War's das für Klinsmann?

Von Thomas Gaber / Haruka Gruber
Matchwinner Halil Altintop (r.) hatte 33 Ballkontakte. 20 seiner 25 Pässe kamen an
© Getty

Der FC Bayern München hat durch die 0:1 (0:1)-Niederlage gegen den FC Schalke 04 am 29. Spieltag der Bundesliga einen herben Rückschlag im Kampf um die deutsche Meisterschaft hinnehmen müssen.

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Vor 69.000 Zuschauern in der ausverkauften Allianz Arena erzielte Halil Altintop das Siegtor für die Knappen, die unter dem Interimstrainertrio Mike Büskens, Youri Mulder und Oliver Reck in der Bundesliga weiterhin ungeschlagen bleiben. Für Schalke war es der vierte Sieg in Folge.

Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann musste einmal mehr heftige "Klinsmann raus"-Rufe ertragen. Zu allem Überfluss flog Franck Ribery mit einer Gelb-Roten Karte vom Platz.

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Spiel: Bayern wie zuletzt im 4-5-1. Ze Roberto kehrt in die Startelf zurück, Schweinsteiger muss auf die Bank (Knieprobleme). Schalke beginnt mit der Siegermannschaft des 4:0 gegen Energie Cottbus. Einzige Änderung: Krstajic für den verletzten Bordon.

3.: Bayern drückt. Ribery passt auf Toni, der Italiener will per Hacke Doppelpass spielen, doch Rafinha ist aufmerksam und spitzelt vor Ribery den Ball weg.

17.: Erste Mini-Chance. Bayern-Ecke von links, Toni streift den Ball am kurzen Fünfer-Eck mit dem Kopf, bekommt aber keinen Druck dahinter.

21., 0:1, Halil Altintop: Pander führt eine Ecke von rechts aus, zentral vier Meter vor dem Tor setzt sich Altintop gegen den allzu passiven Ottl durch und nickt ein. Butt bleibt auf der Linie kleben, obwohl der Ball in den Fünfmeter-Raum flog.

35.: Ribery im Eins-gegen-Eins mit Krstajic im 16er, Ribery will den Serben auswackeln, Krstajic bleibt einfach stehen, so dass der Franzose einfach durch die Beine des Schalkers schießt. Neuer passt aber auf und hält sicher.

37.: LATTE! Sosa mit einem schönen Freistoß aus 18 Metern, Neuer ist geschlagen, der Ball klatscht aber nur ans Quergebälk.

38.: Jetzt ist Feuer drin. Jones mit dem Gegenstoß, beim Sprint wehrt er sich gegen van Bommel, indem er ihm die Hand ins Gesicht schlägt. Dennoch nur Gelb. Hätte aber auch Rot sein können.

46.: Van Bommel packt aus 16 Metern den Hammer aus, doch Neuer pariert das zugegeben unplatzierte Geschoss.

53.: Fast das 2:0! Pander kann unbedrängt aus 22 Metern schießen, Butt lässt den Ball nach vorne abprallen, Demichelis klärt gerade noch so vor Kuranyi.

70.: Gelb-Rot für Jones! Und so was von zu Recht! Obwohl Jones vorher schon dunkelgelb gesehen hat, mäht er van Bommel von hinten nieder.

76.: Gelb-Rot für Ribery! Ebenso völlig berechtigt! Der Franzose verliert den Ball an Farfan und foult den Peruaner, obwohl der Ball längst weg war.

93.: Mit der letzten Aktion scheitert Hamit Altintop mit einem Distanzschuss an Neuer. Das Spiel ist vorbei!

So lief das Spiel: Die ersten zehn Minuten gehörten den Bayern. Die Gastgeber griffen die Schalker weit in deren Hälfte an, waren aggressiver und gewannen die wichtigen Zweikämpfe. Schalke gab gewonnene Bälle umgehend wieder her und wurde immer wieder über die Außenpositionen ausgehebelt.

