Hamburg entführt Punkt aus Mönchengladbach

Von Stefan Rommel / Markus Matjeschk
Mönchengladbachs Dante (r.) stoppt den Hamburger Guerrero
© Getty

Borussia Mönchengladbach hat in der Bundesliga einen kleinen Dämpfer hinnehmen müssen. Zum Auftakt des 23. Spieltags kam die Mannschaft von Lucien Favre gegen den Hamburger SV nur zu einem 1:1 (1:0).

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Vor 54.049 Zuschauern im Borussia-Park erzielte Mike Hanke mit dem Pausenpfiff die Gladbacher Führung (45.) - allerdings aus Abseitsposition. Petric-Ersatz Tolgay Arslan traf dann kurz nach der Pause zum verdienten 1:1 (56.).

Für die Borussia war es im Kampf um die vorderen Plätze ein Rückschlag, dem HSV gelang nach der bitteren Derby-Pleite gegen Bremen immerhin ein Achtungserfolg. Und: Hamburg bleibt im achten Auswärtsspiel in Folge ohne Niederlage.

Igor De Camargo, der für den verletzten Patrick Herrmann von Beginn an ran durfte, zeigte eine allenfalls durchwachsene Leistung.

Reaktionen:

Lucien Favre (Trainer Borussia Mönchengladbach): "Wir hatten nicht genügend Tiefe in unserem Spiel. Gegen eine Mannschaft wie Hamburg braucht man Schnelligkeit und Durchschlagskraft. Die hat uns diesmal ein wenig gefehlt. Wir haben es leider nicht geschafft, das 2:0 zu machen. Juan Arango hätte kurz vor Schluss das 2:1 erzielen müssen. Wir werden weiter hart arbeiten."

Thorsten Fink (Trainer Hamburger SV): "Wir waren in der ersten Halbzeit zu passiv, das können wir besser. Genau das habe ich der Mannschaft in der Pause gesagt, habe an ihre Stärken erinnert und appelliert. Die Jungs haben sich dann zusammengerissen und das in der zweiten Hälfte sehr, sehr gut gemacht. Aggressiv, offensiv - das war gut. Unter Umständen wäre vielleicht sogar noch etwa mehr drin gewesen, aber über diesen verdienten Punkt sind wir glücklich, denn es zeigt: Wir sind auf einem guten Weg."

Frank Arnesen (Sportdirektor Hamburger SV): "Ich bin sehr stolz auf die Jungs! Was sie in der zweiten Halbzeit gespielt haben, das war eine Freude. Sie haben sich gegen Gladbach, eine der besten Mannschaften dieser Saison, dieses Unentschieden absolut verdient. Vielleicht wäre noch mehr drin gewesen, doch dafür waren wir in der ersten Hälfte zu passiv, nicht überzeugt genug von unserer eigenen Stärke. Aber am Ende überwiegt das Positive, nämlich eine starke zweite Hälfte und acht ungeschlagene Auswärtsspiele in Folge."

Tony Jantschke (Borussia Mönchengladbach): "Dadurch, dass wir in der 91. Minute noch die Riesenchance hatten, ist das Ergebnis natürlich ein bisschen enttäuschend, aber unter dem Strich ist das schon ein gerechtes Unentschieden. Wir können ja auch nicht jede Mannschaft in der Bundesliga auseinandernehmen..."

Tolgay Arslan (Hamburger SV): Für mich war es natürlich ein besonderes Spiel, weil ich in der Startelf stand und dann auch noch das Tor gemacht habe. Ein tolles Gefühl! Und diesen Punkt haben wir uns verdient! Denn nachdem es zuerst nicht so lief, hat uns der Trainer in der Halbzeit nochmal heiß gemacht, hat uns gepusht und den nötigen Kick verpasst. Wir hatten Gänsehaut! Und haben dann in der zweiten Halbzeit stark gespielt und das Remis verdient.

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Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Bei den Gastgebern fällt Herrmann verletzt aus, Favre stellt De Camargo neben Hanke in den Sturm. Reus kommt deshalb über die rechte Herrmann-Seite.

Der HSV beginnt ohne Petric, der angeschlagen gar nicht im Kader ist. Dafür steht Arslan auf dem Platz. Ansonsten keine Änderungen im Vergleich zur Werder-Pleite - also auch Bruma nur auf der Bank. Auch Ilicevic nur Ersatz.

21.: Ecke Arango von rechts. In der Mitte verpassen zuerst alle, aber Brouwers nimmt den Ball am zweiten Pfosten aus elf Metern per Dropkick. Drobny schon geschlagen, Diekmeier rettet auf der Linie.

28.: Neustädter schickt De Camargo auf die Reise, Rajkovic schläft den Bruchteil einer Sekunde. De Camargo ist frei vor Drobny, trifft den Ball aus 14 Metern aber nicht richtig. Drobny rettet mit dem rechten Fuß.

