FC Bayern München - Hansi Flicks Zukunfts-Entscheidung: Botschaften aus dem Schaufenster

Hansi Flick holte mit dem FC Bayern München in rund eineinhalb Jahren sieben Titel.
© getty

Der scheidende Trainer des FC Bayern München Hansi Flick nutzte das Meisterwochenende, um sich selbst ins Schaufenster des internationalen Trainer-Marktes zu stellen. Es deutet zwar alles auf eine Anstellung als Bundestrainer hin, aber welche Optionen hätte er theoretisch sonst noch?

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Hansi Flick hatte keine weißbiergetränkten Haare, keine heisere Stimme und auch keine grölenden Spieler am Hals hängen. Hansi Flick schaute eigentlich aus wie immer, als er nach dem 6:0-Sieg seiner Mannschaft gegen Borussia Mönchengladbach und der Fixierung des zweiten Bundesliga-Titelgewinns seiner rund eineinhalbjährigen Amtszeit zum Sky-Interview erschien.

Dass kein dritter Titel dazukommen wird, ist wegen seines feststehenden Abschieds nach der Saison klar. Noch nicht klar ist dagegen durchaus überraschenderweise weiterhin, wer sein nächster Arbeitgeber sein wird. Als Flick seinen Abschied vom FC Bayern verkündete, galt es ja als ausgemacht, dass er Joachim Löw nach der anstehenden Europameisterschaft als Bundestrainer beerben würde. "Das weiß ich noch nicht", sagte er nun aber mit trockenen Haaren und klarer Stimme. "Dazu ist viel gesagt worden, aber noch nicht alles."

Flick nutzte dieses Meisterwochenende, um sich selbst ins Schaufenster des internationalen Trainer-Marktes zu stellen und die Spekulationen über seine persönliche Zukunft anzuheizen. Vielleicht auch, um seine Verhandlungsposition mit dem intern zerstrittenen DFB zu stärken oder die Gespräche zu beschleunigen?

Der Bild am Sonntag verriet er, dass sein Abschied vom FC Bayern keine Reaktion auf Löws Rücktritt war, sondern bereits davor feststand. Schon bei der Pressekonferenz vor dem Gladbach-Spiel stellte Flick klar: "Alle fokussieren sich auf den DFB. Es gab schon Gespräche mit Oli (Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff, Anm. d. Red.), es gab aber auch schon andere Gespräche. Was die Zukunft betrifft, ist noch lange nichts entschieden. Ich warte ab. Schauen wir mal, wie es weitergeht."

Mit wem er diese "anderen Gespräche" geführt habe, verriet Flick selbstverständlich nicht. Immerhin aber verriet er die Rahmenbedingungen, die ihm ein potenzieller neuer Arbeitgeber bieten müsste: "Ich habe Lust, weiter Trainer zu sein und Lust, mit einer Mannschaft zu arbeiten, die in der Lage ist, Titel zu gewinnen." In anderen Worten: Hansi wünscht Ihnen viel Spaß beim Spekulieren!

Hansi Flick schwärmt von seinen Ex-DFB-Kollegen

Zunächst: Wenn Flick von Titeln spricht, dann spricht er nicht von einem sagen wir Oberliga-Titel. Zumal er den schon längst gewonnen hat, in der Saison 2000/01 mit der TSG Hoffenheim. Nach der Arbeit mit der wohl siegesbesessensten Mannschaft der Welt und dem Sextuple der vergangenen Saison kommen für Fick prinzipiell wohl nur Klubs aus Europas Top-5-Ligen mit Aussicht auf einen weiteren Champions-League-Titel oder Verbände mit Aussicht auf EM- oder WM-Titel in Frage.

Ein Wechsel zu einem anderen Verband als dem DFB gilt aber als ausgeschlossen. Immer wieder betonte Flick sein Vertrauensverhältnis zu seinen Ex-Kollegen Löw, Bierhoff und auch Torwart-Trainer Andreas Köpke, mit denen er schon von 2006 bis 2017 zusammenarbeitete. "Es gab eine enorme Wertschätzung, enorme Loyalität", erinnerte sich Flick. "Diese Dinge sind dort gegeben. Ich habe ein tiefes Vertrauen zu Oliver Bierhoff."

