Bayern: Über Geschmack lässt sich streiten

Von Thomas Gaber
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© Imago

Der FC Bayern München startete holprig in die neue Saison. Während der Trainer, die Spieler und der Kaiser Einiges zu bemängeln hatten, sah der Manager schon viel Schönes und sprach ein (vorläufig) letztes Machtwort im Fall Franck Ribery.

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Über 30 Jahre lang saß Uli Hoeneß am Puls des Geschehens. Über 30 Jahre lang schmiss er sich nach Bayern-Toren als erster Gratulant an den Hals des jeweiligen Trainers. Mit dieser Zeit hat der Manager des FC Bayern abgeschlossen. Seinen Platz auf der Bank trat er Sportdirektor Christian Nerlinger ab. Hoeneß sitzt jetzt 30 Meter weiter oben, inmitten von Funktionären, reichen Pinkeln und den echten Fußball-Fans. Die Ehrentribüne ist Hoeneß' neues Zuhause, wohlgefühlt hat er sich zumindest in Hoffenheim nicht besonders.

"Man hat einen ganz anderen Blickwinkel und muss sich mit dem einen oder anderen Zuschauer rumschlagen. Aber daran werde ich mich schon auch noch gewöhnen", berichtete Hoeneß von seinen Erlebnissen.

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Hoeneß: "Haben das Spiel total beherrscht"

Die Konzentration auf das Wesentliche muss ein wenig gelitten haben, denn Hoeneß wollte eine vor allem in der zweiten Halbzeit brillante Leistung seiner Bayern gesehen haben.

"In der ersten Halbzeit waren wir nicht so gut. In der zweiten Halbzeit hat mir die Mannschaft hervorragend gefallen. Da haben wir das Spiel total beherrscht. Hoffenheim ist von einer Verlegenheit in die nächste gerauscht. Wir hätten den Sieg hoch verdient gehabt", schwärmte Hoeneß.

Mit diesem Euphorieanfall irritierte Hoeneß sogar seinen Kontrolleur. "Der Uli sieht das aus seiner Bayern-Brille. So gut waren sie nicht. Es muss noch einiges geschehen", sagte Bayerns Aufsichtsratsvorsitzender Franz Beckenbauer.

Schwaches Passspiel

Auch Beckenbauer trägt das Herz auf der Zunge und schießt selbst manchmal gerne ein wenig übers Ziel hinaus. In diesem Fall hatte der Kaiser recht, Hoeneß zu widersprechen. Eine passable zweite Halbzeit, in der die Bayern sich einige Chancen herausspielten, diese aber teilweise kläglich vergaben, kann nicht über die spielerischen Defizite hinwegtäuschen.

Das von Trainer Louis van Gaal angeordnete Pressing funktionierte zu Beginn überhaupt nicht, das Aufbau- und Passspiel war mangelhaft und die Zuordnung in der Defensive unübersichtlich.

Philipp Lahm, der eines seiner schwächsten Bundesligaspiele der letzten Zeit ablieferte, fasste es so zusammen: "Wir haben nicht gut nach vorne gespielt und unser Passspiel war auch nicht besser. Vor allem in der ersten Halbzeit hatten wir viel zu viele Fehlpässe gespielt und den Ball viel zu schnell abgegeben. Wir müssen in den nächsten Wochen noch viel verbessern."

Olic schließt Bilderbuch-Angriff ab

Van Gaal monierte, seine Mannschaft habe in der ersten Halbzeit vergessen, Fußball zu spielen. "Wir sind trotzdem in Führung gegangen, hätten die Führung aber ausspielen müssen. Wir haben es nicht geschafft. Das ist nicht professionell", sagte der Niederländer mit gewohnt klaren Worten.

Seit fünf Wochen hat van Gaal seine Spieler zusammen. Er will ihnen einen dominanten, schnörkellosen Stil vermitteln. So wie vor dem 0:1 durch Ivica Olic, der einen Bilderbuch-Angriff über 18 Stationen mit seinem ersten Bundesligator für den FC Bayern abschloss.

Die Mannschaft hat gute Ansätze gezeigt, aber ebenso viele Fehler gemacht wie in weiten Teilen der letzten Saison. Wie stark die Bayern unter van Gaal sind, lässt sich nach zwei Pflichtspielen freilich noch nicht absehen.

Hoeneß hat jedenfalls schon "viel Schönes" gesehen in den ersten fünf Wochen unter van Gaals Regie und ist sich sicher, "dass wir sehr bald vorne wegmaschieren werden, wenn wir weiter solche Fortschritte machen."

Machtwort im Fall Ribery

Am Fortschritt kann van Gaal in der kommenden Woche nur dosiert arbeiten. Viele Bayern-Spieler sind mit ihren Nationalmannschaften unterwegs und die Zahl der Verletzten nimmt weiter zu. Kapitän Mark van Bommel erlitt eine Prellung am rechten Fuß und fuhr nach dem Spiel umgehend zur Untersuchung ins Krankenhaus.

Immerhin wird Franck Ribery im ersten Heimspiel gegen Werder Bremen am kommenden Samstag (15.30 Uhr) voraussichtlich dabei sein. Beckenbauer ist froh, "mit Ribery noch Gewaltiges in der Hinterhand zu haben."

Die Wechselfrist dauert noch bis zum 31. August. Hoeneß erteilte weiteren Abwerbungsversuchen aus Spanien eine klare Absage: "Was Real Madrid macht, ist mir völlig wurscht. Franck Ribery wird auch am 1. September beim FC Bayern spielen. Da können sich die Herren von Real Madrid sonst wohin schießen. Jetzt gibt es keinen Preis mehr, zu dem wir verhandeln."

Wenigstens die Abteilung Attacke ist beim Stühlerücken nicht auf der Strecke geblieben.

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