punkt abzuknöpfen. Aber sein Fehlschuss aus weniger als einem Meter sorgte nicht nur in der Arena für ungläubiges Staunen.

Es ist gemeinhin so, dass manch misslungener Abschluss länger im Gedächtnis bleibt als ein Traumtor wie es Ivica Olic zum 1:2 schoss. Es sei hier nur an Frank Mill erinnert.

"Er macht das überragend", sagte Dieter Hecking ohne Anflug von Sarkasmus. Der VfL-Trainer meinte die gesamte Szene mit Malandas Einlaufen nach der Flanke und seinem zunächst unglücklichen Scheitern an Neuer. Aber auch Hecking wusste, dass dieses Malheur seiner Truppe wohl einen Punkt gesichert hätte.

Über weite Strecken guter Fußball

Natürlich verwiesen die Bayern nach dem Spiel noch auf ihre eigenen Chancen durch den im Abschluss noch unglücklichen Robert Lewandowski oder Arjen Robbens Lattentreffer kurz vor Schluss. "Was uns gefehlt hat, war, dass wir den Sack nicht zugemacht haben", sagte Kapitän Philipp Lahm.

Die Bayern hatten nach einer zähen Anfangsphase, in der sie in der neuen Aufstellung noch nach ihrer Ordnung suchten, das Spiel im Griff und spielten sich auch einige gute Möglichkeiten heraus. "Über weite Strecken haben wir gut Fußball gespielt", sagte Lahm.

Es war in der Tat erstaunlich, dass die Münchner trotz der komplizierten Vorbereitungsphase in den 25 Minuten vor und kurz nach der Pause schon recht eingespielt wirkten und auch die WM-Teilnehmer Lahm, Robben oder Thomas Müller einen guten Eindruck hinterließen.

Bayern hinten raus platt

Aber es war auch offensichtlich, dass die Mannschaft noch nicht so weit ist, ein Spiel in gewohnter Manier über 90 Minuten zu beherrschen. "Hinten raus hat uns Kraft gefehlt, wir haben uns bei Ballbesitz nicht mehr so gut bewegt", sagte Lahm.

Die Bälle landeten schnell wieder bei den Wolfsburgern, die aus ihrer körperlichen Überlegenheit am Ende kein Kapital schlagen konnten. "Nach dem 2:0 müssen wir von der Ausstrahlung her dem Gegner mehr das Gefühl geben, hier geht nichts mehr", sagte Sportvorstand Matthias Sammer, der seiner Mannschaft einen "knappen, verdienten, etwas glücklichen Sieg" attestierte.

Die Partie war ein Vorgeschmack auf das, was die Münchner in den kommenden Wochen erwarten dürfte. Immerhin muss Trainer Pep Guardiola die Vorbereitung während der Saison nachholen, seine WM-Fahrer auf Wettkampfniveau bringen und auf die Rückkehr der aktuell verletzten Spieler hoffen.

Sammer gibt den Spin-Doctor

Sammer war im Allgemeinen aber mit einer anderen Botschaft in den Gängen der Arena unterwegs. Er gab den Spin-Doctor, er versuchte die Deutungshoheit über das Spiel, die Voraussetzungen der letzten Wochen und die Zukunft zu gewinnen und formulierte eine klare Ansage in mehreren Varianten.

"Wir müssen aufhören uns mit den Problemen beschäftigen", sagte Sammer. Er sagte auch noch: "Wir müssen raus aus der Konstellation, dass es schwierig ist. Ne, ne, ne." Und: "Es ist alles gesagt zu unserer Situation."

Jeder wisse, dass die Vorbereitung nicht optimal gewesen, dass das Lazarett groß und der Kader noch nicht komplett sei. Aber jetzt müsse Schluss damit sein, "zu sagen, dass es schwierig sein kann. Weil das empfindest du dann."

"Jetzt müssen wir richtig angreifen"

Die Saison hat gerade erst begonnen und Sammer gibt schon wieder den Mahner. Er spürt offenbar, dass das Gerede von einer holprigen Vorrunde und ein fast schon zu ruhiges Umfeld der Mannschaft schaden könnten.

Es gibt Gründe, warum es beim FC Bayern zu Beginn zäher laufen könnte als in der Vorsaison, aber Sammer hat klargemacht, dass es keine Alibis und Ausreden geben wird.

Seine Ansage ist klar und unmissverständlich: "Jetzt müssen wir richtig angreifen!" Vielleicht muss man auch Sammers Auftritt nach Spiel eins im Saisonrückblick ein Plätzchen freihalten.

Bayern - Wolfsburg: Daten zum Spiel