Berlin ist neuer Tabellenführer

Von Florian Bogner/Thomas Gaber/Philipp Dornhegge
Andrej Woronin (hier im Duell mit Mark van Bommel) schoss seine Saisontore fünf und sechs
© Getty

Hertha BSC Berlin hat durch einen 2:1 (0:0)-Sieg gegen den FC Bayern München am 20. Spieltag der Bundesliga die TSG 1899 Hoffenheim an der Tabellenspitze abgelöst. Andrej Woronin erzielte beide Treffer (38./77.) für die Mannschaft von Trainer Lucien Favre. Miroslav Klose hatte mit seinem neunten Saisontor für die Bayern zwischenzeitlich ausgeglichen (61.).

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Für die Bayern und Trainer Jürgen Klinsmann war es vor 74.244 Zuschauern im ausverkauften Berliner Olympiastadion die zweite Auswärtspleite in Folge und die vierte Niederlage der Saison.

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Spiel: Hertha beginnt ersatzgeschwächt. Cicero wegen der fünften Gelben Karte gesperrt, Marko Pantelic verletzt. Jaroslav Rodnei und Marco Babic spielen von Beginn an. Die Bayern zum vierten Mal in Folge mit der gleichen Aufstellung. Das gab es zuletzt 1993 unter Erich Ribbeck.

11.: Das erste Mal wird es brenzlig: Simunic setzt sich in der Abwehr gegen zwei Leute durch, und plötzlich geht es ganz schnell. Über Nicu kommt der Ball auf der rechten Seite zu Woronin, der sofort flach nach innen spielt. Aber der Pass ist zu steil, außerdem stand Rafael im Abseits.

20.: Endlich mal ein Torschuss. Ebert versucht es aus 20 Metern einfach mal. Auch wenn der Ball harmlos ist und deutlich vorbei geht: Man freut sich über jede Torszene.

31.: Wenigstens gibt es mal eine Ecke. Ebert tritt an...und Dardai lässt am Sechzehner einen Hammer ab! Rensing hätte keine Chance gehabt, aber Ze Roberto kann auf der Linie klären. Das war sie, die erste große Chance zur Führung!

35.: Toni muss raus, das Sprunggelenk zwickt. Donovan ersetzt den Italiener.

38., 1:0, Woronin: Ebert flankt von der Mittelinie, eigentlich dürfte hier gar nichts passieren. Aber Lell war die Partie bisher wohl zu langweilig. Am langen Pfosten wartet der Verteidiger ab und Woronin kann problemlos einköpfen. Der Ball war so lange unterwegs, vielleicht hätte da auch Rensing eingreifen können.

54.: Ze Roberto flanktvon rechts mit links, Donovan kommt aus zehn Metern zum Kopfball. Die Kugel geht platziert aufs rechte Eck, aber die Hertha hat mit Drobny einen Teufelskerl im Kasten. Der Keeper holt die Pille aus dem Giebel.

61., 1:1, Klose: Nach drei Versuchen ist der Ball drin! Erst lässt Lucio aus zentraler Position einen Flatterball ab, den Drobny nur nach vorne abklatschen lässt. Schweinsteiger drischt die Kugel aus zwei Metern voll auf Drobny. Im Fallen boxt der Keeper Klose den Ball auf den Kopf und der lässt sich aus fünf Metern nicht zweimal bitten.

71.: Nach toller Ballannahme von Klose im Mittelfeld schnappt sich Ribery das Leder, sprintet Stein und steckt durch auf Donovan. Der scheitert kläglich an Drobnys linkem Fuß.

77., 2:1, Woronin: Stein gewinnt den Zweikampf und legt quer auf den überragenden Raffael. Der kann unbedrängt durch das komplette Mittelfeld marschieren. Perfekt getimt spielt er steil auf Woronin, der den Ball aus 14 Metern an Rensing vorbei ins Tor schiebt.

So lief das Spiel: Bayern in der ersten Hälfte mit zwei Drittel Ballbesitz, allerdings ohne Druck auf die zwei Viererketten der Hertha. Chancen ergaben sich auf beiden Seiten eher zufällig, die beste für die Gastgeber durch Dardai vereitelte Ze Roberto auf der Linie (30.).

Der Spielaufbau der Gäste verlief zu schleppend und wenn mal Räume da waren, brachte sich der Meister durch ungenaue Zuspiele selbst um die Chance. Aus heiterem Himmel fiel dann die Hertha-Führung, weil sich Rensing und Lell uneins waren.

Der zweite Durchgang begann mit der Großchance zum Ausgleich, die Drobny stark zunichte machte (53.). Direkt nach Klinsmanns Umstellungen durch die Borowski-Einwechslung erzwang der Meister dann mit Brachialgewalt den Ausgleich durch Klose (61.).

Nach einer Stunde löste sich langsam die Feststellbremse der Bayern-Offensive. Ribery legte einen Gang zu und kreierte Chancen über links. Das Tor fiel aber wieder auf der anderen Seite: Woronin verwertete ein Raffael-Zuspiel eiskalt.

Damit war den Bayern endgültig der Zahn gezogen, in den letzten zehn Minuten geriet das Hertha-Tor nicht mehr ernsthaft in Gefahr.

Star des Spiels: Andrej Woronin. Vom einzigen echten Hertha-Stürmer war in der ersten halben Stunde nichts zu sehen. Doch als es drauf ankam, war der Ukrainer zur Stelle. Und zwar gleich zweimal. Erst nutzte er schlitzohrig das Missverständnis zwischen Rensing und Lell. Beim 2:1 ließ er Lucio in die falsche Richtung laufen und versenkte den Ball cool in die linke Ecke.

Gurke des Spiels: Christian Lell. Bayerns Rechtsverteidiger spielte nur Alibi-Pässe, schlug notorisch schwache Flanken und stellte sich bei Woronins Führungstor höchst dämlich an. Wurde nach 54 Minuten ausgewechselt. Die Position rechts in der Viererkette bleibt die Schwachstelle beim FC Bayern.

Lehren des Spiels: Spiele der Hertha sind keine Fußballfeste, dafür aber optimaler Anschauungsunterricht, wie man spielerisch stärkeren Teams die Lust am Spiel nimmt. Favre ließ diesmal das Mittelfeld mit einer "flachen Vier" spielen, die mit hohem Laufaufwand perfekt verschob und die Räume damit eng machte.

So fand der FC Bayern lange Zeit kein Mittel, die kompakt stehende Hertha über die Außen auszuhebeln. Die ansonsten so starke linke Seite der Bayern lahmte, Ribery war auf dem Flügel lange Zeit wie festgefroren. Um mehr Zuspiele zu bekommen, zog der Franzose vermehrt in die Mitte, bekam es dort aber sofort mit dem giftigen Dardai zu tun, der seine Sache grandios machte.

Mit der Hereinnahme von Borowski versuchte Klinsmann diesen Umstand zu ändern. Ze Roberto sollte von links hinten mehr Druck machen, Borowski dafür in der Zentrale vermehrt nach vorne stoßen. Das klappte dann auch besser, allerdings auf Kosten der defensiven Grundordnung.

Ze Roberto war vor dem 1:2 nicht auf dem Posten, Demichelis rückte auf Raffael auf und Lucio kam hinter Woronin nicht mehr hinterher - der entscheidende Fehler.

Hertha - Bayern: Daten & Fakten