McClaren: "Der Druck wird immer größer"

Von Stefan Moser / Fatih Demireli
Ein Bild mit Symbolwert: Wolfsburgs Trainer Steve McClaren nach der Niederlage in Dortmund
© Getty

Borussia Dortmund feiert den ersten Heimsieg der neuen Saison. Die Mannschaft von Jürgen Klopp gewann am Samstag gegen den VfL Wolfsburg verdient mit 2:0 (0:0). Die Wölfe bleiben damit weiter ohne Punkt. Während der BVB seine Stärken perfekt in Szene setzte, sucht der VfL nach dem Fehlstart nach Lösungen: Wie passt Diego ins Konzept, wer kann ihn unterstützen, wie löst sich der Krampf?

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Vor rund 75.000 Zuschauern im Signal Iduna Park in Dortmund brachte Nuri Sahin (50.) die Gastgeber mit einem sehenswerten Distanzschuss in Führung. Den hoch verdienten Endstand erzielte der Japaner Shinji Kagawa (67.) mit seinem ersten Bundesliga-Tor.

Nachbertrachtung:

Sechs Punkte aus drei Spielen: Angesichts des durchaus knackigen Auftaktprogramms ein gelungener Saisonstart für den BVB, der auch gegen Wolfsburg wieder die eigenen spezifischen Qualitäten erfolgreich in die Waagschale warf. Die Ordnung ist verinnerlicht, die berühmten Automatismen greifen, die Mannschaft überzeugt durch Tempo, Enthusiasmus und Laufbereitschaft.

Die jugendliche Entschlossenheit und Aggressivität macht Dortmund für jeden Gegner extrem schwer zu spielen. Prunkstück der insgesamt sehr geschlossenen Mannschaft war auch gegen Wolfsburg das zentrale Mittelfeld. Kehls Formkurve zeigt weiter nach oben, er wächst immer mehr in seine alte Rolle als Chef, und Sahin zog nicht nur im Hintergrund die Strippen, sondern erzielte auch das wichtige 1:0. Zusammen mit den gut eingespielten Subotic und Hummels nahmen sie außerdem eines der besten Angriffsduos der Bundesliga fast komplett aus dem Spiel: Diego und Dzeko hatten einen reichlich unangenehmen Nachmittag.

Bei Wolfsburg dagegen ist der Fehlstart perfekt. In Dortmund zeigte der VfL seine schwächste Saisonleistung. Die Mannschaft wirkte unfertig und verkrampft. Vor allem im Spiel nach vorne fehlt es an Konzept. Diego sucht noch nach der richtigen Rolle und hat kaum Bindung, Ziani fehlt es auf rechts an Selbstvertrauen, auf links kommt der gelernte Stürmer Mandzukic nicht zum Zug.

Die Defensive arbeitet immerhin aggressiv. Vor allem Cicero und Kjaer wirken in der Spieleröffnung aber ungewohnt anfällig und hektisch, die Außenverteidiger sind nicht ins Offensivspiel eingebunden. Zurecht mahnte Manager Hoeneß nach der Partie auch "mentale Schwächen" an. Nach den Gegentoren kam fast keine Gegenwehr mehr von seiner Mannschaft.

Reaktionen:

Trainer Jürgen Klopp (Borussia Dortmund): "Der Sieg war mehr als verdient. Wir waren im Strafraum stets gefährlich, brauchten aber das Tor von Sahin gegen einen starken und stets gefährlichen Gegner."

Sebastian Kehl (Borussia Dortmund) über den Tritt von Wolfsburgs Diego an Kehl: "Er tritt nach - das muss er nicht machen, das habe ich ihm in der Halbzeit auch noch mal gesagt. Er wusste, dass es nicht richtig war und er hat dann auch gelacht. Aber er ist ein guter Spieler. Ich freue mich, dass er hier ist. Aber gegen mich, gegen uns hat er noch nie gut ausgesehen und das hat sich heute wieder bestätigt."

Trainer Steve McClaren (VfL Wolfsburg): "Ein verdienter Sieg der Dortmunder. Meine Spieler hatten anscheinend noch die Niederlage gegen Mainz in ihren Köpfen. Das 1:0 in diesem Spiel war richtungweisend. Der Druck auf uns wird immer größer, das wissen wir."

Dieter Hoeneß (Geschäftsführer VfL Wolfsburg: "Auch wenn es schwer fällt, nach drei Niederlagen etwas Gutes zu finden: Wir spielen eine Halbzeit gut und dann brechen wir zusammen oder wir kommen überhaupt nicht ins Spiel. Oder wir spielen eine gute zweite Halbzeit. Das ist das, was uns im Moment noch fehlt. Wir werden daran arbeiten müssen, dass die Mannschaft mental stärker wird."

... über den Tritt von Wolfsburgs Diego an Sebastian Kehl: "Jeder, der den Sebastian Kehl kennt, weiß, dass er gerne provoziert und übertreibt. Diego versucht, den Ball zu spielen, und ist am Schluss zu spät dran."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Spiel: Beide Teams mit je einer Änderung. Für Dortmund kommt Kuba über rechts im Mittelfeld, der junge Götze muss dafür auf die Bank. Bei Wolfsburg ersetzt Johnson Außenverteidiger Riether, der mit einer Oberschenkelverletzung von der Nationalmannschaft zurückkam.

