Durchhalteparolen im Schwabenland

SID
Lukas Podolski (l.) und der 1. FC Köln fuhren in Stuttgart den ersten Dreier der Saison ein
© Getty

Sie sind erfolglos, hilflos und zunehmend ratlos: Nach einem berauschenden ersten Halbjahr wächst beim VfB Stuttgart und seinem Anhang von Spiel zu Spiel die Katerstimmung.

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Nach dem deprimierenden 0:2 (0:1) gegen den zuvor sieglosen 1. FC Köln stellte Markus Babbel seine Mannschaft deshalb beinahe an den Pranger. Alles, was den VfB stark gemacht habe, "das vermisse ich im Moment", erklärte er und ergänzte kühl: "Wir müssen Abstand gewinnen von unseren Zielen und zurück zu den Basics."

Bei den Spielern scheint die Krise aber noch nicht angekommen zu sein. Seit dem zweiten Spieltag und einem glücklichen Erfolg gegen den SC Freiburg (4:2) läuft der VfB seinem zweiten Saisonsieg nach, die Tabelle weist ihn als abstiegsgefährdet aus, auch in der Champions League gab es am vergangenen Mittwoch einen Fehlstart gegen die Glasgow Rangers (1:1).

Doch statt Einsicht herrscht Trotz. "Unsere Ansprüche sind andere", verkündete Serdar Tasci und versicherte: "Wir kommen da unten raus."

Tasci: schnelle Kehrtwende

Tasci sagte auch, er und seine Mitspieler seien doch "viel zu gut", um dauerhaft schlecht zu spielen und erweckte den Eindruck, als sei die Kehrtwende nur eine Frage der Zeit.

"Unser Ziel ist es nach wie vor, unter den ersten Drei in der Bundesliga mitzuspielen. Und wir werden das auch noch schaffen", so der Nationalspieler.

Auch Kollege Sami Khedira betonte, dass "unser Kader viel zu gut besetzt ist", um dauerhaft in nicht gerade standesgemäßen Tabellenregionen dahinzudümpeln: "Wir dürfen uns nur nicht kaputtmachen lassen."

Fehlpass leitet 0:1 ein

Kaputt macht sich der VfB derzeit am liebsten selbst. Tasci leitete mit einem gewagten Pass auf Mitspieler Christian Träsch das 0:1 ein: Der Abwehrspieler verlor den Ball an Fabrice Ehret, dessen Flanke köpfte Sebastian Freis ein (25.).

Nach weiteren Chancen der ansonsten harmlosen Kölner durch Ehret (35., Pfostenschuss) sowie den schwachen Lukas Podolski kurz vor der Pause ermöglichte dann Torhüter Jens Lehmann nach einem halbherzigen Ausflug dem gerade eingewechselten Wilfried Sanou einen 35-Meter-Treffer (89.).

Babbel und Sportchef Horst Heldt sind in höchstem Maße alarmiert. Schon nach dem Titelgewinn vor zwei Jahren missriet dem VfB die anschließende Halbserie. "Das ist das, was wir verhindern wollten", versicherte Heldt, muss aber zu seinem Leidwesen feststellen, dass die Mannschaft bereits in der ersten Saisonphase" mit voller Breitseite erwischt worden ist".

Rezept: Zurück zu alten Tugenden

Mit einer derartigen Situation, gab er zu, "haben die wenigsten Spieler gerechnet, und das spürt man dann auch". Babbel und Heldt glauben im Gegensatz zur ihrer zunehmend verunsicherten Mannschaft allerdings zu wissen, wie den Problemen beizukommen ist.

"Wir müssen zurück zu unseren Tugenden, die uns stark gemacht haben", sagte Heldt, während Babbel aufzählte, woran es seinen Spielern derzeit mangelt: an Basics wie Leidenschaft, Aggressivität, Einstehen füreinander.

Und er kündigte deshalb an: "Wir müssen an unseren Tugenden arbeiten, um das Erfolgserlebnis zu bekommen, das wir unbedingt brauchen."

Nur ein Schuss aufs Kölner Tor

Brauchen konnte dieses Erfolgserlebnis auch der 1. FC Köln - er bekam es dank gütiger Mithilfe der Stuttgarter und der Tugenden, die Babbel seiner Mannschaft absprach. "Wir haben gut gestanden und wenig zugelassen", kommentierte Trainer Zvonimir Soldo.

Der frühere Profi des VfB untertrieb dabei sogar: Vor 41.000 Zuschauern flog in 93 Minuten nur ein Kopfball von Timo Gebhart direkt auf das Kölner Tor. "Wir haben es wieder mal nicht geschafft, eine defensiv spielende Mannschaft auszuspielen", konstatierte Babbel.

Soldo hört während des Spiels auf zu überlegen

Dagegen war Soldo, von Babbel zum Abschied herzhaft umarmt, die Erleichterung deutlich anzusehen. "In unserer Situation ist es wichtig, dass die Mannschaft ein Erfolgserlebnis hatte", sagte er.

Das galt nicht nur für die Mannschaft, wie Soldo nach dem ersten Saisonsieg mit einem Schmunzeln einräumte: "Ich habe mir ja vorher schon überlegt, was ich erzählen soll, wenn wir wieder verlieren. Ich habe dann aufgehört zu überlegen."

Stuttgart - Köln: Daten zum Spiel