Raffael macht Hoeneß froh

Von Florian Bogner / Christian Günthner
Der geht rein! Josip Simunic (ganz links) traf per Bogenlampe zum 1:1-Ausgleich für Berlin
© Getty

Hertha BSC Berlin hat am 28. Spieltag der Bundesliga mit einem 2:1 (0:1)-Sieg über Werder Bremen seine schwarze Serie gegen die Hanseaten beendet und sich im Kampf um die UEFA-Cup-Plätze zurück gemeldet.

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Vor 68.022 Zuschauern im Berliner Olympiastadion gingen die ersatzgeschwächten Gäste durch Nationalspieler Per Mertesacker Ende der ersten Halbzeit verdient in Führung (43.) und hätten in der Folge den Sack zumachen können.

Die Hertha fand erst in der Schlussphase ins Spiel und stellte die Partie durch Tore von Josip Simunic (71.) und Raffael (87.) in den letzten Minuten noch auf den Kopf. Zuvor hatte Berlin in der Liga fünf Mal in Folge gegen Bremen verloren. Nach drei Niederlagen in Serie verteidigte die Hertha durch den elften Heimsieg der Saison Platz vier vor dem VfB Stuttgart.

Frings: "Wir sind einfach zu dumm"

"Nach so vielen Niederlagen ist es wichtig, wieder drei Punkte zu holen. Das spricht für unsere Kraft, die Mannschaft und den Teamgeist", freute sich Herthas Pal Dardai, der den Ausgleich vorbereitet hatte. Hertha-Manager Dieter Hoeneß war einfach nur erleichtert: "Mir ist ein ganz schöner Brocken, so eine halbe Zugspitze, vom Herzen gefallen."

Bremens Bester Torsten Frings hatte nur ein Wort für die Schlussphase der Werderaner übrig: Dummheit. "Wir sind einfach zu dumm. Wir haben Hertha beide Tore geschenkt. Wir haben unsere Chancen nicht genutzt und dumm gespielt. Dann verliert man so ein Spiel, in dem der Gegner eigentlich keine Chance hat", so der Nationalspieler.

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Die Hertha ohne die Stammspieler Woronin (Rot-Sperre), Ebert (Gelb-Sperre) und Friedrich (Meniskus-OP), dafür mit Kacar im defensiven Mittelfeld und Pantelic im Sturm. Links hinten verteidigt Cufre, Rodnei sitzt nur auf der Bank.

Bremens Coach Schaaf schont Diego (Oberschenkel), Özil (Knie) und Boenisch (Fuß) für die kommenden Aufgaben gegen Hamburg. Rechts verteidigt Prödl - Fritz dafür ausnahmsweise links. Im Mittelfeld setzt Schaaf ungewohnt auf eine Doppel-Sechs, Tziolis und Hunt besetzen die Außen. Vorne spielt diesmal Rosenberg, Almeida sitzt draußen.

3.: Pantelic tankt sich rechts bis an die Grundlinie durch und serviert für Kacar auf den Elfmeterpunkt. Der Serbe schlägt ein Luftloch und bugsiert den Ball im zweiten Versuch dann über die Latte.

25.: Raffael flankt von halblinks auf den Elferpunkt. Cicero ist da, köpft platziert nach rechts unten. Pfosten, Wieses Hand, der Ball springt raus. Pantelic beim Nachsetzen im Abseits.

30.: Fritz lässt Stein links aussteigen, flankt mit rechts an den langen Pfosten. Hunt legt per Kopf in die Mitte zurück, Baumann säbelt den Ball freistehend aus sechs Metern über das Tor.

35.: Frings rechts im Mittelfeld mit Platz, chippt den Ball mit links auf den zweiten Pfosten. Stein pennt, Tziolis läuft ein, köpft aber aus vier Metern knapp links vorbei.

41.: Hunt flankt von links. Pizarro lässt den Ball durch, Prödl rauscht von hinten an. Strich aus 15 Metern, Drobny reißt die Fäuste hoch und pariert stark.

43., 0:1, Mertesacker: Ecke Frings von links. Von Bergen verlängert unfreiwillig am kurzen Pfosten. In der Mitte fällt der Ball an Mertesackers Hand und Kacars Arm. Mertesacker läuft nach vorne, Dardai schießt auf der Linie Mertesacker an, Drobny kommt zu spät, der Ball kullert über die Linie. Gurkentor.

48.: Naldo mit einem 60-Meter-Solo und zwischendurch einem Doppelpass mit Rosenberg. Naldo dringt von rechts in den Strafraum ein, wird von Cufre gehalten und geht zu Boden. Rafati sagt: Weiterspielen.

