Flaschenwurf: Eklat in Hamburg!

Von Haruka Gruber / Markus Matjeschk
Ausraster mit Folgen? Guerrero (r.) rastete nach dem Spiel aus
© Imago

Der Hamburger SV hat den Negativtrend in der Bundesliga fortgesetzt und auch das vierte Spiel in Folge nicht gewinnen können. Gegen den Vorletzten Hannover 96 gab es nur ein 0:0.

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Vor 56.000 Zuschauern, die am Ende ein Pfeifkonzert anstimmten, konnte der Gastgeber auch nicht den Umstand nutzen, dass 96-Spieler Jiri Stajner nach seiner zweiten Gelben Karte innerhalb von sieben Minuten vom Platz flog (59.).

Damit hat Hamburg (45 Punkte) die Chance verpasst, den Rückstand auf den Fünften Werder Bremen (48) entscheidend zu verkürzen. Und: Mit dem enttäuschenden Remis gerät auch Trainer Bruno Labbadia weiter unter Druck, über dessen Ablösung im Umfeld des HSV bereits seit einiger Zeit spekuliert wird.

"Wir wollen mit dem Trainer etwas aufbauen. Wir haben am Donnerstag ein wichtiges Spiel in Lüttich, darauf richtet sich unsere Konzentration", sagte der HSV-Vorstandsvorsitzende Bernd Hoffmann auf "SKY".

Hannover bleibt mit 24 Punkten Vorletzter und damit weiter in akuter Abstiegsgefahr.

Guerrero rastet aus

Für einen Eklat sorgte nach dem Abpfiff der eingewechselte Paolo Guerrero, der auf dem Weg in die Katakomben offenbar von einem auf den Zuschauerrängen stehenden Fan beleidigt wurde und diesen mit einer Trinkflasche bewarf und mitten im Gesicht auch traf.

Welche genaue Folgen der Ausraster haben wird, ist noch nicht bekannt. Guerreros Vertrag läuft im Sommer aus.

Boss Hoffmann kündigt Konsequenzen an

Hoffmann: "Sowas darf nicht passieren und ist inakzeptabel, egal ob Emotionen hochgekocht sind oder nicht. Das sind Dinge, die wir in der Kabine besprochen haben. Diese Aktion hat den unschönen Oster-Sonntag abgerundet. Es wird entsprechende Konsequenzen geben. Ich will das aber nicht weiter kommentieren", sagte Hoffmann.

Ähnlich kritisch äußerte sich Labbadia: "Als wir in der Kabine waren, haben wir es nicht gewusst. Die Beschimpfungen waren wohl sehr, sehr schlimm. Dennoch muss Guerrero dem standhalten." Bei "Liga total" ergänzte er: "Wir werden uns natürlich auch bei der Person entschuldigen. Wir werden mit dem Spieler ganz klar drüber reden und werden uns überlegen, was wir machen müssen."

Fast schon ins Lächerliche zog Torwart Frank Rost den Vorfall: "Paolo hat einen Fehler gemacht, aber unter dem Strich war das nicht grundlos. Einige Mitspieler haben auch gehört, was gesagt wurde. Und immerhin hat er getroffen. Die New York Yankees würden ihn wohl gerne verpflichten."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Hamburg mit zwei Veränderungen gegenüber dem Spiel gegen Lüttich: Berg vertritt den verletzten Petric, der Gelb-gesperrte Demel wird durch Rincon ersetzt. Trochowski und Rozehnal auf der Bank. Ebenfalls zwei Wechsel bei extrem defensiv aufgestellten Hannoveranern: Schmiedebach und Rausch in die Startelf, dafür muss Schlaudraff wieder auf die Bank, Balitsch fehlt mit Gelb-Rot.

6.: Aogo flankt von der linken Außenbahn scharf auf den Elfmeterpunkt. Berg setzt sich im Luftduell durch und köpft wuchtig aufs rechte Eck. Fromlowitz taucht blitzschnell ab und pariert.

23.: Freistoß für Hamburg von der linken Seitenlinie. Fromlowitz eilt aus seinem Kasten und klärt zunächst mit beiden Fäusten, doch seine Abwehr landet direkt bei Berg. Der Schwede dreht sich blitzschnell um die eigene Achse und donnert aus 15 Metern mit rechts drauf. Fromlowitz klatscht die Kugel zur Seite ab.

26.: Was für ein Knaller! 23 Meter vor dem 96-Gehäuse hat kein Hannoveraner Aogo auf dem Zettel. Hamburgs Außenverteidiger packt den Hammer aus, der Ball klatscht an den Querbalken.

36.: Stajner klaut Aogo den Ball und dann geht es ganz schnell. Stajner legt quer auf Schmiedebach, der ansatzlos von der Strafraumgrenze abzieht. Boateng rutscht im Zentrum aus, fliegt aber genau in die Schussbahn. Ze Roberto bereinigt die Situation schließlich vor Rost.

