Der Teufel steckt in der Mitte

Von Thomas Gaber
Noch im Hintergrund: Anatolij Tymoschtschuk sucht noch nach seiner Rolle beim FC Bayern
© Imago

Der FC Bayern München offenbarte beim 1:1 gegen Werder Bremen Probleme auf den Positionen im zentralen Mittelfeld. Mit Jose Ernesto Sosa fiel schon der zweite Zehner durch und Franck Ribery spielt lieber links. Zudem ist die Versetzung des Verteidigungsministers arg gefährdet.

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Anatolij Tymoschtschuk wollte nur noch weg. Strammen Schrittes ließ er die versammelte Journaille im Bauch der Allianz Arena rechts liegen. Seine abwinkende Geste bedeutete: heute keine Interviews.

Wirklich weit kam der Ukrainer aber nicht. Am Ende der Mixed Zone wartete eine japanische Gang. Martin Hägele, beim FC Bayern für die Kooperation mit Asien zuständig, warf sich Tymoschtschuk in die Bahn. Die Kids waren auf Einladung des FC Bayern aus Fernost angereist und waren bestens ausgerüstet. Fotoapparat, Papier und Bleistift. Ein paar Erinnerungsfotos mit und ein paar Unterschriften von den Stars aus Europa sollten es dann schon sein.

Tymoschtschuk ließ alles über sich ergehen und konnte auch wieder ein bisschen lächeln. Leicht gequält, aber immerhin. In den 90 Minuten gegen Werder Bremen hatte der 11-Millionen-Einkauf wenig Grund zur Freude.

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Blasses Pflichtspiel-Debüt

Tymoschtschuk durfte sich als Vertreter des verletzten Kapitäns Mark van Bommel im defensiven Mittelfeld versuchen. Dieser Versuch scheiterte. Mit van Bommel fehlte der Chef, Tymoschtschuk bekam die Vertreter-Rolle nicht auf die Reihe. 72 Ballkontakte sind für den Spieler auf der Sechser-Position zu wenig.

In Bayerns Rautensystem hat der Spieler vor der Abwehr eine Schlüsselrolle. Er ist erste Anspielstation der Abwehr beim Spielaufbau. Er ist Stratege und Ballverteiler. Und er ist der Spieler, der beim Ballbesitz des Gegners die Defensivarbeit im Mittelfeld koordiniert und verhindern soll, dass Löcher entstehen.

Tymoschtschuk war mit dieser Aufgabe überfordert. Er fing gut an, wie die gesamte Bayern-Mannschaft. Auch wenn Louis van Gaals Einschätzung, sein Team habe die ersten 30 Minuten "hervorragend gespielt", übertrieben ist. Doch mit zunehmender Spieldauer baute Tymoschtschuk ab. In der Entstehung des Bremer Führungstreffers machte er gleich zwei Fehler. Erst grätschte er nach Mesut Özils Finte gegen Danijel Pranjic ins Leere, dann entließ der den Deutsch-Türken alleine in den Strafraum.

Anpassungsprobleme unübersehbar

"Er ist ein guter Spieler und ein Musterprofi. Er wird sich durchsetzen", sagte Alexander Borodjuk, Co-Trainer der russischen Nationalmannschaft vor Saisonbeginn im Gespräch mit SPOX.

Die erste Chance, van Bommels Platz auf Dauer einzunehmen, hat er allerdings nicht genutzt. Der Ukrainer hat noch deutlich sichtbare Anpassungsprobleme. Als Hamit Altintop bei einer vielversprechenden Konter-Situation den an der Strafraumgrenze freistehenden Tymoschtschuk übersah und stattdessen den Ball im Eins-gegen-Eins vertändelte, reagierte er zu brav. Tymoschtschuk ist kein Lautsprecher, aber Altintop hätte einen verbalen Einlauf verdient gehabt. Van Bommel hätte das gemacht, der Ukrainer beließ es bei einer defensiven Handbewegung.

Der selbst ernannte Verteidigungsminister sagte in seiner ersten Pressekonferenz als Bayern-Spieler Anfang Juli selbstbewusst, dass er sich in seiner bisherigen Karriere überall durchgesetzt habe und sich in jedem System wohl fühle. Die Sechser-Position in der Raute ist für ihn aber eine neue Erfahrung. Bei Zenit St. Petersburg spielte er im 4-3-3, in der ukrainischen Nationalmannschaft 4-4-2 mit flacher Vier oder 4-5-1.

Den Stab über Tymoschtschuk nach einem Spiel zu brechen, wäre unfair. Aber er muss sich deutlich steigern für einen echten Konkurrenzkampf mit van Bommel. Er hat nicht mehr viel Zeit, am nächsten Samstag in Mainz muss er Chef sein und das Spiel prägen.

Der zweite Zehner fällt durch

Tymoschtschuk ist aber nicht der einzige Spieler, der van Gaal Kopfzerbrechen bereitet. Die Wechselspielchen des Trainers auf der Zehner-Position haben ihn bislang keinen Zentimeter weitergebracht. In Hoffenheim spielte Alexander Baumjohann, gegen Bremen war der Ex-Gladbacher nicht mal im Kader.

Jose Ernesto Sosa war mal wieder an der Reihe. Aber der Argentinier blieb einmal mehr seine Daseinsberechtigung beim FC Bayern schuldig. Sosa wurde in der 62. Minute von Franck Ribery ersetzt. Der Franzose ist van Gaals Wunschspieler auf der Zehn, er hat das System wegen ihm gewählt. Ribery akzeptiert seine neue Rolle - mehr aber auch nicht: "Ich bin erstmal froh, dass ich wieder spielen kann. Die Position ist neu für mich, aber es ist ok. Eigentlich spiele ich lieber auf links."

Van Gaal mit Ribery nicht zufrieden

Gegen Werder zog es ihn immer wieder auf die linke Außenbahn. Van Gaal findet das nicht verwerflich, er räumt seinem Star die nötigen Freiheiten ein. Zufrieden war er mit Riberys Comeback nicht. "Man hat gesehen, dass er noch keinen Rhythmus hat. Er hatte eine sehr gute Aktion, hat aber auch einige Bälle verloren."

Auf van Gaal, Ribery und den Rest der Bayern-Mannschaft kommt in den nächsten Wochen viel Arbeit zu. Vor allem auf den beiden Positionen im zentralen Mittelfeld.

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