Lage in Köln vor Explosionsgefahr

SID
Youssef Mohamad (r.) vom 1. FC Köln hatte kurz vor Schluss noch eine große Chance
© Getty

Beim 1. FC Köln muss Trainer Zvonimir Soldo täglich mit seiner Entlassung rechnen. Der lässt sich den Druck nicht anmerken. Präsident Overath muss erst einmal "eine Nacht drüber schlafen."

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Präsident Wolfgang Overath suchte sofort das Weite, Manager Michael Meier wollte nur schweigen, und Trainer Zvonimir Soldo wusste, was die Stunde geschlagen hat - die Lage beim 1. FC Köln wird immer prekärer.

"Das war unser schlechtestes Spiel in diesem Jahr. Wenn die Punkte fehlen, wird man als Trainer infrage gestellt", sagte Soldo nach der 1:2 (0:2)-Niederlage bei Hannover 96 und fügte fast trotzig hinzu: "Ich gehe aber davon aus, dass ich am Dienstag im Pokal gegen 1860 München auf der Bank sitzen werde."

FC-Boss Overath war fassungslos und deutete später an, dass möglicherweise doch kurzfristig etwas passieren könnte. "Es ist absolut enttäuschend, was die Mannschaft 80 Minuten lang abgeliefert hat. Das ist weder für mich noch für uns erklärbar. Wir werden uns Gedanken machen und eine Nacht darüber schlafen", sagte er dem "Express" am Abend.

Kölner Volksseele kocht

Doch Soldos Schicksal liegt nicht mehr in seinen Händen. Seit sechs Spielen warten die Kölner in der Fußball-Bundesliga auf einen Sieg. Fünf Punkte hat das Team auf dem Konto. Tabellenplatz 17. Die Volksseele kocht. "Wir haben die Schnauze voll", riefen die Fans nach dem frühen 0:2 durch einen Doppelschlag von Didier Ya Konan (4. und 15.). Auf einem Transparent war zu lesen: "Soldo raus und Meier auch!!!"

Ob Overath seiner sportlichen Führung wie vor der Pleite in Hannover noch einmal das "vollste Vertrauen" ausspricht, scheint fraglich. Der Druck wächst. Die Explosionsgefahr steigt.

"Ich konzentriere mich auf das Wesentliche. Mehr kann ich nicht machen", sagte Soldo: "Ich habe immer gesagt, dass wir die Qualität haben, da unten rauszukommen." Bisher blieb sein Team den Nachweis jedoch konsequent schuldig.

Matuschyk stellt sich vor Soldo

"Es liegt nicht daran, dass der Trainer die Mannschaft nicht mehr erreicht. Wir kommen nur zusammen aus dieser Situation heraus", sagte Mittelfeldspieler Adam Matuschyk, der als einer der wenigen Kölner noch Worte fand: "Es bringt doch nichts, jetzt einen Schuldigen zu suchen. Jeder Einzelne muss seine Leistung bringen. Wir brauchen endlich mal ein Erfolgserlebnis."

Um die Blockade zu lösen, war Overath entgegen seiner sonstigen Gewohnheit gemeinsam mit den Spielern nach Hannover gereist. Im Bord-Bistro der Bahn tauschte er sich mit Soldo aus, beim Mittagessen schwor der FC-Chef die Mannschaft höchstpersönlich auf die Partie ein. Doch es half alles nichts.

Nach Ya Konans Treffern war das Spiel fast schon gelaufen. Köln ergab sich zwar nicht in sein Schicksal, brachte aber kaum Erfolgversprechendes zu Stande.

Hauptproblem Zweikampfverhalten

Erst in der Schlussphase wurde es ein wenig besser. Der Anschlusstreffer von Martin Lanig war am Ende wertlos - dabei hatte der FC mehr Ballbesitz, gewann mehr Zweikämpfe, gab mehr Torschüsse ab. Statistisch klappte vieles, praktisch viel zu wenig.

"Unser größtes Problem ist das Zweikampfverhalten. Es kann nicht sein, dass der gegnerische Stürmer den Ball bei den Gegentoren so unbedrängt annehmen kann", sagte Soldo, der den Job in Köln vor der vergangenen Saison übernommen hatte und seitdem fast durchgehend in der Kritik steht.

Zuletzt waren es jedoch nicht nur die Ergebnisse, die nicht stimmten. Der kolumbianische Torhüter Faryd Mondrago liegt mit den FC-Verantwortlichen wegen seiner Länderspielreisen über Kreuz und stand in Hannover erneut auf eigenen Wunsch nicht im Kader.

Der als Integrationsfigur eingeplante Lukas Podolski machte vor allem durch Generalkritik am Klub auf sich aufmerksam, und selbst Meier attestierte seinem Arbeitgeber in der Gesamtheit eine "Außendarstellung zum Weglaufen". Probleme, Probleme, Probleme.

Slomka: "Punktzahl ist außergewöhnlich"

Ganz anders stellt sich die Lage in Hannover dar. Auch die Niedersachsen waren als potenzieller Abstiegskandidat in die Saison gegangen, katapultierten sich am Samstag aber sogar auf den dritten Tabellenplatz.

"Dass wir schon jetzt diese Punktzahl erreicht haben, ist wirklich außergewöhnlich. Nach den Niederlagen zuvor haben wir wieder Selbstvertrauen aufgebaut", sagte 96-Trainer Mirko Slomka: "Das ist ganz wichtig." Soldo dürfte wissen, was sein Kollege meinte.

Hannover - Köln: Daten zum Spiel