Umgekrempelte Fohlen: Zittern verboten!

Von Torsten Adams
Borussia Mönchengladbach belegte in der vergangenen Bundesliga-Saison Tabellenplatz 15
© Getty

Wenige Tage vor dem Start der Bundesliga stellt SPOX alle 18 Klubs in der großen Vorschau-Serie vor - mit allen Transfers, Hintergründen und der Saison-Prognose. Diesmal: Borussia Mönchengladbach.

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Den Fohlen-Fans schaudert es immer noch bei der Erinnerung an die vergangene Spielzeit. Nach einer mühsamen Aufholjagd entging die Borussia nur haarscharf dem bitteren Gang in die Zweitklassigkeit.

Dennoch schwebt die Vereinsgeschichte wie ein Damoklesschwert über dem VfL. Die Erwartungshaltung der Fans ist wie vor jeder Saison immens, über 25.000 Dauerkarten wurden bereits verkauft. Die Testspiele verliefen allerdings durchwachsen. Unterklassige Gegner wurden geschlagen, gegen Teams auf Augenhöhe gab's nicht viel zu holen.

Mit Neu-Coach Michael Frontzeck soll ein Gladbacher Jung die strauchelnde Borussia wieder auf Vordermann bringen. Der 45-Jährige ist in Gladbach geboren, wohnt noch dort und kickte schon als Jugendlicher für den Klub. "Wir wollen nichts mit dem Abstieg zu tun haben und eine stabile Saison spielen", gibt Frontzeck gegenüber SPOX die Marschroute für die neue Spielzeit vor.

Das ist neu

So einiges. Neben dem Austausch des Trainerstabes haben die Abgänge von Marko Marin, Alexander Baumjohann und Tomas Galasek große Lücken in das Mannschaftsgefüge gerissen.

Doch mit Juan Arango, Raul Bobadilla, Marcel Meeuwis, Thorben Marx und den beiden Talenten Roman Neustädter und Marco Reus hat Gladbach aussichtsreiche Verstärkungen in den Borussia-Park geholt (Gladbachs Kader im Überblick).

Vor allem Bobadilla hat schnell gelernt, was für einen Borussen-Profi wichtig ist. "Auf das Spiel gegen Köln freue ich mich sehr, das ist ein Superclasico."

Auch neu: Nach langer Zeit hat es Gladbach geschafft, wieder einen Hochkaräter an den Niederrhein zu lotsen. Arango erzielte in 183 Pflichtspielen für Mallorca 46 Tore und soll den Weggang von Marin kompensieren.

Die Taktik

Frontzeck trägt als ehemaliger Linksverteidiger der Borussia die Raute im Herzen. Auf dem Spielfeld behält er sich allerdings Variationen vor, versteift sich nicht krampfhaft auf ein System: "Ich halte die Systemdiskussion für total überbewertet. Entscheidend ist, wie die Mannschaft auf dem Platz gemeinsam das umsetzt, was man vorher besprochen hat. Wenn alle mitziehen, ist das System egal", sagt der 45-Jährige.

Dass Frontzeck taktisch flexibel agieren will, hat allerdings auch noch eine andere Ursache. Zum Saisonbeginn muss er neben Nichtabstieg-Versicherung Logan Bailly (Mittelfußbruch) auch auf Kapitän Filip Daems (Innenbandteilriss), Sturmtank Rob Friend (Fersen-OP) und Neuzugang Marcel Meeuwis (zwei Pflichtspiele Sperre) verzichten.

Sollten alle Leistungsträger fit sein, könnte Frontzecks Erfolgs-Formel ein 4-3-2-1 sein mit Meeuwis als gestandenem Mann vor der Abwehr, Bradley und Marx auf den Halbpositionen sowie Arango und Matmour, die um den Stoßstürmer Bobadilla herum wirbeln.

Mit Friend läge ein 4-4-2 mit Doppel-Sechs nahe und einer aus dem Mittelfeld-Trio Meeuwis/Bradley/Marx wäre überzählig.

Egal, wie letztlich die Formation aussieht: Eines stellt Frontzeck von vornherein klar: "Wenn ich sehe, dass etwas sehr gut funktioniert, ändere ich es nicht, nur weil Bayern München kommt. Wenn eine Mannschaft ein festes System hat, gibt das Kraft und Selbstvertrauen."

Der Spieler im Fokus

Juan Arango. Der Kapitän der venezolanischen Nationalmannschaft war bei Mallorca fünf Jahre Stammspieler und wurde von den Fans für seine unkonventionellen Tore vergöttert. "Da dürfen wir auch ein bisschen stolz sein, so einen Spieler zu Borussia geholt zu haben", sagte Frontzeck nicht zu Unrecht.

Spanien-Kenner Ricardo Moar schwärmt im Gespräch mit SPOX regelrecht vom 29-Jährigen: "Er ist zwar nicht der schnellste, aber er kann scharfe Flanken schlagen und vor allem: Er schießt Tore aus den unmöglichsten Winkeln und Entfernungen. Da wirst du verrückt. Der hält von überall drauf."

Arango kann im linken oder zentralen offensiven Mittelfeld spielen, hat eine gute Technik und eine überragende Übersicht. Bei der Borussia soll er laut Frontzeck eine Schlüsselrolle einnehmen: "Wir haben nach einem starken Linksfuß gesucht. Juan passt genau ins Konzept."

Hier das komplette Porträt von Juan Arango nachlesen!

Das Interview

SPOX: Sie kamen als Sechsjähriger mit Ihren Eltern nach Mainz, haben 15 Jahre lang für den FSV gekickt. Warum jetzt der Wechsel nach Gladbach?

Roman Neustädter: Ich bin jetzt 21 und denke, dass in meiner Karriere nun der nächste Schritt folgen muss. Gladbach hat eine große Tradition und gehört für mich zu den größten Klubs der Bundesliga. Es ist die beste Adresse für meine Entwicklung und ich werde versuchen, mich hier durchzubeißen.

Hier das ganze Interview mit dem Neuzugang nachlesen!

Die Prognose

Nach dem 15. Platz in der Vorsaison und dem haarscharfen Vorbeischrammen am Abstieg kann es eigentlich nur bergauf gehen. Dennoch tritt Frontzeck auf die Euphoriebremse: "Nach so einer Saison, in der man mit einem Bein schon in der 2. Liga stand, kann man nicht sagen, dass man jetzt sofort nach oben durchstartet."

Vieles wird bei den Fohlen davon abhängen, wie die Neuverpflichtungen einschlagen. Denn Meeuwis, Arango und Bobadilla sollen die neue starke Achse der Borussia bilden.

Der Fohlen-Kader hat allemal das Potenzial für einen Platz im Mittelfeld der Liga. Und der südamerikanische Torhunger von Bobadilla und Arango gepaart mit Frontzecks unaufgeregter Geradlinigkeit und Erfahrung im Abstiegskampf dürfte den Fans ein erneutes Bangen am Saisonende ersparen.

Dann wäre auch der größte Wunsch von Sportdirektor Max Eberl erfüllt: "Borussia Mönchengladbach soll ein ständiges Mitglied der Bundesliga werden und nicht immer zittern müssen."