Oehrl-Doppelpack: Fehlstart für Otto Rehhagel

Von Florian Bogner / Ronald Tenbusch
FCA-Stürmer Torsten Oehrl (2.v.r.) schoss Hertha BSC mit seinem ersten Bundesliga-Doppelpack ab
© Getty

Der FC Augsburg hat sich am 23. Spieltag durch einen 3:0-Sieg im direkten Duell an Mitaufsteiger Hertha BSC vorbei geschoben und steht damit erstmals seit 20 Runden wieder auf einem Platz über dem Strich. Matchwinner für den FCA war beim glücklosen Debüt von Hertha-Trainer Otto Rehhagel Torsten Oehrl mit einem Doppelpack (61./63.).

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Vor 29.123 Zuschauern in der nicht ganz ausverkauften Augsburger Arena machte der 26-Jährige mit seinen Bundesliga-Treffern zwei und drei binnen 99 Sekunden alles klar. Das 3:0 gelang dem eingewechselten Marcel Ndjeng (90.+2). Die Hertha wartet damit seit dem 29. Oktober 2011 weiter auf den fünften Saisonsieg.

Berlins Peter Niemeyer sah seine fünfte Gelbe Karte und fehlt damit nächste Woche im Spiel gegen seinen Ex-Verein Werder Bremen.

Otto Rehhagel war nach 389 Spieltagen Abstinenz wieder auf die Bundesliga-Bühne zurückgekehrt. Sein letztes Liga-Spiel als Coach hatte der 73-Jährige am 30. September 2000 in Diensten des 1. FC Kaiserslautern erlebt. Nun war es Rehhagels 825. Bundesliga-Partie als Trainer.

Reaktionen:

Jos Luhukay (Trainer FC Augsburg): "Die Mannschaft hat über 90 Minuten leidenschaftlich gekämpft. Wir waren in der Defensive kompromisslos, in der Offensive entschlossen und zielstrebig. Die Situation war für uns vor dem Spiel nicht einfach, aber die Mannschaft ist gut mit dem Druck umgegangen. Es ist eine positive Momentaufnahme, die wir heute genießen können. Aber dann richtet sich unsere volle Konzentration wieder auf Hannover."

Torsten Oehrl (FC Augsburg): "Letztlich ist es nicht wichtig, wer beim Gegner auf der Bank sitzt, sondern wer bei uns auf dem Platz steht. Es freut mich natürlich, dass ich der Mannschaft mit meinen beiden Toren helfen konnte. Ich denke, dass dieser Sieg ganz wichtig für die Moral und die nächsten Spiele war."

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Jan-Ingwer Callsen-Bracker (FC Augsburg): "Man hat schon zu Beginn an der Körpersprache beider Mannschaften gemerkt, dass wir einen Dreier holen können."

Otto Rehhagel (Trainer Hertha BSC): "In der ersten Halbzeit ging's mir noch gut. Nachher ging's mir schlechter. Augsburg hat gefightet wie die Löwen und wir haben versucht, die Dinge spielerisch zu lösen. In der zweiten Halbzeit hat uns Augsburg den Schneid abgekauft, danach ging's nicht mehr. Es müssen jetzt alle begreifen, dass wir im Abstiegskampf sind. Es ist klar, dass wir nicht spielen können wie der FC Barcelona."

Andre Mijatovic (Hertha BSC): "Ich habe manchmal das Gefühl, dass ich im total falschen Film bin. Die erste Halbzeit war okay, die zweite Halbzeit absolut katastrophal. So werden wir nicht in der Liga bleiben."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Augsburg mit drei Änderungen. Mölders sitzt erstmals in dieser Saison nur auf der Bank, Oehrl rückt eins vor in den Angriff. Ndjeng und Davids bekommen ebenfalls Denkpausen, neu im Team sind Sankoh, Baier und Bellinghausen. Callsen-Bracker diesmal auf der Sechs, Koo auf dem rechten Flügel. Moravek (Muskelfaserriss), de Jong (Syndesmoseband), Rafael (Schulterverletzung) und Bah (Aufbautraining) sind nicht dabei.

Rehhagel nimmt bei seinem Debüt nur eine Veränderung vor - und verzichtet auf einen Libero. Lasogga kommt ins Team zurück, Rukavytsya sitzt dafür draußen. Ramos rückt wieder auf den linken Flügel. Kobiaschwili bleibt im defensiven Mittelfeld. Ottl (Rotsperre), Lell (Aufbautraining), Lustenberger (Mittelfußprellung) und Franz (Kreuzbandriss) fehlen.

10.: Ebert flankt in die Mitte, Ramos legt ab auf Raffael. Der lässt Callsen-Bracker aussteigen und schiebt an Jentzsch vorbei. Verhaegh klärt auf der Linie.

26.: Koo zieht von rechts in die Mitte und schließt aus 20 Metern ab - Kraft pariert zur Seite. Kurz darauf flankt Verhaegh vors Tor. Oehrl löst sich im richtigen Moment, köpft aber kläglich übers Tor.

