Arjen Robben: "Ich hasse das"

Von Haruka Gruber
Wenige Augenblicke nach dem Schlag: Müller dreht sich nach Robbens Ausraster entsetzt weg
© Getty

Mit zwei Eklats endete FC Bayerns 3:1-Sieg bei Werder Bremen - und beide Male war Thomas Müller das Opfer. Tim Wieses und Arjen Robbens Ausraster werfen grundsätzliche Fragen auf.

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Angefangen hatte es recht harmlos, doch irgendwann wusste Arjen Robben nicht weiter mit all der Aggression, die sich gegenüber Thomas Müller aufstaute, und ließ dieser nach dem Schlusspfiff freien Lauf.

Statt sich mit der Mannschaft über den 3:1-Sieg bei Werder Bremen und den eigenen Torerfolg zu freuen, schritt Robben zu Müller und verpasste diesem nach den Eindrücken der ersten Bilder einen Schlag in Richtung Gesicht. Bevor die Situation weiter eskalierte, gingen Mario Gomez und Anatolij Tymoschtschuk dazwischen und hielten die Streithähne auseinander.

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Der Trigger für Robbens Ausraster waren anscheinend Müllers gestenreichen Beschwerden während der Partie, weil der Niederländer zu eigensinnig spielen würde.

Robben greift Müller an

"Wir sind eine Mannschaft, wir müssen uns unterstützen und helfen. Ich hasse das, wenn Leute die Hände hochreißen. Das ist nicht respektvoll gegenüber den Kollegen. Das sollte man nicht machen", klagte Robben direkt nach Abpfiff.

In der "Abendzeitung" wird er folgendermaßen zitiert: "Eine Diskussion auf dem Platz ist gut, aber man soll nicht mit den Händen gestikulieren. Wir müssen ein Vorbild sein und wir dürfen es uns nicht schwieriger machen, als es ist."

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Egozocker Robben: Fluch oder Segen?

Nach einigen Minuten in der Umkleide klang Robben jedoch wesentlich versöhnlicher: "Solche Dinge passieren eben auf dem Platz. Wir gewinnen und verlieren zusammen. Das war nicht so schlimm, wir werden aber auch noch darüber reden." Der neue Kapitän Philipp Lahm kündigte ebenfalls an, dass ein internes Gespräch anstehen würde.

So beschwichtigend sich die Protagonisten mittlerweile äußern: Der Eklat kommt nicht völlig überraschend. In den letzten Wochen betonten Müller, Lahm oder Bastian Schweinsteiger wiederholt die Bedeutung der gesamten Mannschaft, wenn sie in Interviews nach der herausgehobenen Rolle von Robben und Franck Ribery befragt wurden.

Lautstarke Diskussionen

Vor allem Robbens häufig erfolgreiche, aber eben auch eigensinnige Spielweise polarisiert und sorgt bei den Mitspielern für Verärgerung. Als er in Bremen kurz vor der Pause bei einem vielversprechenden Konter von Gomez angespielt wurde, versuchte er es selbst mit einem am Ende harmlosen Distanzschuss, statt den Ball zu dem links völlig freistehenden Müller weiterzupassen - woraufhin sich Müller und vor allem Schweinsteiger lautstark bei Robben beschwerten.

"Ich finde es gut, wenn die Spieler sich gegenseitig zur Verantwortung rufen - aber wir müssen das mit Respekt machen", sagte Trainer Louis van Gaal.

Nach Robbens missglücktem Freistoß aus aussichtsreicher Position in der zweiten Halbzeit riss Müller zum wiederholten Male entnervt seine Arme in die Luft, was Robben sichtlich ärgerte. Vermutlich war diese Szene eine von vielen Auslösern für seine Attacke auf Müller.

Wiese nietet Müller um

Eben jener Müller, der nur wenige Minuten vor Robbens Angriff bereits Opfer einer Unbeherrschtheit wurde: Bremens Torwart Tim Wiese kam kurz vor dem Abpfiff aus seinem Tor gestürmt, um einen Steilpass auf Müller abzufangen - und nietete den Münchner mit beiden Beinen voraus und voller Absicht um. Bevor Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer überhaupt reagieren konnte, schritt Wiese in der sicheren Erwartung der Roten Karte bereits zur Kabine.

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Ein Ausdruck tiefer Frustration, nachdem Bremen die ersten 60 Minuten die bessere Mannschaft war, nur um durch drei vermeidbare Gegentore das Spiel doch noch aus der Hand zu geben. Nach der vierten Niederlage aus den letzten fünf Spielen rangiert Werder lediglich eine Position über dem Relegationsplatz. Nur in der Abstiegssaison vor 31 Jahren stand Bremen derart miserabel da.

"Das ist natürlich dumm, so hinzugehen. Da spielt der Frust natürlich eine Rolle. Man ist verärgert, man ist so dicht dran, man hat geführt, kriegt den Ausgleich, das Eigentor zum 2:1 - und dann ist man natürlich wahnsinnig enttäuscht", versuchte Werders Geschäftsführer Klaus Allofs den Aussetzer seines Torhüters zu erklären.

Nicht zu stoppende Eigendynamik

Dass sich ausgerechnet der mit Abstand beste und stabilste Bremer zu einer solchen Disziplinlosigkeit hinreißen lässt und wohl mindestens für drei Spiele gesperrt werden wird, verdeutlicht nur die Misere, in der Werder steckt.

Wie Allofs immer wieder betont, ist das spielerische Potenzial für eine wesentlich bessere Platzierung zweifellos vorhanden. Doch die Krise hat mittlerweile eine Eigendynamik entwickelt, die sich kaum mehr stoppen lässt.

Der Einbruch gegen die Bayern war einerseits dem Kräfteverschleiß geschuldet, weil Bremen vor allem in der ersten Hälfte mit einem riesigen Aufwand zunächst erfolgreich die Bayern-Defensive mit konsequentem und laufintensivem Pressing unter Druck setzte.

Andererseits war es auch offenkundig, dass Bremen derzeit die mentale Stabilität abgeht, um einen Rückschlag wie den Ausgleich der Bayern zu verkraften. Die Verunsicherung griff in den letzten 30 Minuten um sich, selbst dem anfangs überragenden Sebastian Prödl unterliefen wie beim 1:2 plötzlich unerklärliche Aussetzer.

Deftige Schiri-Kritik von Allofs

Allofs jedoch wollte nach dem Abpfiff weniger über den am Ende erbärmlichen Zustand seiner Mannschaft sprechen. Vielmehr griff der sonst so moderate Geschäftsführer Kinhöfers Assistentsschiedsrichter Detlef Scheppe an - anders als Robben und Wiese jedoch nur verbal.

Anlass war ein Handspiel von Bayerns Luiz Gustavo beim Stande von 1:1 im eigenen Strafraum, das Scheppe übersehen hatte.

"Wir sind natürlich sehr verärgert, wenn Dinge so offensichtlich falsch gesehen werden", sagte Allofs. "Es macht keinen Spaß mit Herrn Scheppe. Nicht, das man so ein Ding übersehen kann, aber die Art und Weise ist unerträglich."

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