Wagner köpft Stuttgart in den Keller

Von Daniel Reimann
Vor der Partie gegen Berlin hatte der VfB Stuttgart sechs Spiele in Serie verloren
© Getty

Der VfB Stuttgart hat am 22. Spieltag der Bundesliga gegen Hertha BSC die siebte Ligapleite in Serie kassiert. Die Schwaben unterlagen der Alten Damen zu Hause mit 1:2 (1:1).

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Vor rund 45.700 Zuschauern in der Mercedes-Benz-Arena hatte Levan Kobiashvili die Berliner früh in Führung gebracht (5.). Er ist damit ältester Bundesliga-Torschütze für die Hertha.

Kurz vor der Pause traf Arthur Boka per Volleyschuss zum durchaus verdienten Ausgleich (45.). Sandro Wagner erzielte nach Einwechslung kurz vor Schluss per Kopf den Siegtreffer für Berlin (87.).

In der Nachspielzeit sah Wagner dann noch Gelb-Rot. Innerhalb von drei Minuten hatte sich der Matchwinner zwei Verwarnungen abgeholt.

Stuttgart kassiert die siebte Bundesliga-Niederlage in Folge und stellt damit den eigenen Negativrekord aus der Saison 1986/1987 ein. Die Hertha festigt ihren Platz im Tabellenmittelfeld.

Reaktionen:

Thomas Schneider (Trainer VfB Stuttgart): "Wir sind wahnsinnig enttäuscht. Die Mannschaft hat gezeigt, dass sie lebt, sie hat alles reingeschmissen. Doch eine Fehlentscheidung hat uns auf die Verliererstraße gebracht, das Foul an Timo Werner kann man nicht übersehen. Das sind die Momente, die ein Spiel entscheiden. Ich bin absolut überzeugt, dass wir unsere Punkte einfahren, wenn wir beharrlich daran arbeiten".

Jos Luhukay (Trainer Hertha BSC): "Es war ein etwas glücklicher Sieg. Wir hatten über 90 Minuten eine gute Kontrolle, es war von beiden ein intensives Spiel, beide wollten gewinnen. Es ist beeindruckend wie erfolgreich wir auswärts sind".

SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Leitner und Ibisevic gesperrt, Gentner noch verletzt: Beim VfB beginnen Rani Khedira und Boka auf der Sechs, hinter Abdellaoue darf Maxim ran.

Auf Seiten der Hertha start Schulz auf dem linken Flügel, sonst keine Änderung im Vergleich zum Wolfsburg-Spiel. Übrigens: Beide Startformationen feiern in ihrer jeweiligen Zusammenstellung Saisonpremiere!

5., 0:1, Kobiashvili! Nach einer zunächst geklärten Ecke stehen Boka und Niedermeier bei der erneuten Ndjeng-Hereingabe zu weit von den Gegenspielern entfernt. Mit etwas Glück legt Ramos für Kobiashvili ab, der aus zehn Metern flach ins rechte Eck trifft.

11.: Bei einer hohen Hereingabe von der linken Seite sind sich Kraft und van den Bergh nicht einig, wer zum Ball gehen soll. Harnik nutzt dies und spitzelt den Ball listig in Richtung Tor, verfehlt es aber knapp.

28.: In abseitsverdächtiger Position schirmt Ramos den Ball gegen Niedermeier erfolgreich ab und marschiert in Richtung Tor. Zwei Mitspieler stehen rechts frei, doch er macht's von der Strafraumgrenze alleine - weit rechts drüber!

45., 1:1, Boka! Eine Ecke klärt Kraft direkt vor die Füße von Boka, der aus 18 Metern den Ball perfekt trifft und volley aufs Tor jagt. Unplatziert, aber Kraft liegt noch am Boden - drin!

51.: Schulz und Maxim drängeln sich im Berliner Strafraum um den Ball. Der Stuttgarter fällt, aber Robert Hartmann verweigert den Elfmeter. Eine durchaus heikle Szene, Maxim wurde am Knie getroffen.

58.: Werner legt sich den Ball auf den rechten Fuß und hält aus 17 Metern drauf. Hosogai wirft sich in den Schuss, der Ball springt ihm an den Arm. Für Robert Hartmann reicht es erneut nicht zum Elfmeterpfiff.

