"Glauben Sie mir, da ist nichts!"

Von Stefan Rommel / Florian Bogner
Bayern-Star Arjen Robben (r.) hat derzeit nicht die beste Laune
© Getty

Selbst die gerissene Siegesserie mit dem faden 0:0 in Hoffenheim sollte die Gemütslage bei den Bayern kaum stören: Manuel Neuer hat einen neuen Vereinsrekord aufgestellt, die Mannschaft punktet auch in schwächeren Spielen. Trotzdem trübt ein chronisch missmutiger Arjen Robben das starke Gesamtbild.

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Am Ende stand ein 0:0. Das erste zwischen Hoffenheim und den Bayern überhaupt. Und es standen 1018 Minuten, die Manuel Neuer jetzt schon ohne Pflichtspiel-Gegentor ist. Es sind die harten Fakten einer eher durchschnittlichen Bundesligapartie, die in die Statistiken einfließen.

Dazu bescherte der Nachmittag in Sinsheim aber auch ein paar andere Erkenntnisse: Die von cleveren Bayern, einem "Rekord der Mannschaft" und einer schwelenden Diskussion.

K(l)eine Tendenz: Jupp Heynckes reagierte auf die blutleere Offensivleistung seiner Mannschaft mit allerlei personellen Umstellungen. Wirklich fruchten wollte dabei aber keine. Was auffällig war: Zum wiederholten Male ließ er seine Mannschaft ohne echte Spitze spielen.

Als er Mario Gomez vom Feld nahm, ersetzte er ihn nicht durch seinen anderen Stürmer Nils Petersen, sondern Mittelfeldspieler David Alaba. Thomas Müller, der davor schon auf der rechten und auf der linken Mittelfeldseite vorstellig wurde, rückte als Anspielstation zentral nach vorne. Petersen dagegen schmorte 90 Minuten nur auf der Bank.

Schwelende Diskussion: Ganz am Ende der Pressekonferenz nach dem Spiel wurde selbst der sonst so besonnene Heynckes noch patzig. Auf die x-te Nachfrage nach der Nichtberücksichtigung von Arjen Robben für die Startelf raunzte Heynckes: "Ich habe das jetzt schon etliche Male gesagt: Wir hatten eine klare Absprache. Glauben Sie mir, da ist nichts!"

Der Bayern-Trainer meinte damit das vermeintlich etwas gestörte Verhältnis zum Niederländer, der nach seiner Verletzung jetzt zum dritten Mal nur von der Bank aus zum Einsatz gekommen war. Vor dem Spiel hätten sich Heynckes und Robben einvernehmlich darauf geeinigt, dass ein Startelfeinsatz zu früh käme.

Die Geschichte schwelt trotzdem weiter. Weil der ehrgeizige Robben derzeit auch ein bisschen zu viel Angriffsfläche bietet. Letzte Woche lief er nach dem Leverkusen-Spiel trotz seines Treffers missmutig, wort- und grußlos durch die Mixed Zone, am Dienstag nach dem Champions-League-Spiel wollte er als einziger nicht mit der Mannschaft und den Fans feiern und entschwand binnen zehn Minuten aus dem Stadion. Jetzt in Hoffenheim verpasste er erneut die Chance, durch ein paar erklärende Worte alle Spekulationen zu beenden.

Etwas befremdlich war, dass er sich vor dem Spiel nicht mit den anderen Ersatzspielern warm gemacht hatte. Als er dann nach der Pause zum Einsatz kam, reichten zwei hart geführte Zweikämpfe von Edson Braafheid und Sebastian Rudy, um Robben schnell den Zahn zu ziehen.

Von da an wirkte er leidenschaftslos und schleppte sich für seine Verhältnisse regelrecht dem Schlusspfiff entgegen. Von lediglich sieben Zweikämpfen gewann er keinen einzigen.

Die überzogene Frage eines Journalisten, ob die Mannschaft in ihrer derzeitigen Form einen wie Arjen Robben überhaupt noch gebrauchen könnte, wischte Karl-Heinz Rummenigge entschieden vom Tisch: "So etwas kann nur von jemandem kommen, der keine Ahnung hat!"

Neuer-Rekord: Gegen 16 Uhr geschah in Sinsheim etwas völlig Verrücktes: Die Bundesliga hat Manuel Neuer im Trikot der Bayern fliegen gesehen. Marvin Compper hatte einen Freistoß von Sebastian Rudy per Kopf ins lange Eck geschickt. Und Neuer, der in den letzten Wochen seinen Job fast ausschließlich mit dem Fuß oder bei einigen läppischen Schussversuchen verrichten durfte, musste sich tatsächlich anstrengen.

Sportdirektor Christian Nerlinger verleitete diese eine Aktion gleich zu der ziemlich übertriebenen Annahme, es handelte sich hierbei um "eine sensationelle Parade. In Weltklasse-Manier hat er diesen Ball gehalten!"

