"Die Jungs bleiben an der Leine"

Von Daniel Börlein
Thomas Tuchel feierte der siebten Sieg zusammen mit den Fans
© Getty

Der FSV Mainz 05 gewinnt auch das siebte Spiel in dieser Saison - besser ist in der Bundesliga-Geschichte noch kein Team gestartet. Trainer Thomas Tuchel feiert mit den Fans, hat keine Angst vor einem Höhenflug seiner Spieler und lobt einen Akteur ganz besonders. Sogar der Bundestrainer ist hellauf begeistert.

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Christian Heidel ist derzeit ein viel gefragter Mann. In der letzten Woche stand der Mainzer Manager auch einem österreichischen Journalisten Rede und Antwort. Der Berichterstatter aus der Alpenrepublik war auf der Suche nach einer Erklärung für den Mainzer Höhenflug und wollte mit Heidel vor allem über Thomas Tuchel sprechen.

Was für ein Typ der Mainz-Coach sei, fragte er Heidel und bekam zur Antwort: "Ein Fachmann, der ein Spiel am Reißbrett in alle Einzelheiten zerlegt, und vor allem: Er hat die Mainzer Art verinnerlicht."

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"Die Mainzer Art?", hakte der Journalist etwas verwundert nach, und Heidel erklärte: "In Mainz brauchst du einen emotionalen Typen als Trainer. Wir sind hier in einer Karnevalsstadt, die Leute lachen gerne, die wollen keine Puppe auf der Bank. Zu uns passt kein Trainer mit Sakko und Krawatte, der nur da sitzt und auf Zetteln herumkritzelt. Unseren Trainer muss man zwar manchmal anbinden, aber das kommt gut an."

Tuchel feiert auf dem Zaun

Und weil Tuchel bei den Fans so gut ankommt, wollen sie auch, dass der 37-Jährige nach Siegen in die Fankurve kommt, auf den Zaun klettert und mit Anhängern und Mannschaft feiert, so wie es Jürgen Klopp früher ab und an auch gemacht hat.

Bislang hatte sich Tuchel in dieser Saison allerdings stets geweigert. Nach dem Sieg gegen Hoffenheim konnte er allerdings nicht anders: Tuchel feierte inmitten der Fans, schließlich war der Erfolg gegen das Team von Ralf Rangnick kein gewöhnlicher.

Es war der siebte Sieg im siebten Spiel - einen besseren Saisonstart hat in der Bundesliga-Geschichte noch kein Klub hingelegt. "Wahrscheinlich brauchen wir eine ganze Weile, um das zu begreifen. Im Moment freue ich mich nur, dass die Mannschaft so mit Ergebnissen belohnt wird", sagte Tuchel.

Auch ein Quäntchen Glück

Nach sieben Spieltagen liegt Mainz mit 21 Punkten an der Tabellenspitze, hat dabei unter anderem bei den Titelkandidaten Werder Bremen und Bayern München gewonnen und stärker eingeschätzten Teams wie Wolfsburg, Stuttgart oder nun Hoffenheim ihre Grenzen aufgezeigt. Keine Frage: Mainz steht völlig zu Recht auf Platz eins.

Die Tuchel-Elf überzeugte bislang mit aggressivem Spiel gegen den Ball, einem enorm hohen Laufaufwand und einer offensiv ansprechenden Spielidee. Gegen über weite Strecken ebenbürtige Hoffenheimer kam nun auch noch das nötige Quäntchen Glück dazu.

"Das Spiel war bis zum 4:2, dem Elfmeter, völlig offen", stellte 1899-Coach Rangnick hinterher fest. Am Ende hieß der Sieger allerdings einmal mehr Mainz, weil die 05er erneut sehr viel richtig gemacht hatten. Allen voran der Trainer, der mit der Hereinnahme von Andre Schürrle ebenso richtig lag, wie mit der Umstellung auf ein 4-3-1-2 nach dem 2:1.

Zudem trafen Sami Allagui, Adam Szalai, Andre Schürrle und Lewis Holtby und damit jeder aus dem von Tuchel installierten Offensiv-Quartett.

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Holtby erntet Lob

Holtby bekam für seine Leistung sogar Lob von oberster Stelle. "Wenn man das erste Tor sieht, wie er das vorbereitet, das ist schon absolut klasse und das Eintrittsgeld eigentlich alleine wert, so einen Ball zu spielen", sagte Bundestrainer Joachim Löw, der in Mainz vor Ort war.

Und auch Tuchel wollte da nicht hinten anstehen und sagte über Holtby, der mit drei Treffern und sechs Vorlagen bislang bester Scorer der Liga ist: "Er ist sehr auf dem Boden geblieben. Er bringt eine unglaublich positive Energie mit in die Mannschaft. Er hat ein großes soziales Verständnis für Zwischenmenschliches, für Gruppendynamik und auch für seine Rolle. Und ganz wichtig: Er hat den absoluten Biss gefunden, sich in jeder Trainingseinheit zu beweisen und sich weiterzuentwickeln. Er steckt mit seiner Art an. Er verkörpert zu 100 Prozent das, was wir wollen."

Angst, dass Holtby oder der Rest der Mannschaft angesichts des Höhenfluges abheben, hat Tuchel nicht. "Es gibt kein Signal, dass wir uns ausruhen und keinen Grund, irgendjemanden zu bremsen oder anzumahnen. Es sind genügend Aufgaben zu erfüllen in den Trainingseinheiten und Sitzungen. Die Jungs bleiben an der Leine. Wir sind wir und wir bleiben unserem Weg treu." Auch das ist eine Erklärung für den Mainzer Höhenflug.

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