Es läuft, es propellert, es müllert

Von SPOX
Nicolai Müller sorgte gegen Schalke im Alleingang für den Hamburger Dreier
© getty

Wieder einmal war der HSV früh abgeschrieben, doch zumindest vorübergehend sind die Lichter im Norden wieder angegangen. Neben Coach Markus Gisdol und dessen spät, aber effektiv wirkenden Maßnahmen symbolisiert Nicolai Müller wie kein Zweiter in den roten Hosen den jüngsten Höhenflug. Gegen den FC Schalke 04 erhielt Müller die Note 2.

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Am 5. November wurde Markus Gisdol eine Frage gestellt: Ist der Hamburger SV in irgendeiner Form noch zu retten?

Gisdols Amtszeit als Erbe des fünf Partien sieglosen Bruno Labbadia an der Elbe war an diesem Abend ebenfalls fünf Spiele und einen Punkt alt, gerade war Borussia Dortmund ohne viel Rücksicht über die Hanseaten hinweggerollt, 5:2. "Die Realität", antwortete Gisdol, "heißt mit unserer Mannschaft nichts anderes als: reiner Existenzkampf".

Schon nach zehn Spieltagen war sich Fußballdeutschland - mal wieder - einig, dass dieser HSV nichts, aber auch gar nichts anderes machen würde, als abzusteigen.

Weitere sechs Partien später hat sich die Bundesliga in die Winterpause verabschiedet. Und Gisdol wird gefeiert als der neue starke Mann, dessen Maßnahmen reichlich spät, aber reichlich erfolgreich fruchteten. Aus einem fußballerisch verwahrlosten Haufen formte er eine Mannschaft, die gewinnen kann, die plötzlich Fußball spielt - und die einen gewissen Nicolai Müller in ihren Reihen weiß.

"Umso schöner, dass es jetzt klappt"

Die Nummer 27 verkörpert das "neue" Hamburg. Das Hamburg, für dessen Coach im November den Existenzkampf ausgerufen hatte. Müller hat ihn angenommen, pragmatisch. "Im Fußball gibt es eben Phasen", sagte der Rechtsaußen neulich, "in denen es nicht läuft. Umso schöner, dass es jetzt klappt".

Seit der Demütigung gegen den BVB haben die Hamburger nur noch einmal verloren in sieben Spielen. Müller steuerte vier Tore und drei Vorlagen bei. Der 2:2-Endstand gegen Hoffenheim gelang ihm, das Siegtor beim 1:0 gegen Augsburg ebenfalls.

Im letzten Spiel vor der Winterpause war es wieder Müller, dank dem es am Ende 2:1 gegen den FC Schalke 04 stand. Ein Tor, eine Vorlage - insgesamt sicherte alleine Müller seinen Hamburgern sieben Punkte. Mehr als die Hälfte der mageren 13 Zähler, die der HSV bislang zusammenkratzen konnte. Doch statt kompletter Hoffnungslosigkeit überwintern die Hanseaten jetzt zumindest auf dem Relegationsplatz.

Höchstwert um Höchstwert um Höchstwert

Es ist diese Effektivität, die Müller in einer Mannschaft, die in der laufenden Saison bereits eine Serie von sieben Spielen ohne Tor hinter sich hat, mittlerweile herausragen lässt. Eine Effektivität, die den 29-Jährigen eben den entscheidenden Ticken wertvoller macht als einen Filip Kostic oder einen Michael Gregoritsch, deren Bemühungen zu oft nicht auf dem Spielberichtsbogen landen.

Und dann ist da ja noch der unbändige Einsatz, den Müller schon zeigte, als der HSV zu Saisonbeginn im Chaos versank und manch einer mit manch anderen Dingen beschäftigt war. Er rannte und machte und schoss so lange, bis der Knoten irgendwann platzen musste. Bis es gar nicht mehr anders ging, als endlich wieder seinen Propellerjubel vorzuführen.

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Gegen Schalke lief Müller beinahe zwölf Kilometer. Die Statistiker vermerkten 47 Sprints und 95 intensive Läufe bei einer Höchstgeschwindigkeit von mehr als 32 Kilometern pro Stunde, das sind alles Höchstwerte für diesen Abend im Volkspark Stadion. Knapp drei der zwölf Kilometer war er im Spurt unterwegs.

Das Ende ist bekannt

"Einen neuen Geist" hat Müller ausgemacht. Bei sich selbst und im ganzen Verein. "Wir treten als Einheit auf. Der Teamgeist ist gestärkt worden", schwärmt der eine Erfolgsgarant Müller dann schließlich über den anderen Erfolgsgaranten Gisdol. "Der Trainer hat gewisse Regeln aufgestellt, denen wir folgen. Das alles war bitter nötig."

Und jetzt? Der HSV steht auf Platz 16 und ist akut vom Abstieg bedroht. Der Unterschied zum 5. November: Fragen, ob dieser Verein noch zu retten sei, auf die würde man gerade nicht kommen. "Wir sind seit langer Zeit zum ersten Mal wieder mittendrin", brachte Müller die Situation bereits vor dem Spiel gegen Schalke auf den Punkt.

Dann sagte er: "Wir wollen sechs Tage lang Vollgas geben." Das Ende ist bekannt.

Nicolai Müller im Steckbrief