Nennenswerte Torchancen konnten sich die Bayern aber nicht herausspielen. Nach einer knappen Viertelstunde wurde Schalke präsenter und wagte die ersten gefährlichen Vorstöße. Das 0:1 durch Halil Altintop fiel dennoch aus heiterem Himmel. In der Folge konnten die Bayern ihr Anfangstempo nicht halten. Die letzte Viertelstunde vor der Pause war eine einzige Fehlpassorgie.

Bayern nach dem Wechsel mit Dampf und der besten Chance durch van Bommel. Das war's dann aber mit der bayrischen Herrlichkeit. Was die Bayern bis zum Abpfiff boten, war nahe einer Frechheit. Schalke beschränkte sich auf die Defensive und schaltete die Bayern mühelos aus.

Der Star des Spiels: Mladen Krstajic. Nach seiner frühen Gelben Karte lieferte der Serbe eine erstklassige Leistung ab. Krstajic hielt seine Viererkette zusammen und nahm Luca Toni ohne Mätzchen, dafür mit erstaunlicher Abgeklärtheit komplett aus dem Spiel. Auch Bayerns zweiter Stürmer Podolski machte keinen Stich gegen Krstajic.  

Die Gurke des Spiels: Luca Toni. Gewiss, als Alleinkämpfer im Bayern-Sturm hatte der Italiener einen schweren Stand. Doch der Italiener versagte auf ganzer Linie. Toni verlor fast jeden Zweikampf, verstand es zu keinem Zeitpunkt, sich von seinen Kletten Westermann und Krstajic zu lösen und schoss nicht einmal aufs Tor.

Zumal er als "Wandspieler" schlicht überfordert war. In der zweiten Halbzeit bekam Toni Unterstützung von Lukas Podolski - ohne jegliche positive Wirkung.   

Die Lehren des Spiels: Unbändigen Willen, Einsatz und Biss hatte Bayerns Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge vor dem Spiel gefordert und Kapitän Mark van Bommel sechs Siege bis Saisonende versprochen. Heraus kam gegen Schalke eine weitgehend desolate Vorstellung. Nach einem vernünftigen zehnminütigen Aufgalopp ließen die Münchner viel vermissen.

Das Angriffsspiel? Einfallslos. Aufbäumen gegen die drohende Niederlage? Mitnichten. Nervenstärke im Meisterrennen? Nicht vorhanden - siehe Riberys Platzverweis.

Klinsmanns in den letzten Wochen bevorzugtes 4-5-1 ging gegen sehr disziplinierte Schalker nicht auf. Toni war im Sturmzentrum bestens aufgehoben, die vielen hohen Bällen auf den Italiener landeten stets beim Gegner.

Die drei offensiven Mittelfeldspieler Ribery, Sosa und Ze Roberto wechselten zwar oft die Positionen, rückten aber viel zu selten nach. Vor allem in der zweiten Halbzeit wirkten die Bayern hypernervös, spielten haarsträubende Pässe und fanden keine Mittel, den Schalker Riegel zu knacken.

Der eingewechselte Lukas Podolski wirkte extrem lustlos. Zu allem Überfluss patzte der zuletzt so souveräne Torhüter Jörg Butt beim 0:1, als er bei Panders Ecke unverständlich auf der Linie verharrte.

Schalke dagegen spulte sein Pensum cool herunter. Büskens und Mulder haben der Mannschaft einen einfachen, aber erfolgreichen Stil beigebracht. Spielerisch ist Königsblau zwar weiterhin begrenzt, der Ball wird aber in den eigenen Reihen gehalten, bis sich eine Lücke bietet und die schnellen Außenspieler Pander, Farfan und Sanchez in Posiition gelaufen sind.

Die Abwehr stand bombig, Torhüter Neuer spielte (fast) ohne Fehl und Tadel. In dieser Form stehen die Chancen gut, in der nächsten Saison Europacup zu spielen. 

Bayern - Schalke: Daten & Fakten