Vielleicht muss man auch so überschwänglich reagieren, wenn der 25-Millionen-Zugang dem ewigen Oliver Kahn den ersten von zahlreichen Rekorden abspenstig gemacht hat.

Seit 1018 Pflichtspielminuten (658 in der Bundesliga) ist Neuer jetzt nicht bezwungen. Kein anderer Torhüter in der Geschichte der Bayern schaffte dies länger, Kahn kam immerhin auf 1012 Minuten. Neuer aber, zurückhaltend und uneitel, heftete die Elogen gleichermaßen den Teamkollegen an: "Das ist nicht mein Rekord, sondern der Rekord der Mannschaft."

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Geht auch anders: Zuletzt kamen die Bayern ja fast gar nicht mehr in die Verlegenheit, ihren Gegner ein paar Torabschlüsse zu gewähren. Zu dominant war das Münchener Spiel. Hoffenheim aber hatte am Ende 18 Torschüsse verbucht, fünf davon sogar aufs Tor. Dass Statistiken aber nicht immer Recht haben, zeigt die Tatsache, dass die Qualität der Hoffenheimer Versuche bis auf eine Ausnahme aber kaum der Rede wert war.

Das lag zum einen an den vielen überhasteten Abschlüssen der Gastgeber, die partout keinen gefährlichen Schuss aufs Tor zustande brachten (abgesehen von Comppers Kopfball). Zum anderen musste Hoffenheim auch immer aus der Distanz maßnehmen.

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Die Bayern erlaubten es dem Gegner einmal mehr nicht, in die gefährlichen Zonen vor dem eigenen Tor zu kommen. Hoffenheim schaffte es mit seinem Passspiel weder in den Strafraum, noch über die Außen bis zur Grundlinie.

Zudem spielten die Münchener in den letzten Minuten, als Hoffenheim müde wurde, auch nicht unnötig Harakiri. Vielleicht wären sie letzte Saison noch ungestüm und unüberlegt nach vorne gestürmt. In Hoffenheim wickelten sie die Partie einfach ab, nahmen den einen Punkt mit und waren damit zufrieden.

Im Kontext der zuletzt erfolgreichen Wochen und angesichts des weiter straffen Programms eine nur logische und auch clevere Konsequenz.

Gesunkene Ansprüche?: Als die Partie vorüber war, die Bayern auch noch ihre Interviews nüchtern abspulten, feierte die SAP-Arena ein wenig sich selbst, aber vor allen Dingen diesen einen Punkt gegen die angebliche Übermannschaft der Liga wie einen Sieg.

Hoffenheims Spieler liefen in einer Art Ehrenrunde und bedankten sich bei den Fans, die Stadionregie heizte kräftig ein. Für den geneigten Hoffenheim-Fan fühlte sich das Spiel wie ein Sieg an, auch Ryan Babel meinte nach dem Spiel, dass dieses Remis derzeit vielleicht sogar das Maximum sei, das man gegen die Bayern erreichen könne.

Vor allen Dingen Trainer Holger Stanislawski aber war mit dem Kosten-Nutzen-Faktor gar nicht zufrieden. "Wir waren 65 Minuten die bessere Mannschaft, deshalb mussten wir das Spiel auch gewinnen. Es fehlen uns zwei Punkte, die hätten wir mehr als verdient."

Immerhin hat Hoffenheim wieder eine echte Spielidee und setzt diese stringent um. Auf die Bayern war die Mannschaft von Stanislawski außerordentlich gut eingestellt worden. Was zum totalen Erfolg fehlte, war die letzte Konsequenz vor dem gegnerichen Tor.

Lebenszeichen und Forderung: Um Andreas Beck war es ziemlich still geworden in den letzten Monaten. Eine Zeit lang galt Beck als echte Alternative auf der rechten Abwehrseite der deutschen Nationalmannschaft.

Zumal nach dem Wechsel von Philipp Lahm zurück nach links genau jene Position in Joachim Löws Mannschaft vakant ist. Bis jetzt hat sich zwar kein ernsthafter Kandidat herauskristallisiert - wenn zuletzt aber ein paar Namen fielen, war Beck nicht darunter.

Gegen die Bayern zeigte Hoffenheims Kapitän aber eine starke Vorstellung und erinnerte nachdrücklich an seine Ambitionen. Leider kann er diese in der kommenden Woche bei der Nationalmannschaft aber nicht weiter unterstreichen, Beck ist für die beiden letzten EM-Quali-Spiele in der Türkei und gegen Belgien nicht nominiert.

Ganz anders als gleich acht Bayern-Akteure. Was wiederum Nerlinger gar nicht so recht ist. "Ich hoffe, dass bei den Mannschaften, die bereits für die EM qualifiziert sind, auch dementsprechend Rechnung getragen wird", sagte er.

Im Klartext: Aus Sicht der Bayern müssen nicht alle Spieler zweimal über die vollen 90 Minuten gehen - oder könnten vielleicht sogar eine Verschnaufpause bekommen.

Hoffenheim - Bayern: Daten zum Spiel

 

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