45., 1:0, Hanke: Zweifelhaftes Handspiel von Westermann. Freistoß Arango 40 Meter vor dem Tor. Direkt an den Elfer gelupft. Hanke schiebt sich aus klarer Abseitsstellung vor Diekmeier, kommt zum Kopfball und verlängert den Ball flach ins linke untere Eck. 6. Saisontor.

47.: Guerrero bedient Arslan im Sechzehner. Der nimmt den Ball direkt, haut aber aus 14 Metern knapp drüber.

56., 1:1, Arslan: Ecke von links. Guerrero gewinnt den Kopfball gegen Dante und legt an den Fünfer ab. Arslan ist völlig frei und drückt den Ball aus der Drehung rechts ins Eck. 1. BL-Tor.

76.: Nordtveit knallt aus 25 Metern flach aufs Tor. Schwieriger Ball, aber Drobny fährt den rechten Arm aus und hält stark.

90.+1: Ecke Reus. Der Ball ist ewig unterwegs, trotzdem hat der HSV null Zuordnung. Arango ist völlig frei, köpft den Ball aber einen Meter rechts am Tor vorbei.

Fazit: Verdienter Punkt für einen disziplinierten HSV gegen seltsam unsichere Gladbacher.

Der Star des Spiels: Tomas Rincon und David Jarolim machten im defensiven Mittelfeld des HSV einen tollen Job, verriegelten das Zentrum konsequent, einer von beiden kippte immer wieder ab, um mögliche Gegenangriffe im Keim zu ersticken. Dazu waren beide in die Aufbauarbeit in der Offensive eingebunden und blieben da ohne grobe Fehler.

Der Flop des Spiels: Roman Neustädter leistete sich einige Lässigkeiten, die wie beim Foul an Jarolim nach einem fahrlässigen Ballverlust zu einem Freistoß in gefährlicher Lage für den Gegner führten. Wirkte besonders in der zweiten Halbzeit nicht frisch. Eins seiner schwächsten Saisonspiele.

Der Schiedsrichter: Günter Perl legte eine kleinliche Linie an den Tag, was auf beiden Seiten nicht nur mit Wohlgefallen begrüßt wurde. Perl bekam die eigentlich faire Partie nie richtig in den Griff, lag bei einigen Entscheidungen daneben. Hanke stand bei seinem 1:0 deutlich im Abseits - Assistent Schalk hätte das sehen müssen. Die Gelbe Karte gegen Reus war eine Fehlentscheidung. Nach der Pause verlief die Partie immerhin geordneter.

Analyse: Das klassische Abtasten zu Beginn der Partie. Der HSV war im Zentrum dicht gestaffelt und aggressiv am Mann. So wurde Gladbachs schnelles Kombinationsspiel mit nur einem Kontakt gut unterbunden. Der HSV rückte nicht wie sonst in den letzten Spielen weit auf, sondern postierte seine Abwehr zehn Meter tiefer als gewohnt.

Gladbacher Konter waren deshalb kaum zu sehen, der HSV verteidigte die Gladbacher Stärken konsequent und rigoros und gab den Gastgebern durch seine breit aufgestellte Formation im Offensivspiel auch wenig Angriffsfläche für ihr Pressing.

Erst nach gut 20 Minuten fand Gladbach zu etwas mehr Sicherheit im Offensivspiel und lockte den HSV in einigen wenigen Szenen etwas aus seiner Grundformation. Bis auf De Camargos Chance gegen eine zu weit aufgerückte Hamburger Mannschaft ergaben sich aus dem Spiel heraus aber keine Chancen.

Da offensiv von den Gästen bis auf lange, ungenaue Bälle nichts zu sehen war, hielt sich der Unterhaltungswert für die Fans auf überschaubarem Niveau. Fast zwangsläufig musste dann ein Standard - vergleichbar mit der Variante beim Hanke-Tor in Stuttgart - zur Gladbacher Führung herhalten.

Nach dem Wechsel kam Gladbach lethargisch aus der Kabine, der HSV mit mehr Druck. Eine relativ leicht zu verteidigende Standardsituation brachte den HSV zurück ins Spiel. Die Gäste waren auch danach das bessere Team mit mehr Ballbesitz, die Borussia fand kaum mehr Zugriff und hatte überhaupt keine Tiefe mehr im Spiel, auch weil sich De Camargo in der Spitze schlecht bewegte.

Mönchengladbach leistete sich dazu zu viel ungewohnten Leichtsinn, der den HSV immer wieder Ballbesitz und sogar dicke Chancen brachte. Gladbach hatte im Prinzip keine gefährliche Szene, bekam seine Schläfrigkeit bis zum Ende nicht mehr abgestreift und muss mit dem einen Punkt zufrieden sein.

Gladbach - Hamburg: Daten zum Spiel

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