Vergoldet wird später

Von Thomas Gaber
Die Bayern-Fans feierten den ersten Titel dieser Saison
© Getty

Der FC Bayern ist zum 22. Mal deutscher Meister. Nach einer spontanen bescheidenen Champagner-Dusche soll richtig gerockt werden. Doch ein Event stellt alles in den Schatten.

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Franck Ribery lauerte an der Strafraumlinie. Arjen Robben schlug den Ball chirurgisch genau in hohem Bogen auf seinen rechten Fuß. Anders als in Manchester brachte die Eckballvariante diesmal keinen Erfolg; Riberys Volleyabnahme landete in den Händen von Bochums Keeper Philipp Heerwagen. Zirkusreif war die Aktion in der 25. Minute aber allemal.

2:0 führte der FC Bayern zu diesem Zeitpunkt gegen chronisch hinter- und nebenher laufende Bochumer. "Das war der beste Fußball, den wir in dieser Saison zuhause gespielt haben", sagte Trainer Louis van Gaal. Da darf es ruhig mal Schnickschnack sein. So ein Meisterstück will ja auch mit Stil vollendet werden.

Was nach einer knappen halben Stunde Spielzeit noch unklar war, hatte Louis van Gaal schon vorher gewusst. "Ich habe auch meine zwei Töchter und meine Enkel eingeladen, weil ich erwartet habe, dass wir es heute schaffen", sagte der Bayern-Trainer nach dem 3:1 gegen Bochum und dem damit sicheren 22. Meistertitel in der Vereinsgeschichte.

Nur wer keinen gesunden Menschenverstand besitzt, gibt Schalke 04 vor dem letzten Spieltag bei drei Punkten Rückstand und einer um 17 Treffer schlechteren Tordifferenz noch eine Chance auf den Titel.

Van Gaals Kater-Sorgen

Schunkelnde Spieler, Weißbierduschen und Meisterschalenattrappen waren nach Spielende jedoch nicht auszumachen. Arjen Robben spazierte samt Sohnemann auf dem Arm über den Platz, Mark van Bommel verpasste dem emsig hoppelnden Maskottchen einen Tritt in den Hintern. Louis van Gaal stand regungslos am Spielfeldrand.

Die Sause überließen die Protagonisten ihren Fans. "Wie die Zuschauer die Bremer Tore bejubelt haben, war absolutes Gänsehautfeeling", sagte Philipp Lahm. Feuchtfröhlich wurde es erst in den abgeschotteten Katakomben. Bastian Schweinsteiger ergriff in der Kabine die Initiative und eröffnete die Champagner-Jagd auf Trainer und Vorstand.

"Der Trainer hat am meisten abbekommen. Dann ist er weggerannt und hat sich versteckt", berichtete Augenzeuge Holger Badstuber. Van Gaal, bekennender Rotwein-Trinker, machte sich Sorgen um die Nachwehen: "Das Problem ist, dass ich schon Champagner getrunken habe. Und Champagner mit Rioja ist sehr schlecht. Dann habe ich morgen Kopfschmerzen. Aber ich werde mir doch ein Gläschen gönnen, denke ich."

Spontane Partys sind die schönsten Partys, daran wollten sich auch die Bayern halten. "Wir haben nichts geplant. Vielleicht gehen wir zusammen essen. Aber wir haben uns für diesen Abend keine Grenzen gesetzt. Bei uns fällt soviel Belastung ab, weil wir es endlich geschafft haben. Wir haben das ganze Jahr darauf hingearbeitet", sagte Dreifach-Torschütze Thomas Müller.

Van Gaal 3, Robben 4

Der erste von drei möglichen Titeln ist erreicht. "Der Vorstand hat mir am Anfang gesagt, dass wir Meister werden müssen. Das ist das Wichtigste für diesen Verein. Auch für mich hat dieser Titel einen sehr großen Wert. Es gibt nicht viele Trainer in Europa, die das Glück haben, in drei Ländern Meister zu werden. Darauf bin ich sehr stolz", sagte van Gaal.

Nach den Titeln in seinem Heimatland mit Ajax Amsterdam und in Spanien mit dem FC Barcelona holte van Gaal als erster Niederländer in Deutschland die begehrteste Trophäe - und stellte die zuletzt errungene auf die oberste Stufe: "Der FC Bayern ist der beste Verein, bei dem ich bisher gearbeitet habe."

Van Gaals Landsmann Arjen Robben hat noch mehr zu bieten: vier Meistertitel in vier verschiedenen Ländern mit Eindhoven, Chelsea, Real Madrid und Bayern. "Es ist gut, dass wir in Berlin nicht mehr gewinnen müssen. Aber wir dürfen uns jetzt nicht ausruhen", forderte Robben und richtete den Fokus auf die Endspieltermine im DFB-Pokal am 15. Mai und der Champions League eine Woche später.

Schweinsteiger: Wollen Saison vergolden

Die Meisterschaft mag der ehrlichste Titel sein, doch über allem steht das Duell mit Inter Mailand in Madrid. "Ich habe schon als Kind davon geträumt, ein Champions-League-Finale spielen zu dürfen", sagte Robben. Die Bayern wollen eine "herausragende Saison" (Christian Nerlinger) in den "nächsten zwei, drei Wochen vergolden", sagte Bastian Schweinsteiger.

1999 waren die Bayern in einer vergleichbaren Situation. Nach der Meisterschaft standen noch die Finals im Pokal und der Champions League an. Beide gingen bekanntlich verloren. Der letzte Heimspielgegner hieß übrigens VfL Bochum, der Gegner in Berlin Werder Bremen. Wenigstens haben die Bayern Manchester United schon hinter sich.

Bayern - Bochum: Daten zum Spiel