1. FC Köln: Die Performance eines Absteigers

Von Thomas Gaber
Ausschreitungen im Kölner Fanblock nach dem 1:4 gegen den FC Bayern München
© Getty

Der 1. FC Köln ist zum fünften Mal aus der Bundesliga abgestiegen. Für Trainer Frank Schaefer unnötig und nicht nachvollziehbar, für Lukas Podolski der bitterste Moment seiner Karriere. Schuld am sportlichen Niedergang trägt der ganze Verein. Fehler wurden in allen Bereichen gemacht. Und am Ende benehmen sich auch wieder ein paar Fans daneben.

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Der 1. FC Köln hatte sich mächtig ins Zeug gelegt, um Lukas Podolski einen gebührenden Abschied nach insgesamt 14 Jahren FC zu bereiten. Keine Herzschmerz-Show a la Schalke 04 beim Abschied von Senor Raul, aber doch irgendwie hinreißend.

Die Fans schmetterten eine A Cappella-Version des Stadionhits "Mer stonn zo dir", sämtliche Mitglieder des frisch gewählten Präsidiums, allesamt stilecht mit FC-Schal um den Hals, übergaben Podolski ein eingerahmtes Trikot mit der Nummer 10 und ein Bild mit dem verlorenen Sohn in Jubelpose. Podolski packte seine beiden Kinder auf den Arm und ließ sich samt Geschenken ablichten.

Eine nette Geste des Vereins, angesichts des bevorstehenden Überlebenskampfes des FC im letzten Heimspiel gegen den FC Bayern aber auch bizarr. Ganz Kölle feierte vor dem Spiel zu Ehren von Podolski, aber es hatte auch schon was von Nichtabstiegsparty.

Rauchbomben im Stadion: eine "Schande"

Was stimmungsvoll begann, endete für den 1. FC Köln in einer Katastrophe. Nach dem 1:4 gegen die Bayern muss der Verein zum fünften Mal seit 1998 in die 2. Liga absteigen, weil Hertha BSC zeitgleich gegen Hoffenheim 3:1 gewann. Einige unverbesserliche Chaoten in der FC-Kurve machten ihrem Ärger noch vor Spielende Luft, in dem sie mehrere Rauchbomben zündeten und versuchten, das Spielfeld zu stürmen.

Kurz vor Ablauf der 90 Minuten hatte Schiedsrichter Florian Meyer die Spieler darauf aufmerksam gemacht, dass er zehn Sekunden eher abpfeifen werde und die Spieler sofort nach Spielende die Kabine aufsuchen sollten.

Bayerns Mario Gomez sprach von einer "Schande" für den Fußball und auch FC-Präsident Werner Spinner verurteilte die Szenen im Kölner Block: "Was nach dem Spiel passiert ist, ist nicht zu akzeptieren. Wir müssen die Gewalt aus dem Stadion kriegen." Massive Polizeipräsenz verhinderte, dass es zu ernsthaften Übergriffen kam.

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Ein absolut unnötiger Abstieg

Für Trainer Frank Schaefer hatten "diese schwarzen Rauchschwaden absolute Symbolkraft" für eine völlig aus dem Ruder gelaufene Saison des 1. FC Köln.

"Das ist ein schwarzer Tag für jeden Einzelnen, der mit dem 1. FC Köln zu tun hat. Das ist für mich Wahnsinn, dass wir als Verein, mit dieser Kraft, mit dieser Power, die hinter dem Verein steckt, mit diesen Fans, mit diesem Stadion, dass wir absteigen. Mit einer Mannschaft, die mit Sicherheit stark genug sein muss, um mindestens 15. der Bundesliga zu werden. Dann zu den Direkt-Absteigern zu gehören, ist schon unglaublich enttäuschend und absolut unnötig. Das geht mir total nahe", sagte ein emotional bewegter Schaefer.

Nach dem Rücktritt von Wolfang Overath war der FC ein halbes Jahr führungslos und seit der im März angeblich einvernehmlichen erfolgten Trennung von Volker Finke ohne Sportdirektor. Stale Solbakken durfte erst bleiben, wurde dann doch gefeuert und ließ sich in mehreren Interviews über die chaotischen Zustände rund ums Geißbockheim aus.

Unzählige Peinlichkeiten der Profis neben dem Platz und zahlreiche Übergriffe von Hooligans ergaben ein Gesamtbild, dass sogar die Verantwortlichen nicht mehr schönreden konnten.