Wenn sein künftiger Arbeitgeber überraschenderweise doch nicht DFB heißen sollte, dann würde es wohl ein anderer Klub werden. Wo wäre die Schnittmenge aus entsprechenden Titelchancen und Bedarf an einem neuen Trainer gegeben?

Hansi Flick: In England passt die Schnittmenge nirgends

Paris Saint-Germain verpflichtete erst im Januar Mauricio Pochettino und kommt somit nicht in Frage. Dessen Vorgänger Thomas Tuchel arbeitet mittlerweile äußerst erfolgreich beim FC Chelsea, der somit auch raus ist. Fest vergeben sind in England auch die drei anderen vermeintlich interessantesten Posten. Pep Guardiola ist bei Manchester City ähnlich unumstritten wie Ole Gunnar Solskjaer beim Stadtrivalen United und Jürgen Klopp beim FC Liverpool.

Bleiben in England nur mehr die für Flick wohl eher semi-interessanten FC Arsenal und Tottenham Hotspur, die sich zwar selbst als Topklubs sehen (siehe Super-League-Teilnahme), in dieser Saison aber arg strauchelten und in der kommenden deshalb sicher und ziemlich sicher keine Champions-League-Teilnahmen zu bieten haben werden. Bei Arsenal steht Trainer Mikel Arteta zur Disposition, bei Tottenham ist Jose Mourinho längst entlassen und durch den 29-jährigen Interimstrainer Ryan Mason ersetzt. Trotz Verfügbarkeit wird Flick an diesen Posten aber wohl kein Interesse haben.

Keinen Bedarf haben auch Atletico Madrid mit seinem langjährigen Erfolgstrainer Diego Simeone, der FC Barcelona mit dem erst im vergangenen Sommer verpflichteten und halbwegs erfolgreichen Ronald Koeman (Copa del Rey, Chancen auf den Meistertitel) sowie Inter Mailand mit seinem neuen Meistertrainer Antonio Conte. Als zumindest halbwegs realistische neue Flick-Arbeitgeber bleiben neben dem DFB also: Juventus Turin und Real Madrid.

Juventus Turin und Real Madrid hätten womöglich Bedarf

Juve wurde in dieser Saison erstmals seit zehn Jahren nicht Meister und eine gewisse Schuld daran gibt man der seit einem Jahr als Trainer amtierenden Klublegende Andrea Pirlo. Einem Bericht der Gazzetta dello Sport zufolge soll er nach Saisonende abgelöst werden. Als vermeintliche Wunschlösung gilt sein Vor-Vorgänger Massimiliano Allegri, der Juve von 2015 bis 2019 zu fünf Titeln in Folge geführt hatte.

Seitdem pausiert Allegri und war schon mehrmals bei Real Madrid im Gespräch, das im Sommer womöglich ebenfalls einen neuen Trainer braucht. Zinedine Zidane steht nach einer womöglich titellosen Saison (Chancen gibt es nur mehr auf den Meistertitel) zwar nicht vor der Entlassung. Gemutmaßt wird aber, dass er nach 2018 zum zweiten Mal von sich aus zurücktreten könnte.

Sollte es so kommen, wäre die naheliegendste Lösung eine weitere Klublegende: Raul Gonzalez Blanco, der seit zwei Jahren Reals Reservemannschaft betreut - aber auch ein Kandidat bei Eintracht Frankfurt ist. Gehandelt wurden darüber hinaus auch schon der scheidende Bundestrainer Löw sowie besagter Allegri. Spuren zu Flick wurden aus Madrid bisher noch keine offengelegt, genau so wenig übrigens wie aus Turin.

Obwohl Anstellungen bei Juve oder Real zumindest vorstellbar erscheinen, deutet trotz aller Beteuerungen seinerseits nach einer offen Zukunft weiterhin alles auf eine Übernahme des Bundestrainerpostens hin. Der FC Bayern und der DFB hätten sich nach Auskunft der Funktionäre sogar bereits auf ein Freundschaftsspiel als Ablösezahlungs-Ersatz geeinigt.

"Hansi würde perfekt zum DFB passen und man kann ihnen nur empfehlen, diese Personalie schnell mit 'Okay' abzuhaken", sagte Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge. "Denn Hansi ist mit seinen sieben Erfolgen beim FC Bayern ein sehr nachgefragter Trainer. Es wäre am Ende des Tages ein Drama, wenn er ins Ausland und nicht zum DFB gehen würde."

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