Halbzeit-Fazit: Hamburg mit mehr Ballbesitz und Chancen, dennoch tat sich der HSV gegen das tiefstehende Hannover schwer.

46.: Van Nistelrooy muss angeschlagen raus, für ihn kommt Guerrero.

59.: Gelb-Rot für Stajner! Pitroipa ist auf dem linken Flügel auf und davon, Stajners Grätsche missglückt völlig. Pitroipa fliegt zu Boden und Stajner vom Platz. Die erste Gelbe sah er 7 Minuten zuvor.

64.: Rausch lässt Ze Roberto nach einer verunglückten Faustabwehr von Rost im Hamburger Strafraum mit einem Haken wie eine Slalomstange stehen und hebt die Kugel von der Grundlinie in den Fünfer. Ya Konan hat viel Freiraum und köpft den Ball nur hauchdünn über den rechten Winkel.

71.: Ecke durch Aogo von links. Tesche kommt im Fünfer vollkommen frei zum Kopfball, knapp am langen Eck vorbei.

82.: Ganz starkes Tackling von Pinto, der mit beherztem Einsatz im eigenen Fünfer vor dem einschussbereiten Guerrero klärt.

Fazit: Ein am Ende verdientes Unentschieden. Zwar hatte Hamburg gegen in Unterzahl spielende Hannoveraner deutlich mehr Ballbesitz, aber es fehlte schlicht die spielerische Klasse.

Der Star des Spiels: Jonathan Pitroipa. Effizienz und Übersicht werden nie zu den Stärken des Flügelspielers gehören, dennoch war er in einer schwachen Mannschaft noch der Beste. Harmonierte auf links gut mit dem am Anfang überzeugenden Ze Roberto (95 Prozent der Pässe kamen an den Mann) und sorgte mit seinen Tempo-Dribblings für Unruhe in der 96-Abwehr. Wich auch immer wieder in die Zentrale aus und gestaltete so gelegentlich sogar das Spiel. Die Zahlen zu seiner Leistung: 60 Prozent angekommene Pässe und 91 Prozent gewonnene Zweikämpfe. Dass Stajner nach einem Foul an Pitroipa mit Gelb-Rot vom Platz musste, war kein Zufall. Konkurrent Trochowski hat derzeit das Nachsehen.

Die Gurke des Spiels: Jiri Stajner. In der ersten Hälfte noch einer der Aktivposten (38 Ballkontakte), brachte er Hannover unnötig in Gefahr, in dem er Anfang der zweiten Halbzeit innerhalb von 7 Minuten zwei Fouls verursachte und mit Gelb-Rot vom Platz flog. Seine beiden Vergehen: Ein sinnloser Schubser gegen Aogo und eine sinnlose Grätsche gegen Pitroipa.

Die Pfeife des Spiels: Peter Sippel. Weitesgehend gute Leistung des Schiris. Vor allem der HSV forderte immer wieder übertrieben einen Elfmeter, doch Sippel lag immer richtig und ließ weiterspielen. Kleine Kritik: Hätte Anfang der ersten Halbzeit einen Vorteil von 96 nicht abpfeifen sollen.

Die Lehren des Spiels: Beide Teams stecken in der Krise. Und für beide Teams war das Spiel kein Schritt aus der Krise heraus. Hamburg hatte zwar 66,4 Prozent Ballbesitz, tat sich dennoch gegen das sehr defensiv eingestellte 96 äußerst schwer, selbst nach dem Platzverweis für Hannovers Stajner änderte sich nichts an der spielerischen Limitiertheit der Gastgeber.

Der HSV versteht sich als Champions-League-Klub. Geboten wurde jedoch erneut nur eine Leistung, die für das Bundesliga-Mittelfeld reicht. Auffällig, wie sehr sich designierte Leistungsträger wie Ze Roberto (immerhin zu Beginn stark) und Jarolim in der Anonymität der Mannschaft verstecken.

Aber auch Hannover bringt das Unentschieden nicht viel weiter - dennoch muss es nach dem Spielverlauf und Stajners Gelb-Rot als Punktgewinn verbucht werden. Ein Remis war offenbar auch das einzige Ziel, das Slomka für das Spiel verfolgt hatte, nicht anders lässt sich die ultra-vorsichtige Taktik erklären.

In der Startelf standen neun Defensivspieler, die einzig und allein den Auftrag hatten, Hamburgs Offensivspiel zu stören. Eine Ausrichtung, die immerhin das 0:0 rettete. Immerhin blieb Hannover zum ersten Mal nach 13 Spielen ohne Gegentor.

Hamburg - Hannover: Daten zum Spiel