Lucien Favre bremst weiter die Euphorie

SID
Gladbacher Jubel nach dem Führungstor durch Filip Daems per Elfmeter
© Getty

Mit dem vierten 1:0-Sieg in dieser Saison - diesmal gegen den 1. FC Nürnberg - setzte Borussia Mönchengladbach seinen Höhenflug fort. Coach Lucien Favre redet den Erfolg weiter klein, doch selbst sein Nürnberger Trainerkollege Dieter Hecking glaubt ihm nicht mehr.

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Lucien Favre zog wieder alle Register. Der Schweizer mahnte, warnte, und er redete die wundersame Erfolgsgeschichte von Borussia Mönchengladbach mit aller Macht klein - doch kaum noch jemand glaubte dem Trainer.

"Da kann Lucien sagen, was er will: Im Moment ist Gladbach eine der besten Mannschaften", sagte Dieter Hecking, Coach des 1. FC Nürnberg, nach dem knappen, aber hochverdientem 0:1 (0:0) des Club bei den Höhenfliegern vom Niederrhein, die noch vor drei Monaten beinahe Absteiger gewesen waren.

Ein Dutzend vergebener Torchancen, ein umstrittener Foulelfmeter und eine Zitterpartie seiner Mannschaft bis zum Schlusspfiff kamen da Favre irgendwie gelegen, damit er die Euphorie weiter dämpfen konnte. Während die Begeisterung bei den Borussen-Fans neue Dimensionen erreichte, musste sich der Trainer bis an die Schmerzgrenze wiederholen, mit Sätzen wie: "Ich schaue nicht nur nach oben. Ich schaue mir immer noch die komplette Tabelle von Platz 1 bis 18 an", oder: "Es gibt überhaupt keinen Grund zur Euphorie".

Dritter 1:0-Erfolg in Serie

Die Anhänger der Borussia sehen das anders. Der dritte 1:0-Erfolg nacheinander und der vierte in dieser Saison brachte den Borussia-Park zum Beben. "Spitzenreiter" skandierten die Anhänger immer wieder und feierten die Kurzzeit-Tabellenführung, die wegen des 3:0-Sieges von Rekordmeister Bayern München gegen Bayer Leverkusen im Spätspiel am Samstagabend nur drei Stunden währte.

"Wir dürfen nicht vergessen, wo wir herkommen", sagte Favre: "Die gleiche Mannschaft hat vor drei Monaten nur knapp die Klasse gehalten."

Umso unglaublicher ist die Erfolgsgeschichte, auch für die Spieler. "Da sieht man mal, was die Psyche ausmacht", sagte Abwehrspieler Martin Stranzl, der von einer "positiven" Aura sprach, die "uns auch Glück bringt". Fünf Siege, ein Unentschieden, eine Niederlage - es ist der beste Saisonstart seit 1987/1988, als dieselbe Bilanz zu Buche stand, nur im Meisterjahr 1976/77 waren die "Fohlen" besser.

Reus der umstrittene Held des Spiels

"Ich habe nicht das Gefühl, dass wir auch nur einen Zentimeter zurückweichen", sagte Marco Reus stolz. Der Offensivspieler hatte dem Spiel der Borussia nicht zum ersten Mal seinen Stempel aufgedrückt. Reus brachte seinen Gegenspieler Javier Pinola in dessen 200. Spiel für den Club phasenweise zur Verzweiflung, vergab aber die meisten der zahlreichen Borussia-Chancen und sorgte auch noch für den Aufreger des Spiels.

Er fiel nach einem Zweikampf mit Pinola im Strafraum und bekam einen umstrittenen Elfmeter, den Filip Daems mit etwas Glück verwandelte. Für den Belgier war es in der Bundesliga der zehnte Treffer beim zehnten Strafstoß.

Pinola beteuerte, dass er Reus nicht berührt habe. Der angeblich Gefoulte, der schon zum dritten Mal in dieser Saison einen Elfmeter herausholte, berichtete von einem "Stoß von hinten".

Vor allem Club-Trainer Hecking war stocksauer. "Wir hätten hier nie und nimmer einen Punkt verdient gehabt, trotzdem ärgere ich mich sehr über die Art und Weise, wie die Niederlage zustande gekommen ist", sagte Hecking. Zu der umstrittenen Entscheidung von Schiedsrichter Knut Kircher (Rottenburg) wollte er sich aus Selbstschutz nicht konkret äußern. Ganz zurückhalten konnte er sich aber nicht: "So einen Elfmeter gibt man nur, wenn man sich zu 100 Prozent sicher sein kann."

Gladbach - Nürnberg: Daten zum Spiel

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