6.: Fast das 1:0 für Wolfsburg! Owomoyela verliert den Ball am eigenen Strafraum. Dzeko schnappt sich den Ball und spielt butterweich zu Diego in den Strafraum. Der Brasilianer schießt aus spitzem Winkel ins lange Eck. Ganz knapp vorbei!

21.: Handspiel! Barzagli klärt im eigenen Strafraum mit dem Ellbogen. Schiri Aytekin lässt weiterlaufen.

39.: Dicke Chance für den BVB, und die Fotografen freuen sich über die Parade von Benaglio! Flanke Sahin von der linken Seite. Barrios ist in der Mitte völlig frei und köpft die Kugel aufs Tor. Benaglio drückt den Ball gerade noch über die Latte. Stark gemacht - von beiden!

44.: Aus dem Nichts eine dicke Chance für den VfL! Dzeko schießt von der Strafraumgrenze mit rechts aufs Tor. Schöner Schlenzer, tolle Flugkurve, Weidenfeller wie angewurzelt auf der Linie. Die Latte rettet den BVB vor dem Rückstand.

45.: Diego tritt nach einem Zweikampf mit Kehl klar nach. Aytekin gibt dem Brasilianer Gelb. Sehr großzügig.

50., 1:0, Sahin: Traumtor! Der Türke hat im Zentrum viel Platz und fasst sich aus gut 25 Metern ein Herz. Toller Linksschuss ins obere linke Eck. Keine Chance für Benaglio im VfL-Tor!

67., 2:0, Kagawa: Es war nur noch eine Frage der Zeit! Dortmund erhöht auf 2:0. Der Ball geht über mehrere Stationen. Großkreutz schickt final Kagawa in den Strafraum. Der Japaner zögert nicht lange und schießt die Kugel mit rechts ins lange Eck.

Fazit: Hoch verdienter Sieg für Dortmund, das in allen Belangen die bessere Mannschaft war. Enttäuschender Auftritt von Wolfsburg, der zunächst wenigstens kämpferisch dagegenhielt, nach dem Rückstand aber kaum echte Gegenwehr zeigte.

Der Star des Spiels: Nuri Sahin. Mit viel Laufarbeit, den meisten Ballkontakten aller Spieler und seiner defensiven wie offensiven Spielintelligenz schon der beste Mann auf dem Platz, als er noch nicht im Fokus der Kameras stand. Krönte seine Leistung mit dem ebenso wichtigen wie bildschönen Führungstor.

Die Gurke des Spiels: Diego. Musste gegen den BVB fast eine Art zweite Spitze neben Dzeko spielen und fand gegen die aggressiven Dortmunder aber überhaupt nicht in die Partie, brachte in der gesamten ersten Hälfte gerade mal 14 Pässe zum Mitspieler. Allerdings hatte er auch kaum Unterstützung aus dem Mittelfeld. Gerade die offensiven Flügel Mandzukic und Ziani waren Totalausfälle. Diegos Tritt gegen Kehl (45.) aber war ebenso unnötig wie dumm: Der Brasilianer hatte Glück, dass er dafür nur Gelb sah.

Die Pfeife des Spiels: Deniz Aytekin. Übersah in der 21. Minute ein Handspiel von Barzagli im Wolfsburger Strafraum und drückte mindestens ein Auge zu, als er Diego für dessen Nachtreten gegen Kehl nur Gelb zeigte. Insgesamt hatte er die hitzige Partie aber gut im Griff und überzeugte mit einer großzügigen aber klaren Linie.

Analyse: Kontrollierte Anfangsphase ohne spielerische Highlights, geprägt von der sehr konzentrierten und aggressiven Arbeit beider Mannschaften im defensiven Mittelfeld. Dortmund mit über 70 Prozent Ballbesitz nach einer halben Stunde deutlich feldüberlegen, aber aus dem Spiel heraus ohne klare Aktionen Richtung Tor. Barrios konnte in der Spitze die Bälle zu selten behaupten, auch deshalb, weil die Kollegen nicht konsequent nachrückten. Vor allem die rechte Seite des BVB mit Owomoyela und Kuba war in den ersten 30 Minuten nicht im Spiel. Erst kurz vor der Pause kam Dortmund, vor allem nach ruhenden Bällen, zu echten Chancen.

Wolfsburg gegen den Ball sehr bissig und diszipliniert, nach vorne aber ohne Linie. Diego spielte etwas weiter in der Spitze als zuletzt, fast auf einer Höhe mit Dzeko. Dadurch fehlte er allerdings als Anspielstation im Aufbau und hatte kaum Bindung zum Spiel. Nach 25 Minuten hatte Torhüter Benaglio mehr Ballkontakte als der Brasilianer. So erzeugte Wolfsburg nur selten über Einzelaktionen Gefahr.

Dortmund blieb auch in der zweiten Halbzeit in allen relevanten Statistiken überlegen und belohnte sich nach 50 Minuten mit dem Traumtor von Sahin. Stark von der jungen Mannschaft, dass der BVB auch nach der Führung weiter den Druck erhöhte und sofort auf das zweite Tor ging: Das 2:0 durch Kagawa war ebenso konsequent und verdient.

Wolfsburg dagegen enttäuschte auch in der zweiten Hälfte und bleibt damit folgerichtig weiter ohne Punkte. Das bislang schwächste Saisonspiel des VfL, der vor allem nach den Gegentoren schnell die Köpfe hängen ließ.

Dortmund - Wolfsburg: Daten zum Spiel