Im Zeichen des Rasens

Ganz schön sandig: Die Nürnberger setzten Bayern anfangs ziemlich zu
© Getty

Der FC Bayern hat wie schon in Stuttgart Probleme mit einem aggressiven Gegner, setzt aber eine Forderung des Sportdirektors Matthias Sammer zumindest in Ansätzen um. Der 1. FC Nürnberg hat zwei Verletzte zu beklagen und blickt dennoch positiv in die Zukunft.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Matthias Sammer hatte Grund zum Meckern. Der Platz im Nürnberger Stadion war von überschaubarer Qualität, so dass man meinen konnte, der Super Bowl hätte vergangene Woche nicht in New York, sondern hier stattgefunden.

Bayerns Sportdirektor deutete den Umstand des schlechten Rasens als ein weiteres hinterhältiges Detail, womit die Gegner in der Bundesliga den Siegeszug der Münchner endlich stoppen wollten. Denn ein gepflegter Platz kommt den Kurzpassspezialisten im Münchner Mittelfeld, die vergangene Woche Eintracht Frankfurt kaputt spielten und jegliche Bundesligarekorde in Sachen Ballkontakte brachen, natürlich mehr entgegen als ein holpriger Acker.

Von böser Absicht wollten die Nürnberger selbstverständlich nichts wissen. "Das Wachstum des Rasens ist im Februar unterentwickelt", formulierte deshalb FCN-Sportdirektor Martin Bader im besten Politikerduktus vor der Partie.

Hoch und weit statt Tiki-Taka

Trotz der schwierigen Begleitumstände entwickelte sich von Beginn an eine rassige Partie, in der die Münchner tatsächlich Probleme hatten, die Kontrolle über das Spiel zu gewinnen. Das lag aber nur bedingt am Rasen.

Vielmehr setzten ihnen die Nürnberger so zu, wie es ihr Trainer Gertjan Verbeek vor der Partie angekündigt hatte: Mutig, offensiv, aggressiv. Die Bayern sahen sich ständig unter Druck gesetzt, das gefürchtete Passspiel war in der Anfangsphase kaum zu sehen. Dafür gab es viele lange Bälle, die vom erneut starken Mario Mandzukic aber sehr oft gut verarbeitet und festgemacht wurden.

Das hohe und weite Zuspiel war lange Zeit das effektivste Stilmittel der Münchner. Auch eine Reaktion auf die Beschaffenheit des Platzes, der bei hohen Bällen ja nur eine untergeordnete Rolle spielt.

Erschrocken wie in Stuttgart

Es war aber auch zu sehen, dass die Münchner mit forschem Pressing zumindest auch zu erschrecken sind. Wie schon in Stuttgart, wo übrigens ein tadelloses Grün ausgelegt war, wurden die Bayern den ersten Angriffswellen der Gastgeber nicht Herr.

"Ich habe schnell gemerkt, warum Bayern in den letzten sechs Jahren nur einmal in Nürnberg gewonnen hat", sagte Bayern-Trainer Pep Guardiola hinterher. "Nürnberg hat sehr aggressiv, sehr intensiv gespielt, sehr schnell angegriffen und hatte zwei, drei klare Chancen."

Daniel Ginczek, Josip Drmic und Hiroshi Kiyotake hatten die Möglichkeiten, den Club in Führung zu bringen, scheiterten aber an Manuel Neuer oder an der Latte. "Wenn wir da ein Tor schießen, geht das Spiel anders aus", meinte Markus Feulner.

Sammers Appell angekommen

15 Minuten brauchten die Bayern, um sich auf die Spielweise der Nürnberger einzustellen und auch das Spiel so anzunehmen. "Nur Fußball zu spielen reicht nicht gegen aggressive Mannschaften", hatte Sammer seinen Spielern Ende der Woche noch öffentlich mit auf den Weg gegeben. Er wusste schon, was in Nürnberg auf die Bayern zukommen würde.

"Schneller, intelligenter, wacher" müsse man sein, die Zeichen der Anfangsminuten richtig deuten und darauf in seinem eigenen Spiel reagieren, forderte Sammer. Die Spieler setzten die Vorgabe vielleicht nicht ganz so zügig wie gewünscht um, aber sie arbeiteten sich in die Partie.

Die fußballerischen Momente kamen dann von alleine. Wie beim 1:0 von Mandzukic. Eine gelungene Kombination über Mario Götze und David Alaba schloss der Kroate in bester Stürmermanier ab. Ein schöner Spielzug auf schwierigem Untergrund.

Nürnberg beklagt zwei Verletzte

Die Führung und zwei Nackenschläge für den Club ließen das Spiel zugunsten der Münchner kippen. Nach zehn Minuten musste Timothy Chandler mit einer Knieverletzung vom Platz, zwölf Minuten später folgte ihm Ginczek. Die bitteren Diagnosen: Außenmeniskusriss im linken Knie (Chandler, 8-10 Wochen Pause) und Kreuzbandriss im rechten Knie (Ginczek, 6 Monate Pause).

"Wir haben heute nicht nur drei Punkte, sondern auch zwei Spieler verloren", sagte Verbeek. "Das ist ein hoher Preis für so ein Derby." Dass beide Spieler unglücklich im schlechten Rasen hängen blieben, ist die hässliche Randnotiz dieses Spiels.

Nach zwei Siegen zum Auftakt der Rückrunde ist die Niederlage gegen Bayern die erste negative Erfahrung für den Club, die zwei Verletzten machen aus einer verzeihlichen Pleite gegen die Top-Mannschaft der Liga einen schwarzen Tag.

Niederlage kein Rückschlag

Vor allem die Dynamik und die Wucht von Ginczek im Angriff hätten die Nürnberger in den kommenden Wochen im Abstiegskampf gut gebrauchen können. Der Tscheche Tomas Pekhart bringt diese Qualitäten nicht mit derselben Klasse mit.

Gut möglich also, dass der formstarke Drmic vom rechten Flügel doch bald auf seine Lieblingsposition ins Sturmzentrum wechseln darf. Für die vier Mittelfeldpositionen hat Verbeek noch mehr Optionen.

Der selbstbewusste Schweizer blickt zumindest positiv auf die nächsten Spiele: "Wir müssen das Positive mitnehmen aus diesem Spiel. Und da gab es heute einiges. Wir haben gut dagegengehalten, nur 0:2 verloren gegen diese Klassemannschaft, und wir hatten einige gute Chancen. Das ist kein Rückschlag. Wir müssen aus den Erfahrungen von heute die Schlüsse ziehen."

Nürnberg - Bayern: Daten zum Spiel