Zurück in die Vergangenheit

SID
Arjen Robben spitzelt den Ball zum 1:0 ins Gladbacher Tor. Dominguez kann nicht mehr eingreifen
© Getty

Der FC Bayern hat das Auftaktspiel gegen Borussia Mönchengladbach gewonnen, aber erneut Probleme in der Ausführung des Spielsystems offenbart. Trainer Josep Guardiola braucht Zeit, fitte Stützpfeiler und ist eventuell auch bereit, auf das altbewährte Format mit zwei Sechsern umzustellen. Es wäre ein Schritt zurück, bevor es dann wieder vorwärts gehen soll.

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Seit Juni ist Josep Guardiola nun Trainer des FC Bayern München. Und seit Juni beschäftigt sich die Öffentlichkeit damit, was denn nun der Spanier alles verändert beim Triple-Sieger und stellte voreilig fest, dass alles anders ist, seit Pep die Trainerstelle von Jupp Heynckes übernommen hat.

Blickt man nun auf die erste Bundesliga-Startelf Guardiolas gegen Borussia Mönchengladbach, darf man getrost feststellen: Verändert hat sich ja eigentlich gar nichts. Mit Javi Martinez fehlte in der Startelf genau ein einziger Spieler aus der Finalformation des Champions-League-Finales gegen Borussia Dortmund. Diesen ersetzte Toni Kroos, der im Mai verletzt ausfiel.

Und um es noch genauer zu unterstreichen, dass zumindest nominell alles beim Alten geblieben ist: Bayern spielte bis auf zwei Positionen mit der Elf, die am 1. Spieltag der vergangenen Saison die SpVgg Greuther Fürth mit 3:0 besiegte. Dass damals Franck Ribery und David Alaba nicht mitspielten, lag lediglich an den Verletzungen der Vertreter der linken Münchener Fraktion.

"Das braucht Zeit"

Schaut man sich aber nun das taktische Verhalten des FC Bayern im Frühstadium der Saison 2013/2014 an, darf man getrost feststellen: Es ist anders, aber noch längst nicht vollendet. "Ich habe in meiner ersten Pressekonferenz gesagt, dass wir Zeit brauchen werden und es nicht einfach sein wird", sagte Guardiola nach seinem ersten Bundesliga-Sieg, dem 3:1 gegen Mönchengladbach.

"Wir sind noch nicht da, wo wir sein müssen", sagt Arjen Robben, der das erste Tor der 51. Bundesliga-Saison nach hervorragender Vorarbeit von Franck Ribery markierte. Und auch er setzt auf die Karte Zeit: "Wenn ein neuer Trainer kommt, gibt es kleine Umstellungen - und das braucht Zeit."

Die Umstellungen machen vor allem der Defensive zu schaffen. "Wir haben arg viel zugelassen", brachte e Philipp Lahm auf den Punkt. Ins Detail ging Jerome Boateng, der an Stelle des noch nicht ganz spielfitten Martinez in der Innenverteidigung spielte: "Wir sind in einigen Kontersituationen falsch gestanden. Wir wollten verhindern, dass Gladbach diese Kontermöglichkeiten bekommt."

Guardiola wie ein Dirigent

Das teils mangelhafte Positionsspiel seiner Mannschaft missfiel Guardiola schon während des Spiels. Er dirigierte wie ein Orchesterchef an der Seitenlinie fast jede Aktion seiner Akteure. Guardiola griff ein, nahm sich abwechselnd fast jeden Spieler mal zur Brust, um ihm einzutrichtern, wo er in dieser oder jener Situation zu stehen hat.

Nach einigen Bayern-Chancen brannte es lichterloh, wenn Gladbach im teils gut funktionierenden 4-3-3 gut umschaltete und schnelle Angriffe organisierte. "Wir müssen hinkommen, dass die Spieler, die nicht an der Offensivaktion beteiligt sind, die Kontersituation einschränken und kontrollieren", so Toni Kroos. "Das hätten wir besser machen können. Das werden wir uns anschauen."

Guardiola wird bei der Videoanalyse viele Punkte vorbringen können. Das Pressing, das im Vorjahr noch so gut funktionierte, gelang den Bayern nur 15 Minuten in der Anfangsphase. Danach schaltete die Pressmaschine förmlich ab: "Wenn wir nicht pressen, einer Mannschaft wie Borussia Zeit geben, um zu überlegen, dann machen sie das richtig gut", sagt Guardiola.