60.: Frings flankt von links auf den langen Pfosten. Tziolis' Seitfallzieher bringt den Ball irgendwie zurück in die Mitte auf Niemeyer. Der köpft den Ball freistehend um Millimeter über den rechten Winkel.

71., 1:1, Simunic: Aus dem Nichts. Raffael schickt Dardai links raus, der flankt in die Mitte. Simunic köpft im Rückwärtslaufen vom kurzen Pfosten per Bogenlampe aufs lange Eck - das Ding fällt oben rein. Null Chance für Wiese.

76.: Kacar mit einem rüden Foul gegen Mertesacker, kommt da viel zu spät. Rafati lässt Gnade vor Recht ergehen und lässt Gelb-Rot stecken.

83.: Raffael flankt von rechts auf den Elfmeterpunkt. Chermiti steigt hoch und kommt frei zum Kopfball. Wiese reagiert nicht, der Ball prallt an den rechten Pfosten.

87., 2:1, Raffael: Berlin kontert Bremen aus. Chermiti holt sich den Ball gegen Naldo und spielt eigentlich schlecht auf Raffael quer. Aus 21 Metern muss er dann schießen. Mertesacker fälscht ab und in hohem Bogen landet der Ball im rechten Eck. 5. Saisontor.

So lief das Spiel: Hertha zunächst ohne Mumm, Bremen deswegen in Halbzeit eins mit mehr Ballbesitz. Berlin hatte zwar die ersten zaghaften Möglichkeiten, gab den Ball ansonsten aber viel zu schnell ab. Nach gut einer halben Stunde riss Werder das Ruder endgültig an sich und ging durch Mertesackers Stochertor verdient in Führung. Nachweis für Bremens Überlegenheit in Durchgang eins: 55 Prozent Ballbesitz und 8:3-Ecken.

Herthas Sommerkick wurde auch zu Beginn des zweiten Durchgangs nicht besser. Bremen schaffte es, die Gastgeber mit wenig Aufwand vom eigenen Tor wegzuhalten und hätte beinahe durch Niemeyer für die Vorentscheidung gesorgt. Erst in den letzten 25 Minuten packte die Hertha eine Schippe drauf. Simunic' Kunstkopfball zum glücklichen Ausgleich gab Berlin nochmal die zweite Luft, Raffaels Kunstschuss stellte den Spielverlauf dann vollends auf den Kopf.

Der Star des Spiels: Raffael, nicht nur wegen seines Siegtores. Der Brasilianer war das einzig belebende Element der Hertha-Offensive, brachte fast alle Zuspiele an den Mann und riss die Hertha in der Schlussphase nochmal rum, als eigentlich alles auf einen Bremer Sieg hinaus lief.

Die Gurke des Spiels: Marko Pantelic und die Hertha - das passt irgendwie nicht mehr. Von den Fans geliebt, erfährt er eigentlich Woche für Woche, dass er für die sportliche Leitung nur noch ein Lückenfüller für Andrej Woronin ist. Argumente für sich dürfte er auch in diesem Spiel nicht gesammelt haben. Null Torschüsse, nur ein gewonnener Zweikampf, nicht mal 30 Ballkontakte - Favres Auswechslung nach 61 Minuten war hart, aber vertretbar. Und erst als Pantelic weg war, fielen die Hertha-Tore.

Die Lehren des Spiels: Bremen kam eigentlich nur zum Warmspielen für Hamburg kurz mal in Berlin vorbei - dass Diego und Özil gar nicht erst mit reisten, war ein klares Indiz dafür. Die Hertha bot den Bremern jedoch über eine Stunde lang viel zu viel Platz an und zwang die Gäste damit, nach vorne zu spielen.

Vor allem über die rechte Abwehrseite mit dem indisponierten Stein hatte Berlin immer wieder Probleme, in der Mitte bekamen Dardai und Kacar den starken Frings überhaupt nicht in den Griff. Dazu ging der Hertha-Abwehr ohne Friedrich weiterhin die Sicherheit bei hohen Bällen ab. Von Bergen sprang mehrfach unter Eckbällen hindurch und war auch sonst Unsicherheitsfaktor in der Zentrale.

Gut, dass der bärenstarke Simunic ein ums andere Mal Feuerwehrmann spielte und Werder aufgrund der folgenden Aufgaben in DFB-Pokal und UEFA-Cup nach 60 Minuten das Fußballspielen vollkommen einstellte.

Den Bremern muss man so den klaren Vorwurf machen, nach der Führung gegen verunsicherte Herthaner nicht noch druckvoller auf das 2:0 gespielt zu haben und sich in der Schlussphase auch noch dilettantisch auskontern zu lassen.

Hertha - Bremen: Daten & Fakten