Jerome Boateng: Lauter Wirbel um den Schweigsamen vom FC Bayern

Von Dennis Melzer
Jerome Boateng wird immer wieder mit einem Abschied aus München in Verbindung gebracht.
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Boateng hatte sich zuletzt beim FC Bayern wieder festgespielt. In der Länderspielpause sorgte er für Furore - nicht mit Worten, sondern mit Taten.

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Und plötzlich, nahezu aus dem Nichts, war er wieder da - Jerome Boateng profitierte kurzfristig von einer Muskelverletzung David Alabas in Leipzig. Ausgerechnet im bis dato wichtigsten Spiel der jungen Bundesliga-Saison war der ehemalige Nationalspieler, der in den ersten drei Partien keine einzige Minute absolviert hatte, wieder gefragt. Derjenige, dem Präsident Uli Hoeneß während der Double-Feierlichkeiten am Marienplatz nahelegte, "den FC Bayern zu verlassen", weil er "wie ein Fremdkörper" wirke.

Boateng fügte sich gegen die Roten Bullen nahtlos in die Viererkette ein, spielte sogar einige seiner einst gefürchteten Diagonalbälle in die Spitze. 75 Prozent seiner direkten Duelle entschied der Innenverteidiger für sich, im Luftkampf blieb er überdies ungeschlagen. "Jerome hat das in Leipzig sehr gut gemacht", befand Trainer Niko Kovac dementsprechend im Anschluss. "Er hat in den letzten Wochen wenig gespielt, hat dann aber sofort seine Leistung abgerufen."

Die Begegnung mit den Sachsen ist mittlerweile rund einen Monat her, seitdem gingen fünf weitere Pflichtspiele ins Land. In vier davon stand der 31-Jährige in der Startelf. Auch, weil sich neben Alaba auch Rekord-Neuzugang Lucas Hernandez verletzte und Benjamin Pavard von Kovac auf die rechte Defensivbahn beordert wurde.

Fortan zeigte Boateng Leistungen, die in der öffentlichen Wahrnehmung vornehmlich kritisch dargestellt wurden, obwohl er eigentlich durchaus solide agierte. Sicherlich sah der Weltmeister von 2014 in den entscheidenden Szenen beim 1:2 der Bayern gegen die TSG Hoffenheim nicht allzu glücklich aus, allerdings war er nur das letzte Glied in der Fehlerkette.

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Jerome Boateng mit soliden Zahlen 

Die Statistik (Quelle: Opta) attestiert Boateng hingegen eine bislang solide Runde. Mit einer Zweikampfquote von 62,9 Prozent belegt er hinter Niklas Süle (75,6 Prozent) und Philippe Coutinho (65,12 Prozent) den dritten Rang im mannschaftsinternen Ranking. 13 klärende Aktionen bedeuten ebenfalls Platz drei (Süle kommt auf 21, Pavard auf 15). In der Kategorie abgefangene Pässe (9) ist derzeit nur Pavard (15) besser.

Eine überraschende Entwicklung, mindestens: Immerhin wollte Boateng den Hoeneß'schen Rat auf den letzten Drücker im Sommer befolgen und sich Juventus Turin anschließen. Ein Wechsel zur Alten Dame scheiterte bekanntermaßen. Ebenso wie ein Transfer im Jahr zuvor, als Paris Saint-Germain als potenzieller Abnehmer galt.

Letztlich blieb Boateng beim deutschen Rekordmeister, wurde mit der Zeit aber immer schweigsamer. Regelmäßig ließ er die wartende Reporterschar in der Mixed Zone linksliegen. So lange, so konsequent, bis sich die Journalisten schließlich damit abgefunden hatten und ihre Beharrlichkeit gegen Kapitulation tauschten. Obwohl Boateng sich in der Öffentlichkeit kaum noch zu Wort meldete, blieb er dennoch Gesprächsthema.

Weil er eine Party im Münchner Edel-Club P1 zur Unzeit schmiss, weil er Wochen danach die Meisterfeiern der Bayern schwänzte. Für letzteres Verhalten entschuldigte er sich. Er habe eben aus "tiefer Enttäuschung über meine Situation gehandelt. Ich konnte nicht anders."

Überraschender Berater-Wechsel

Boateng ist kein Lautsprecher, sondern ein Mann der Tat. Das bewies er in den vergangenen Tagen einmal mehr. Während der Großteil seiner Teamkollegen mit ihren jeweiligen Nationalmannschaften unterwegs waren, beendete Boateng unerwartet nach fünf Jahren die Zusammenarbeit mit seinem Berater Christian Nerlinger. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge verlief die Trennung einvernehmlich. Der neue Vertreter von Boatengs Interessen heißt Lian Sports. Eine Berateragentur, die neben dem prominenten Neuzugang auch die Ex-Frankfurter Luka Jovic, Ante Rebic sowie Juventus-Mittelfeldmann Miralem Pjanic und Roma-Youngster Cengiz Ünder betreut.

Mit seinem Berater-Wechsel sorgte Boateng medial für Furore. Aber warum? Nikola Damjanac und Fali Ramadani, die beiden Chefs von Lian Sports, sollen den gebürtigen Berliner nach Bild-Informationen mit lukrativen Angeboten anderer Klubs gelockt haben. Besonders zu italienischen Vereinen soll das Beratergespann gute Kontakte pflegen.

Kurztrip nach New York soll Bayern-Bosse verärgert haben

Doch damit war die turbulente Boateng-Woche noch nicht beendet. Seine vier freien Tage nutzte er für einen Trip über den Atlantik, um einer Buchpräsentation von Popstar Rihanna in New York beizuwohnen. Wie die Bild berichtet sorgte die Reise bei den Bayern-Bossen für Verärgerung. Besonders Karl-Heinz Rummenigge dürfte über den Übersee-Ausflug nicht allzu begeistert gewesen sein, äußerte sich der Vorstandschef in der Vergangenheit mit Blick auf Boatengs Nebentätigkeiten als Brillendesigner und Rapper-Kumpel doch häufiger kritisch, warf ihm fehlende Bodenhaftung vor.  

Und so sorgten der Berater-Wechsel und der New-York-Besuch dafür, dass wieder einmal eifrig über die Zukunft des langjährigen Bayern-Profis diskutiert wird, Spekulationen um einen bevorstehenden Wechsel im Winter die Runde machen. Wenngleich Boateng sich in den vergangenen Wochen in der FCB-Truppe einigermaßen festgespielt hat, wird davon ausgegangen, dass er im Zuge der Rückkehr Hernandez' und Alabas schon bald wieder ein Dasein als Bankdrücker fristen wird.

Und plötzlich, nahezu aus dem Nichts, sind sie wieder da - die Nebengeräusche um einen Spieler, der eigentlich schon weg war, stärker als erwartet zurückkam, nur um die nächsten Wechsel-Gerüchte zu initiieren. Ganz ohne öffentlich Stellung zu beziehen.

Jerome Boateng im Steckbrief

Geburtstag3. September 1988
GeburtsortWest-Berlin
PositionInnenverteidigung
Starker FußRechts
ProfivereineHertha BSC, Hamburger SV, Manchester City, FC Bayern München
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