"Müssen endlich den Arsch hochkriegen"

Von Thomas Gaber/Rene Scheufen
Rene Adler gewann mit Bayer Leverkusen nur zwei der letzten neun Bundesligaspiele
© Getty

Hannover 96 hat sich durch einen verdienten 1:0 (1:0)-Sieg gegen Bayer Leverkusen am 22. Spieltag der Bundesliga aus der Abstiegszone etwas befreit. Das Tor des Tages für die Mannschaft von Trainer Dieter Hecking erzielte Arnold Bruggink (33.).

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Leverkusen kassierte vor 32.000 Zuschauern in der AWD-Arena bereits die dritte Niederlage in der Rückrunde und ist somit erstmal raus aus dem Meisterschaftsrennen. Zudem blieb die Elf von Trainer Bruno Labbadia erstmals in dieser Saison auswärts ohne Tor.

Adler vs. Völler

Bayer-Keeper Rene Adler war hinterher gar nicht gut auf seine Mitspieler zu sprechen. "Phlegma beschreibt es vielleicht richtig. Jeder muss wissen, dass Fußball ein Kampfspiel ist. Das Phänomen gibt es schon länger bei Bayer. Immer wenn es nicht so läuft, wehren wir uns zu wenig. Wir müssen jetzt endlich den Arsch hochkriegen", polterte der Nationaltorhüter.

Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler wusch Adler daraufhin gehörig den Kopf: "Mein guter Rat an den talentierten Nationaltorwart ist, sich mal an die eigene Nase zu fassen. Als er vor ein paar Wochen mal ein paar Bälle nicht gehalten hat, hat auch keiner seiner Mitspieler was gesagt."

Völler kündigte ein klärendes Gespräch mit Adler an.

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Spiel: 96 im Vergleich zum 2:3 in Mönchengladbach mit zwei Änderungen. Cherundolo ersetzt Pinto, Andreasen rückt ins defensive Mittelfeld. Schlaudraff spielt für Forsell als einzige Spitze. Bei Leverkusen kommen Sinkiewicz und Sarpei für die Gelb-gesperrten Henrique und Castro in die Startelf.

18.: Starke Szene der Gastgeber: Balitsch läuft den Leverkusenern auf und davon und legt zentral auf Schlaudraff ab. Der Stürmer zieht flach aufs linke Eck, aber Adler streckt sich und klärt zur Ecke.

24.: Barnetta flankt von der linken Seite in den Fünfer, Vidal steht einsam und verlassen, doch der Chilene kann die Kugel nicht in Enkes Tor unterbringen.

33., 1:0, Bruggink: Schlaudraff wird im Sechzehner mustergültig bedient, behält die Ruhe und passt auf den freistehenden Bruggink, der ganz cool zu seinem ersten Saisontreffer einnetzt. Da sah die Hintermannschaft um Friedrich und Sinkiewicz gar nicht gut aus.

42.: Schlaudraff zieht aus 18 Metern ab, der Ball wird für Adler tückisch, weil er kurz aufsetzt. Adler klatscht nur nach vorne ab, Stajner hält drauf, die Kugel kommt nicht durch - dritter Versuch durch Schulz, der drischt vorbei.

62.: Krzynowek mit einem seiner gefürchteten Distanzschüsse. Adler ist aber auf dem Posten und pariert das Pfund des Polen.

75.: Schlaudraff mit bärenstarker Ballbehauptung auf Stajner, der flankt auf den zweiten Pfosten. Da steht Balitsch und nimmt den Ball volley, Adler kann nur die Hand hinhalten, sodass Bruggink zum Schuss kommt. Dessen Pfund landet aber im Außennetz - ganz stark gespielt!

77.: Debüt für Toni Kroos im Bayer-Trikot: Friedrich muss verletzt vom Feld getragen werden.

79.: Dicke Chance für Vidal: Kießling legt mit dem Kopf auf den Chilenen ab. Der aber hebt den Ball sowohl über Enke, als auch über das Tor.

So lief das Spiel: Die defensiv aufgestellten 96er zogen sich zu Beginn zurück und überließen Leverkusen die Initiative. Bayer fiel im Angriff jedoch nichts ein gegen die tief stehenden Hausherren. Nach zehn Minuten legte 96 seine Zurückhaltung ab und setzte die lethargisch wirkenden Gäste mehr und mehr unter Druck. Logische Folge: Die erste gute Torchance von Schlaudraff (18.).

Bei Bayer funktionierte nichts. Das kreative Mittelfeld verlor praktisch jeden Zweikampf. Die Stürmer Helmes und Kießling waren viel unterwegs, jedoch meist umsonst. 96 wurde von Minute zu Minute stärker und wurde mit dem Führungstor durch Bruggink belohnt.

Nach dem Wechsel änderte sich wenig. 96 machte die Räume dicht und lauerte auf Konter, Leverkusen wirkte weiterhin pomadig. Erst durch die Einwechslung von Sascha Dum für den schwachen Sarpei kam etwas Bewegung ins Bayer-Spiel. Leverkusen erspielte sich in der Endphase einige Chancen, doch 96-Keeper Enke und etwas Glück verhinderten den Ausgleich. Vom eingewechselten Toni Kroos ging keine Initiative aus.

Der Star des Spiels: Jan Schlaudraff. Hatte als einzige 96-Spitze keinen leichten Job, erledigte diesen aber mit Bravour. Immer in Bewegung, intelligent gewählte Laufwege, technisch perfekte Ballannahme und -verarbeitung und obendrauf eine Sahne-Vorarbeit zu Brugginks Führungstor.

Die Gurke des Spiels: Arturo Vidal. Der Chilene fiel diesmal zwar nicht durch Motzen und eklige Fouls auf, doch seine fußballerische Leistung in Hannover war richtig schwach. Vidal setzte wenig Akzente im Offensivspiel, verlor die meisten Zweikämpfe und pennte beim 0:1, als er das Abseits aufhob.

Die Lehren des Spiels: Der Plan von 96-Trainer Deiter Hecking ging perfekt auf. Die defensiven Mittelfeldspieler Balitsch und Andreasen sollten Leverkusens kreativem Mittelfeld durch ständiges Attackieren und intelligentem Verschieben den Raum zum Kombinieren nehmen - Mission erfüllt.

Der technisch starke Bruggink sollte die Bälle im Mittelfeld verteilen, immer wieder nachrücken und so Schlaudraff im Sturm unterstützen - Mission erfüllt. Eine konzentrierte Abwehr und ein sicherer Rückhalt Enke vollendeten das Gesamtkunstwerk.

Leverkusen dagegen enttäuschte auf ganzer Linie. Das spielstarke Mittelfeld stand gegen die aggressiven Hausherren auf verlorenem Posten, Helmes und Kießling hingen permanent in der Luft. 

Das schnelle Passspiel über die Außen fand nicht statt und wenn sie mal durchkamen, war der Abschluss zu schwach. Alles Indizien, warum Leverkusen die zweite Niederlage in Folge kassierte und erstmals in dieser Saison auswärts kein Tor erzielte.

Hannover - Leverkusen: Daten und Fakten