73.: Wieder offenbart sich sich die Schwäche der Berliner bei Standards. Hosogai klärt die Hereingabe von Maxim zu Cacau, der auf Harnik verlängert. Der stochert den Ball aus kurzer Distanz knapp am Tor vorbei.

78.: Sakai haut von halblinks aus 20 Metern drauf und zwingt Kraft zu einer sehenswerten Flugparade - schöne Aktion von beiden!

87., 1:2, Wagner! Cigerci bringt von rechts einen umstrittenen Freistoß an den Fünfmeterraum. Der eingewechselte Wagner schraubt sich hoch und köpft den Ball unhaltbar in den Winkel. Da sah Gegenspieler Schwaab nicht gut aus.

90.+1, Gelb-Rot für Wagner! Für ein Allerweltsfoul holt sich Wagner die zweite Gelbe Karte ab und fliegt. Kurz zuvor wurde er bereits wegen Zeitspiels verwarnt.

Fazit: Kein unverdienter Sieg für clevere Berliner, der allerdings aufgrund zweifelhafter Schiedsrichterentscheidungen einen faden Beigeschmack hat.

Der Star des Spiels: Hajime Hosogai. Wieder einmal die regelnde Hand bei der Hertha. Bestimmte Tempo und Rhythmus des Berliner Spiels und war defensiv gewohnt zuverlässig. Sein Stellungsspiel und seine Antizipation auf der Sechs sind verdammt wertvoll. Einzig die Abstimmung mit seinen Nebenmännern N'Djeng und Cigerci war hin und wieder ausbaufähig.

Der Flop des Spiels: Timo Werner. Der oft agile und trickreiche Flügelspieler agierte gegen die Hertha entweder unauffällig oder unglücklich. Im ersten Durchgang konnte er kaum für Impulse sorgen, in der zweiten Hälfte fabrizierte er haufenweise Fehlpässe. Auch die Statistik spricht eine klare Sprache: Nur 29 Ballkontakte, nur 62 Prozent erfolgreiche Pässe.

Der Schiedsrichter: Robert Hartmann ließ viel laufen und sparte mit Verwarnungen. Behielt dabei anfangs eine nachvollziehbare Linie. In der zweite Hälfte stand Hartmann jedoch mehrfach im Mittelpunkt: Sowohl Schulz' Einsteigen gegen Maxim (51.) als auch Hosogais Handspiel (58.) waren mindestens diskutabel. Auch Wagners Platzverweis (90.+1) war ein wenig überzogen.

Das fiel auf:

  • Stuttgart war von Beginn an die Unsicherheit anzumerken. Einzelne Spieler wirkten unentschlossen, bisweilen planlos. Bezeichnend: Boka, der anfangs zwar überall auf dem Feld zu finden war, aber dadurch unnötige Lücken hinterließ und sich bisweilen in sinnlose Zweikämpfe stürzte.
  • Beim 0:1 wurden die Stuttgarter Symptome besonders deutlich: Katastrophale Abstimmung gepaart mit mangelndem Reaktionsvermögen - ein Geschenk für die Hertha. Für Stuttgart war es schon das 15. Saisonspiel ohne weiße Weste.
  • Ebenfalls erstaunlich: Obwohl die Hertha gar nicht besonders aggressiv presste, verlor der VfB die Bälle oft sehr schnell. Häufig fehlte es im Angriffsspiel an Ideen, was viele lange Bälle oder Flanken aus dem Halbfeld zur Folge hatte.
  • Richtung Ende der ersten Hälfte schaffte es der VfB jedoch in die Lücken des gegnerischen Defensivverbundes vorzudrängen und schneller im Spieldrittel der Hertha zu kombinieren. Aus dem Spiel heraus ergaben sich zwar kaum große Chancen, aber immerhin nutzten die Gastgeber die erste im Ansatz gefährliche Standardsituation.
  • Im zweiten Durchgang gewann Stuttgart zusehends an Durchschlagskraft und spielte Konter konsequenter zu Ende. Doch die letzte, entscheidende Aktion blieb aus. Die Hertha ihrerseits konnte sich kaum noch vielversprechende Chancen herausspielen.

Stuttgart - Hertha: Die Statistik zum Spiel