Die Uhr tickt weiter

SID
Der Hamburger SV feiert ausgelassen den Klassenerhalt
© Getty

Stille nach dem Jubelsturm. Die Uhr in der Stadionecke tickte ruhig weiter, auch am Sonntag zählte sie die Zeit, die der Hamburger SV ununterbrochen der obersten deutschen Fußballklasse angehört. Auf 48 Jahre, 248 Tage und 19 Stunden sprang sie Punkt 12.00 Uhr mittags um.

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Außer den paar Besuchern einer Stadionführung und wenigen Angestellten war niemand in der Arena zu sehen. Trainer Thorsten Fink hatte der Mannschaft Sonntag und Montag freigegeben, nachdem der Klassenerhalt durch das 0:0 gegen Mainz 05 vorzeitig gesichert war.

Tags zuvor um 17.19 Uhr - 48 Jahre, 248 Tage, 19 Minuten - brach unter- und oberhalb der Uhr, links und rechts von ihr ohrenbetäubende Freude los. Abpfiff, es war geschafft. Der Liga-Veteran wird auch an der 50. Saison teilnehmen.

"Erleichterung übergroß"

"Die Erleichterung ist übergroß, so eine Saison möchte ich nie wieder erleben", sagte HSV-Boss Carl Jarchow nachdem er Trainer Fink in den Arm genommen hatte. "Ich wollte nicht der erste Trainer sein, der mit dem HSV absteigt", erklärte der sichtlich erleichterte Fink, "es ging nur um den Klassenerhalt und darüber freuen wir uns."

Beeindruckend in den letzten Wochen und Monaten war die Rückendeckung für das Team. Nur drei Heimsiege in der gesamten Saison gelangen dem HSV, aber das Stadion war fast immer voll.

Auch gegen Mainz waren über 56.500 Menschen gekommen. "Wichtig war die volle Unterstützung von Fans, Vorstand und dem ganzen Verein", sagte Fink, "hier hat sich niemand auseinanderdividieren lassen. Das ist woanders ja nicht so."

Tränen bei Jarolim und Petric

Den emotionalen Höhepunkt der Feierlichkeiten brachte die Verabschiedung der langjährigen Profis David Jarolim (neun Jahre) und Mladen Petric (vier), die ausgiebig gefeiert wurden und ihre Tränen nicht zurückhalten konnten. "Ich bin glücklich, dass wir es geschafft haben und ich bin traurig, dass meine Zeit hier zu Ende geht", sagte Jarolim.

"Es fällt schwer, Abschied zu nehmen, der Verein ist mir ans Herz gewachsen", erklärte Petric, "das Wichtigste war aber, dass der Verein oben bleibt, und das haben wir geschafft."

Die Trennung von den beiden verdienten Ü30-Spielern war der nächste Schritt in der konsequenten Umbruchpolitik von Sportchef Frank Arnesen. Er sucht Spieler, die ihren Zenit nicht hinter sich, sondern noch vor sich haben. Für Sentimentalitäten bleibt da nur wenig Raum.

"Wir haben jetzt schon eine der jüngsten Mannschaften der Liga", sagte der Däne, "wir wussten, dass es ein schweres Jahr wird. Mit dieser Erfahrung können wir jetzt ein, zwei Schritte nach vorn gehen."

Adler und Rudnevs können jetzt kommen

Dass die Partie gegen die seit einer Woche geretteten Mainzer spielerisch an viele der schwachen Leistungen des Jahres anknüpfte, war den meisten egal. "Ein Grottenkick", sagte Kapitän Heiko Westermann, "heute können wir ein Bierchen auf den Klassenerhalt trinken, aber jeder weiß, dass es so nicht weitergehen darf."

Viele Abwehrschnitzer, fehlende spielerische Kreativität und große Abschlussschwächen - das Selbstvertrauen der Spieler wurde durch die Misserfolge während des Jahres immer geringer. "Man darf den mentalen Aspekt nicht unterschätzen", meinte Marcell Jansen, "für unser Team und die jungen Spieler war es eine lehrreiche Saison."

Darauf bauen sie alle, ganz Wagemutige denken an das Beispiel Mönchengladbach, oder sogar Dortmund. Die Rückkehr von Maximilian Beister aus Düsseldorf ist zur neuen Saison bereits sicher. Der lettische Stürmer Artjoms Rudnevs dürfte nach dem Nichtabstieg nun ebenso kommen wie Torwart Rene Adler.

Vor allem aber muss Arnesen eine Art "Spielmacher" für das Mittelfeld finden. Der oberste Vereinsfunktionär Jarchow hat die Hoffnung für die kommende Bundesligasaison bereits benannt: "Es kann nur besser werden und es wird besser werden."

Hamburg - Mainz: Daten zum Spiel