"Vor allem in der Rückrunde haben wir auf und neben dem Platz leider die Performance eines Absteigers gezeigt. Es gab zu viel Unruhe, in vielen Fällen selbstgemacht", sagte Geschäftsführer Claus Horstmann, der einen Rücktritt aber (vorerst) ausschloss: "Ich werde mich der Verantwortung stellen. Einfach hinzuschmeißen, ist nicht mein Weg."

"Bitterster Moment" für Podolski

Sportlich ließ der FC auch im letzten Spiel die nötige Leidenschaft vermissen. Selbst Bayern-Trainer Jupp Heynckes konnte sich einen kritischen Kommentar nicht verkneifen.

"Man muss eine moralisch starke Mannschaft haben, das war heute sicher nicht der Fall. Ich habe immer Hans Schäfer (Kölner Idol der 60er Jahre, d. Red.) bewundert. Einen Spieler, der vorneweg geht und die Ärmel hochkrempelt. Das ist etwas, was ich beim 1. FC Köln nicht gesehen habe."

In der ersten Halbzeit ging Podolski noch voran. Er gab fünf Torschüsse ab und eroberte selbst am eigenen Strafraum die Bälle. Nach der Pause ging Podolski mit seinen Kollegen unter. Als einziger Spieler stürmte er nicht sofort nach Abpfiff in die Kabine, sondern schlich flankiert von einem übereifrigen Bodyguard apathisch vom Platz.

"Das ist der bitterste Moment meiner Karriere. Ich muss die Geschehnisse erst einmal verdauen und das wird dauern", sagte er anschließend. In der nächsten Saison wird Podolski nicht mehr einer Kölner Mannschaft angehören, die den Abstieg laut Trainer Schaefer "locker hätte vermeiden können, wenn sie funktioniert hätte und gut ausbalanciert gewesen wäre".

Schaefer will Trainertätigkeit beenden

Einen Neuanfang in der 2. Liga mit Schaefer als Trainer wird es wohl nicht geben. "Ich habe vor drei Wochen gesagt, dass ich für diesen Zeitraum zur Verfügung stehe, darüber hinaus aber nicht", sagte Schaefer, der aber mithelfen will, dass der FC wieder auf die Beine kommt. "Ich werde auf jeden Fall weiter für den Verein arbeiten, in einer Funktion, die wir in den nächsten ein bis zwei Wochen noch fixieren müssen, in der ich aber am Prozess des Neuaufbaus beteiligt bin."

Präsident Spinner will, "wenn wir das alles mal verdaut haben", in den nächsten Tagen mit dem Gesellschafterausschuss "die nächsten Schritte beraten". Der Klub steht ohne Trainer und ohne Sportdirektor da und auch aus dem ersten geplanten Transfer wird nichts.

Assani Lukimya sollte aus Düsseldorf kommen, mit dem Abstieg des FC hat sich die Sache aber erledigt. "Er möchte unbedingt Bundesliga spielen. Wir müssen miteinander reden, aber ich bin nicht sehr hoffnungsvoll", sagte Geschäftsführer Horstmann.

Podolski-Verkauf sichert Lizenz

Es ist grotesk, dass ausgerechnet Lukas Podolski dem mit 30 Millionen Euro verschuldeten FC überhaupt die Lizenz für die 2. Liga gesichert hat. Zwölf Millionen Euro bekommt Köln vom FC Arsenal sofort, weitere vier Millionen werden dem FC durch Freundschaftsspiele und Investorenbeteiligungen garantiert.

Alle Vereinbarungen gelten auch nach dem Abstieg. Die in Podolskis Vertrag verankerte Klausel, nach der er im Falle eines Abstiegs für deutlich unter zehn Millionen Euro hätte wechseln dürfen, wurde in den Verhandlungen mit Arsenal gestrichen.

Das Trikot mit der Nummer 10 will der FC erst wieder vergeben, wenn Podolski nicht mehr professionell Fußball spielt. Ein schwacher Trost für den mit Abstand besten Kölner Spieler dieser Saison. Podolski hätte einen schöneren Abschied verdient gehabt. Es bleibt viel Herzschmerz zurück. Wie bei Raul. Nur bei Podolskl mit einem verdammt unglücklichen Gefühl.

Köln - Bayern: Daten zum Spiel

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