FC Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge im Interview: "Es kann nicht im Interesse des FCB sein, Interna kundzutun"

Von Mario Rieker
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Wie nehmen Sie Davies als Mensch wahr?

Rummenigge: Ich verfolge ihn manchmal auf Instagram, der Junge ist schon sehr authentisch. Ich habe mir auch seine Vita genauer angeschaut und muss sagen, dass er genau das darstellt, was man von einem Fußballer in seinem Alter erwartet. Er kommt aus bescheidenen Verhältnissen, wird als großes Talent von einem Top-Klub gescoutet, sieht seine Chance und nimmt sie wahrsten Sinne des Wortes in seine Hände. Das tut uns allen gut. Die Leute sind natürlich begeistert von ihm. Im Stadion denke ich mir immer: Wenn der loslegt, läuft ihm niemand davon.

Für die internationale Vermarktung ist ein Spieler wie Davies sicherlich auch ein Zugpferd.

Rummenigge: Wie gesagt: Er ist ein Typ, der von 0 auf 100 hochgeschossen ist. Mittlerweile kennen ihn auch viele Fußballfans, die sich nicht mit der Bundesliga beschäftigen. Sein Dribbling gegen Barcelona ist weltweit über alle Kanäle gelaufen. Da haben sich sicherlich viele gedacht: Was ist das denn? Wer ist der Typ? Ich sage es mal so: Unser Büro in New York ist sicherlich sehr dankbar für Alphonso Davies.

Ein weiterer Spieler, der eine ähnlich steile Entwicklung beim FC Bayern hingelegt hat, ist David Alaba. Das sich hinziehende Theater um seinen Vertrag ist in den Medien omnipräsent. Wie geht es mit ihm weiter?

Rummenigge: Ich habe David vom ersten Tag an begleiten dürfen, als er damals aus Österreich zu uns gekommen ist. Ich erinnere mich noch sehr gut an den Moment, als Louis van Gaal ihm die erste Chance gegeben hat in der Champions League gegen Florenz, das war etwas Besonderes. Bei uns im Verein gibt es keine zwei Meinungen: Er ist nicht nur ein toller Fußballer, sondern auch ein toller Typ. Nach dem Spiel gegen Paris hatte ich den Eindruck, dass David der glücklichste Mensch auf dem Platz ist. Ich hoffe, dass wir am Ende des Tages eine Lösung finden, damit er auch in Zukunft bei Bayern München spielt. Alles andere möchte ich nicht in der Öffentlichkeit austragen. Dazu ist in dieser Woche wohl von beiden Seiten schon zu viel gesagt worden. Verhandlungen müssen meiner Erfahrung nach diskret ablaufen, um am Ende ein positives Ergebnis zu erzielen.

FC Bayern: Rummenigge mahnt Hoeneß wegen Alaba

Die harsche Kritik von Uli Hoeneß an Alabas Berater und Vater am Sonntagmorgen hätte es Ihrer Meinung nach also nicht gebraucht?

Rummenigge: Ich glaube nicht, dass wir das gebraucht haben. Ich kann mich nur wiederholen: Verhandlungen müssen meiner Erfahrung nach diskret und vertrauensvoll geführt werden. Erst wenn man ein finales Ergebnis hat, sollte man damit an die Öffentlichkeit gehen. Dass diese Vertragsverhandlungen nicht einfach werden würden, war von Anfang an klar. Es kann daher nicht im Interesse von Bayern München sein, Interna dieser Qualität coram publico kundzutun.

Am Freitag startet die neue Saison. Sie waren einer der Befürworter, dass die alte überhaupt zu Ende gespielt wurde. Wie haben Sie als einer der Entscheidungsträger bei der DFL die Kritik am Fußball und seiner vermeintlichen Sonderrolle in den ersten Monaten der Pandemie wahrgenommen?

Rummenigge: Ich finde nicht, dass der Fußball eine Sonderrolle eingenommen hat. Wir, die DFL, die 36 Klubs, haben gemeinsam ein tolles und tragfähiges Konzept erarbeitet, um den Spielbetrieb wieder aufzunehmen. Mein Wunsch war es immer, die Saison auf und nicht neben dem Rasen zu beenden. Ich hasse Entscheidungen am grünen Tisch, weil diese selten seriös, fair und vom Publikum erwünscht sind. Das Gütesiegel "Made in Germany" hat auch dank des Fußballs wieder etwas an Glanz gewonnen. Viele haben sich ein Beispiel an unserem Konzept genommen. Nicht nur die Italiener, Spanier oder Engländer, sondern auch Sportarten in Amerika. Das ist wichtig für die Bundesliga, wichtig für die deutsche Politik. Auch die Umsetzung unseres Konzepts hat nachweislich funktioniert. Fußballkultur bedeutet für mich aber auch Atmosphäre und Emotion. Wir arbeiten jetzt am Corona-Konzept 2.0. Der FC Bayern hat ein 50-seitiges Konzept erstellt mit allen Notwendigkeiten und gesundheitlichen Vorgaben. Wir sind also vorbereitet. Und ich bin überzeugt, dass es funktionieren wird.

Welche sportlichen Ziele hat der FC Bayern nach dem Triple-Sieg?

Rummenigge: Wir werden die Gejagten sein. Die Konkurrenz hat den Vorteil, dass sie einen entspannten Sommerurlaub verbringen durfte und mehr Vorbereitungszeit hatte. Unsere Spieler hatten, wenn überhaupt, nur zwölf Tage Urlaub, der Trainer konnte nur sieben- oder achtmal vernünftig trainieren lassen. Ich kenne unsere Mannschaft aber. Ihren Geist. Ihren Charakter. Wir werden da sein.

Rummenigge: Schalke kann "ein Stück weit überraschen"

Wie schätzen Sie Schalke 04 ein, den Gegner zum Bundesliga-Auftakt?

Rummenigge: Man liest, dass sie viele Probleme haben, vor allem finanzieller Natur. Ich glaube aber, dass Schalke 04 eine Mannschaft hat, die in dieser Saison ein Stück weit überraschen kann. Vielleicht tut ihnen die Leistungsdelle der vergangenen Rückrunde ganz gut. Talentierte Spieler hatten sie schon immer in ihren Reihen. Ich wünsche Schalke 04 alles Gute - außer in den beiden Spielen gegen uns. Wir werden nicht den Fehler machen, dass wir glauben, auf einen einfachen Gegner zu treffen. Wenn wir dieses Spiel mit Respekt und Konzentration angehen, werden wir es gewinnen. Aber auch nur dann.

Sie gehen als Triple-Gewinner in Ihre letzte volle Saison als Vorstandsvorsitzender, Ende 2021 ziehen Sie sich zurück. Gibt es noch etwas, das Sie vorher beweisen müssen?

Rummenigge: Wenn ich eines hasse, dann wenn man sagt: "Ich habe alles erreicht, ich muss nichts mehr beweisen." Jeden Tag, egal ob im Büro oder auf dem Platz, muss man sich neu motivieren und neu beweisen und immer wieder wissen, weshalb man bei Bayern München arbeitet. Wir haben die Aufgabe, die tollen Erfolge, die wir feiern durften, so lange wie möglich zu konservieren. Außerdem: Je länger wir nicht in einem vollbesetzten Stadion spielen, desto größer wird der finanzielle Schaden. Es gibt noch einiges zu tun.

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