34.: Niemeyer steckt rechts auf Raffael durch, der den Ball von der Grundlinie zurücklegt. Ramos zögert und bedient dann Janker, dessen Volley pfeift links vorbei.

37.: Bastians will einen langen Ball vor Oehrl volley klären und fabriziert dabei beinahe ein Eigentor. Der Ball geht per Bogenlampe knapp links vorbei.

61., 1:0, Oehrl: Bellinghausen wird links frei gespielt und bedient Koo, der fünf Meter vor dem Tor auf Oehrl abtropfen lässt. Der verwandelt überlegt rechts unten.

63., 2:0, Oehrl: Oehrl zieht 30 Meter vor dem Tor einen Sprint an, Hubnik und Bastians geben nur Geleitschutz. Oehrl zieht halbrechts in den Strafraum und verwandelt trocken ins linke Eck. Erster Bundesliga-Doppelpack.

90.+2, 3:0, Ndjeng: Langer Ball von Reinhardt in den Lauf von Ndjeng. Der bleibt alleine vor Kraft eiskalt und hebt den Ball locker ins Tor. Erstes Saisontor.

Fazit: Nach gutem Start der Hertha fightete sich der FCA ins Spiel, übernahm mehr und mehr die Spielkontrolle und nutzte in Hälfte zwei die drei nennenswerten Szenen zu Toren.

Der Star des Spiels: Torsten Oehrl. 22 Spieltage hatte Trainer Luhukay für die Erkenntnis gebraucht, dass Mölders vielleicht nicht immer von Beginn an die einzige Sturmspitze geben sollte. So bekam nun Oehrl seine Chance in vorderster Front und rechtfertigte diese Maßnahme mit einem Doppelpack eindrucksvoll. Der 26-Jährige ist nicht der begnadetste Techniker, legte aber Leidenschaft und große Laufbereitschaft an den Tag. Sein zweiter Treffer war in Sachen Dynamik und Zielstrebigkeit sehenswert.

Der Flop des Spiels: Raffael. Rehhagel hatte vor der Partie extra angesprochen, dass man mit dem Brasilianer sensibel umgehen müsse. Raffael hat der Coach mit seiner Methodik offenbar noch nicht ergriffen - der 26-Jährige war bis zu seiner Auswechslung nahezu unsichtbar, brachte zu wenige Zuspiele in die Spitze und fiel im zweiten Durchgang als Sechser komplett durch.

Der Schiedsrichter: Florian Mayer. Hatte einige knifflige Zweikämpfe zu bewerten und machte seine Sache dabei ordentlich - auch wenn er mal kleinlich und mal großzügiger pfiff. Beim Zweikampf Langkamp gegen Lasogga hätte Meyer auch auf Elfmeter für Berlin entscheiden können (22.), dann hätte aber auch Hosogai gegen Kobiaschwili einen Elfmeter verdient gehabt (28.) - so war's zweimal nichts, was in der Konsequenz okay war.

Analyse: Recht ausgeglichene erste Halbzeit (5:6 Torschüsse), in der Hertha den besseren Start hatte und den Ball deutlich ordentlicher laufen ließ, als die spielerisch doch arg limitierten Hausherren. Berlin versuchte den Ball oft über die Außen vors Tor zu tragen. Niemeyer war dabei Schaltstation, Janker schob auf rechts ansprechend mit nach vorne.

Wenn bei Augsburg was Konstruktives nach vorne ging, dann über die rechte Seite. Über links wurde das Mittelfeld meist mit hohen Bällen auf den eifrigen Oehrl überbrückt. Der FCA legte erst nach 25 Minuten seine Scheu ab und kam fortan auch besser in die Zweikämpfe. Zur Pause hätte es auch 1:1 stehen können, Chancen gab es auf beiden Seiten genug.

Mit der Auswechslung des gelbbelasteten Niemeyer (52.) stellte Rehhagel auf 4-4-2 um - Rukavytsya beackerte fortan die linke Seite, Ramos rückte in den Sturm zu Lasogga auf, Raffael auf die Sechs zurück.

Der erhoffe Effekt - mehr Durchschlagskraft nach vorne - blieb aber vollkommen aus; stattdessen kam der FCA nach knapp zehn Minuten Leerlauf überraschend zur Führung und baute diese dann innerhalb von 100 Sekunden in Person von Oehrl sogar aus.

Mittelschwer geschockt kam die Hertha danach gar nicht mehr ins Spiel zurück - Augsburg fuhr den Sieg ungefährdet nach Hause und schraubte das Ergebnis sogar noch auf 3:0 - der höchste BL-Sieg der Vereinsgeschichte. Beweis der Hertha-Lähmung: Die Berliner schossen im zweiten Durchgang nur noch zweimal aufs Tor. So stand am Ende die sechste Pleite in Folge.

Augsburg - Hertha: Daten zum Spiel

 

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