Der Trumpf ist Wolfsburgs Offensive

SID
Patrick Helmes (r.) und Mario Mandzukic trafen jeweils beim Sieg gegen Hertha BSC
© Getty

Als alles vorbei war, nachdem er seinen Gegenspieler lächerlich gemacht und die Wende in einem ereignisreichen Spiel eingeleitet hatte, fiel es ihm plötzlich ein: "Ich hoffe, dass Hertha in der Bundesliga bleibt. Hertha ist doch der Hauptstadtklub, die müssen drinbleiben."

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90 Minuten zuvor hatte es Ashkan Dejagah noch weniger gut gemeint mit seinem früheren Arbeitgeber Hertha BSC. 4:1 (2:1) siegte der VfL Wolfsburg und schoss damit die Berliner noch tiefer in den Abstiegsschlamassel - Dejagah hatte maßgeblichen Anteil daran.

Es gibt Begegnungen für einen Fußballer, die er nie vergisst. Für Wolfsburgs offensiven Mittelfeldspieler Dejagah könnte es am Samstagabend so ein Spiel gewesen sein. In Berlin, der Stadt, in der er aufgewachsen und den Sprung bei Hertha BSC zum Fußballprofi geschafft hat, hatte er mit den Wolfsburgern bis dahin nie gewinnen können.

Trotz aller Verbundenheit zu seinem ehemaligen Klub sagte er: "Ich bin froh, endlich mal hier einen Sieg geholt zu haben." Der 25-Jährige bereitete die ersten beiden Treffer seiner Mannschaft vor und gab einer Partie eine Wendung, bei der zu Beginn vieles für die Hertha sprach.

Dejagah befindet sich zurzeit wohl in der Form seines Lebens - was korrespondiert mit den Erfolgen des VfL Wolfsburg. Vier Siege in Folge, achter Platz, punktgleich mit dem Siebten, Werder Bremen. Dabei trumpft nicht nur Dejagah derzeit groß auf. "Wir sind in der Offensive gefährlicher, durchsetzungsfähiger", analysierte Trainer Felix Magath hernach und meinte speziell seine Angreifer Patrick Helmes und Mario Mandzukic.

Die beiden haben in den vergangenen vier Spielen acht Treffer erzielt. Helmes, zwischenzeitlich unter Magath völlig in der Versenkung verschwunden, hat nun laut Bundestrainer Joachim Löw auch wieder Chancen auf Einsätze in der Nationalmannschaft. "Ich habe gerade einen Lauf, das muss aber schon länger anhalten", sagte der 28-Jährige. "Vor sechs Wochen sah alles noch anders aus." In der Tat: Seinerzeit hatte der VfL 0:4 beim FC Schalke 04 verloren und Helmes nicht einmal im Kader gestanden.

Hertha kontert im eigenen Stadion

Dass die Wolfsburger auch in Berlin ihren Lauf würden fortsetzen können, danach hatte es zunächst überhaupt nicht ausgesehen. Bereits nach 13 Minuten war Hertha durch Lewan Kobiaschwili in Führung gegangen. Und nach einer halben Stunde hätten sich die Wolfsburger über einen noch höheren Rückstand nicht beschweren können.

Magath schien dem alten Trainerfuchs Otto Rehhagel ordentlich auf den Leim gegangen zu sein. Der spielte nicht, wie angekündigt, kontrolliert und offensiv, sondern schlicht auf Konter gegen die weit aufgerückten Wolfsburger. Beinahe im Minutentakt flitzten die schnellen Adrian Ramos, Nikita Rukavytsya und Raffael in die sich auftuenden Räume.

Nach knapp einer halben Stunde aber hatten die Wolfsburger den Schlüssel zum Erfolg gefunden. Es war kein ausgeklügelter taktischer Kniff, der die Wende brachte. Die Gäste spielten den Ball einfach nur ihrem besten Mann zu, Dejagah. Und der hatte leichtes Spiel mit dem an diesem Abend schwächsten Mann, Felix Bastians.

"Er hat das ja nicht mit Absicht getan."

"Ich habe gemerkt, dass er Probleme hat, deshalb bin ich immer wieder auf ihn draufgegangen", sagte Dejagah. Und so könnte es auch ein unvergessliches Spiel für Bastians gewesen sein - im negativen Sinne. Dejagah bereitete das 1:1, bei dem Herthas Christoph Janker den Ball unglücklich über die eigene Torlinie bugsierte (29.), sowie das 2:1 durch Helmes (34.) über Bastians Seite vor.

Nach 45 Minuten hatte der Schrecken für Bastians und seine Mannschaft ein Ende, als Rehhagel Pierre-Michel Lasogga für ihn ins Spiel brachte. Herthas Angreifer wiederum erging es nicht viel besser.

In der 60. Minute schob er nach Zuspiel von Christian Lell den Ball völlig freistehend am Tor vorbei. Rehhagel verteidigte den 20-Jährigen anschließend mit der schrulligen Erklärung: "Er hat das ja nicht mit Absicht getan." Bestimmt nicht absichtlich vergab auch Adrian Ramos größte Möglichkeiten (63., 73.). Aber wie das mit dem Toreschießen funktioniert, demonstrierten anschließend Mandzukic (77.) und Helmes (81.).

"Diese Niederlage trifft uns hart", erklärte Rehhagel am Ende. Seine Spieler dagegen sagten anschließend gar nichts. Alle schlichen sie an den Journalisten vorbei. Und ein bisschen verstehen konnte man sie nach der bitteren Niederlage. Für einige von ihnen ist sie vermutlich unvergesslich bitter.

Hertha - Wolfsburg: Daten zum Spiel

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