Lob für Gladbach

Guardiola weiter: "Ihre Außenverteidiger stehen hoch, die Außenstürmer ziehen gut nach innen und sind als Mannschaft in Bewegung." Eine Beschreibung, die dem Gegner gilt, die sich Guardiola aber für seinen FC Bayern wünscht. Genau so, auf diese Art und Weise, soll seine Mannschaft agieren. Dass es eine Systemfrage ist, mag Guardiola noch nicht glauben.

Vielmehr sieht er darin ein Problem, dass Stützpfeiler wie Bastian Schweinsteiger, Dante, Javi Martinez und auch Mario Götze keine richtige Vorbereitung genießen konnten. "Nach dem Frankfurt-Spiel können wir richtig trainieren", freut sich Pep auf die Länderspielpause.

Sollte es dann immer noch nicht klappen, der FC Bayern immer noch Probleme haben, die richtige Balance zu finden, dann ist Guardiola auch bereit, über sein System zu reden.

Doch wieder mit zwei Sechsern?

"Das System ist am Ende nicht wichtig", so der Bayer-Trainer, was er aber schon seit Juni gefühlt rund 40 Mal wiederholte. Dass der Spanier nun aber in Erwägung zieht, die Doppelsechs wieder einzuführen, ist neu.

Er sagt: "Wenn wir mit einem Sechser nicht gut spielen, können wir auch wieder mit zwei spielen. Vielleicht muss ich mich in Zukunft meinen Spielern anpassen und werde vielleicht das System wechseln. Ich habe kein Problem damit."

Damit würde Guardiola genau das umsetzen, was er in seiner ersten Pressekonferenz am 24. Juni schon sagte, als er betonte, dass nicht seine Rolle ausschlaggebend ist, sondern er sich den Vorzügen seiner Spieler anzupassen habe.

"Bei Barca anfangs keine guten Ergebnisse"

Es wäre ein Schritt zurück in die Vergangenheit, um später möglicherweise ein paar Schritte Richtung Zukunft zu machen. Denn Guardiola ist von seinem System nach wie vor überzeugt, stützt seine Vorliebe für die Formation mit einem Sechser und zwei kreativen Zentralspielern davor auf seine "gute Erfahrung", die er beim FC Barcelona gemacht hat. Und auch da funktionierte es nicht sofort: "Wir haben heute gewonnen, damals bei Barca hatte ich keine guten Ergebnisse", sagt Guardiola.

In München sind die Ergebnisse der Vorbereitung sehr gut, die ersten Pflichtspiele wurden gewonnen, aber seine Spieler haben noch Orientierungsschwierigkeiten: "Wir spielen nicht offensiver als in der Vorsaison", sagte beispielweise Kroos zwei Mal auf Nachfrage.

"Ein Tick offensiver"

Beim dritten Nachhaken musste der offensive Mittelfeldspieler dann doch feststellen, dass es etwas anders ist als früher: "Vom System her ist es schon so, dass wir einen Tick offensiver spielen, weil wir einen Sechser nach vorne geschoben haben und mit zwei Achtern oder Zehnern spielen." Und schickt der Aussage hinterher: "Wir werden sehen, wem das zu Gute kommt." Im Idealfall dem FC Bayern.

Bei all' den Detailsorgen, die man noch hat, will man beim Triple-Sieger keine negative Grundstimmung aufkommen lassen. "Wir dürfen uns einen Sieg nicht schlecht reden", sagt Lahm und auch Guardiola war froh über den Sieg, zumal ihm sein Co-Trainer Herrmann Gerland noch vor dem Spiel erklärte, welch' Sorgen die Borussen den Bayern in den letzten Jahren bereiteten. Das 3:1 war erst das zweite von sechs Auftaktspielen, das die Münchener gegen Gladbach gewinnen konnten.

Das Auftaktspiel der Vorsaison gewann der FC Bayern indes auch mit 3:0. Auch damals schoss Mandzukic das zweite Bayern-Tor - und auch damals gab's ein Eigentor eines Innenverteidigers. Im Grunde bleibt also doch alles beim Alten.

Bayern - Gladbach: Daten zum Spiel