HSV dreht fast verlorenes Spiel

Von Stefan Moser / Oliver Wittenburg
Bielefeld, HSV, Eilhoff, Mathijsen
© Getty

Mit einem Kraftakt konnte der Hamburger SV im Bundesliga-Spiel bei Arminia Bielefeld einen Zwei-Tore-Rückstand drehen und gewann am Ende mit 4:2. Mann des Spiels war der HSV-Abwehrspieler Bastian Reinhardt, der mit dem ersten Doppelpack seiner Karriere für die Wende sorgte.

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Was für ein Kraftakt! Kurz vor der Pause lag der Hamburger SV in der Bielefelder SchücoArena schon mit 0:2 zurück. Dann kam Bastian Reinhardt und drehte die Partie mit dem ersten Doppelpack seiner Karriere. Am Ende gewann der HSV etwas schmeichelhaft mit 4:2.

Vor 27.000 Zuschauern brachte Chris Katongo die Arminia in der 10. Minute in Führung. Der Neuzugang aus Sambia erzielte am 3. Spieltag damit seinen ersten Bundesligatreffer. Bereits sein viertes Saisontor erzielte dagegen Artur Wichniarek, der in der 37. Minute auf 2:0 erhöhte.

Zum ersten Mal seit neun Jahren allerdings drehte der HSV einen 0:2-Rückstand noch zu einem Sieg. Nach Reinhardts Doppelschlag (40., 50.) brachte Ivica Olic die Elf von Martin Jol in Führung. Für den 4:2-Endstand sorgte schließlich David Jarolim (77.).

Der SPOX-Spielfilm:

5.: Riesenchance für die Arminia: Lange Flanke von rechts, wo Jansen zu weit aufgerückt war, in der Mitte verschätzt sich Demel, und Katongo kommt frei zum Schuss. Der Ball knallt an den Innenpfosten.

9., 1:0, Katongo: Was für ein Ei aus HSV-Sicht: Lamey mit dem Freistoß aus dem rechten Halbfeld. Mathijsen produziert eine fürchterliche Kerze, Rost und Demel behindern sich gegenseitig, sodass Wichniarek mit dem Kopf auf Katongo ablegen kann. Katongo feiert akrobatisch sein Premierentor in der Bundesliga.

19.: Überfallartig kommt die Arminia: Halfar schickt Wichniarek in den Strafraum, der von halblinks blitzschnell aufs kurze Eck zielt. Rost ist aber zur Stelle.

25.: Fast der Ausgleich! Wichniarek schlägt nach einer HSV-Ecke ein Luftloch, Reinhardt bedient de Jong, der aus elf Metern abzieht. Eilhoff wirft sich in den Schuss. Erste richtig gute HSV-Chance.

37., 2:0, Wichniarek: 2:0. Unglaublich, wie einfach das ging: Zwerg Halfar gewinnt gegen den Riesen Reinhardt ein Kopfballduell im Mittelkreis, bedient Wichniarek und der rennt 40 Meter Richtung Tor, lässt dabei Mathijsen einfach stehen und trifft von halbrechts flach links unten.

40., 1:2, Reinhardt: Hamburgs Abwehr rehabilitiert sich mit dem Anschlusstreffer. Langer Schlag von Mathijsen, Demel legt vor und Reinhardt schiebt ein. Keiner weiß, was der Ex-Bielefelder Reinhardt im gegnerischen Fünfter suchte...

50., 2:2, Reinhardt: Trochowski flankt hübsch von rechts, und es ist erneut Bastian Reinhardt, der für den HSV trifft. Diesmal per Kopf.

64., 2:3, Olic: Der HSV hat das Ding jetzt komplett gedreht: Olic trifft aus kurzer Distanz nach super Vorarbeit von Guerrero, der Rüdiger Kauf im Strafraum nass macht.

70.: Dicke Chance für Bielefeld! Kamper packt den Hammer aus und trifft aus 25 Metern nur die Latte. Den Abpraller kriegt Katongo, doch der scheitert an Rost.

76., 4:2, Jarolim: Bielefeld geht immer mehr die Puste aus. Jarolim trifft aus der Distanz, sein Schuss wird noch von Bollmann abgefälscht.

So lief das Spiel: Wie zu erwarten: Hamburg von Beginn an mit deutlich mehr Ballbesitz, allerdings ohne den letzen Biss. Ganz anders die Bielefelder: Die Arminia stand tief, gewann die wichtigen Zweikämpfe und schaltete blitzschnell über die Außen in den Angriff um. Weil die quirligen Katongo und Wichniarek auch spielerisch überzeugten, ging die Halbzeitführung völlig in Ordnung.

Nach der Pause kam Hamburg deutlich aggressiver auf den Platz und war sichtlich bemüht, das Spiel noch zu drehen. Vor allem nach der Führung spielte der HSV seine spielerische Überlegenheit aus, während bei Bielefeld die Kräfte schwanden. Weil die Arminia aber weiterhin vereinzelt zu Torchancen kam, fiel der Sieg für Hamburg am Ende zu hoch aus.

Star des Spiels: Bastian Reinhardt. Im Alleingang rehabilitierte der Abwehrmann die insgesamt schwache Viererkette der Hamburger. Mit dem ersten Doppelpack seiner Karriere sorgte Reinhardt für die Wende im Spiel. Besonders bemerkenswert: Das 1:2 erzielte der 32-Jährige mit dem Fuß - eine absolute Rarität.

Gurke des Spiels: Joris Mathijsen. Der Abwehrchef des HSV war bei beiden Gegentoren maßgeblich beteiligt. Mit einem Querschläger am eigenen Strafraum leitete er das 0:1 durch Katongo ein. Beim 0:2 ließ er sich von Wichniarek wie ein Schuljunge einfach überlaufen. Mildernde Umstände: Sein langer Ball kurz vor dem Pausenpfiff leitete den Anschlusstreffer durch Reinhardt ein. In der zweiten Halbzeit steigerte sich der Niederländer und agierte gewohnt souverän. 

Lehren des Spiels: Marcell Jansen kam ohne Spielpraxis und ohne Selbstvertrauen aus München nach Hamburg. Beides merkte man ihm deutlich an: Jansen war noch nicht die erhoffte Verstärkung. Insgesamt ist der HSV noch immer in einer Art Selbstfindungsphase. Am Bemühen um Ballbesitz und schnellem, kurzen Spiel ist die Handschrift von Trainer Martin Jol bereits deutlich zu erkennen.

Allerdings bringt sich die unerfahrene Mannschaft immer wieder durch individuelle Fehler ins Hintertreffen. Doch sollten die Neuzugänge  - Alex da Silva und Thiago Neves standen noch nicht im Kader - wie erhofft funktionieren und dem HSV mehr Souveränität und Ausstrahlung verleihen, kann Hamburg weiter ganz oben mitspielen.

Bielefeld dagegen wird wohl wie immer gegen den Abstieg spielen. Die Niederlage war zwar durchaus unglücklich, aber sie zeigte auch, dass die Arminia nicht die Substanz im Kader hat, um einen 2:0-Vorsprung über die Zeit zu bringen. Vor allem in der Defensive fehlt die Qualität. Das Offensiv-Duo Wichniarek / Katongo dagegen funktioniert bislang hervorragend. Spielerisch ist Bielefeld deutlich stärker als in der vergangenen Saison.