BVB, VfB Stuttgart und Eintracht Frankfurt in der Saison 1991/1992: Das größte Drama der Bundesliga-Geschichte?

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Schon in den Tagen vor dem Showdown an der Ostsee leistete sich die Eintracht zumindest rückblickend gesehen einige Fehler. So bezogen die Hessen drei Tage vor der Partie ein Trainingslager in einem schönen Hotel in Graal-Müritz vor den Toren Rostocks.

"Das war nicht meine Idee, aber ich werfe mir vor, dass ich dem letztlich zugestimmt habe", hadert Stepanovic noch heute: "Dort hat sich ein viel größerer Druck aufgebaut, als wenn wir in Frankfurt bei Familie und Freunden geblieben wären."

Speziell für Stürmer Kruse war die Ablenkung bei der Rückkehr in die alte Heimat - der heute 54-Jährige verbrachte vor seiner Flucht in den Westen acht Jahre bei Hansa - enorm. "Mich haben im Hotel viele Freunde besucht, auch meine Eltern haben vorbeigeschaut. Wir haben gefühlt schon mal die Meisterfeier vorbereitet", so Kruse.

Außerdem drang vor dem Spiel zu den Rostock-Spielern durch, dass die Eintracht die Meisterfeierlichkeiten für Samstagnacht tatsächlich bereits im Sheraton-Hotel in Frankfurt vorbereitet hatte. T-Shirts mit dem Schriftzug "Deutscher Meister 1991/92 - Eintracht Frankfurt" und zahlreiche Champagnerflaschen lagerten obendrein im Mannschaftsbus.

"Das hat uns angestachelt. Wir haben uns gesagt: 'Die feiern hier heute nicht'", sagte der frühere Hansa-Kicker Juri Schlünz einst bei Sport1.

Während Coach Ottmar Hitzfeld in Dortmund die gewohnte Routine beibehielt, beorderte Daum die VfB-Profis ebenfalls in ein Kurztrainingslager. Als Ort wählte er allerdings bewusst kein angenehmes Hotel, sondern die etwas ungemütliche Sportschule Hennef.

65. und 67. Minute: Schock und Hoffnung

Mitten in eine Eintracht-Drangphase hinein fährt Hansa einen Konter. Der eingewechselte Heiko März bringt den Ball flach von der rechten Seite in den Strafraum, wo Jens Dowe einschiebt. Frankfurts Schockzustand löst sich schnell. Keine 120 Sekunden später trifft Kruse nach Flanke von Ralf Weber per Kopf zum 1:1. Die Eintracht dreht die Partie sogar fast, doch Yeboah scheitert an Torhüter Daniel Hoffmann. In Leverkusen schraubt Schäfer weiter an seinem Heldenstatus, indem er den VfB zweimal durch Grätschen in höchster Not rettet. Der BVB hat nach wie vor alles im Griff. Aber: Wenn Frankfurt oder Stuttgart ein Tor erzielen, sind die Schwarz-Gelben ihre Tabellenführung los.

Zwischenstände: Rostock - Frankfurt 1:1, Leverkusen - Stuttgart 1:1, Duisburg - Dortmund 0:1

Tabellenführer: Dortmund

In Rostock wurde ein klares Foul an Frankfurts Ralf Weber nicht gepfiffen.
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In Rostock wurde ein klares Foul an Frankfurts Ralf Weber nicht gepfiffen.

Weil sich im Wedaustadion in der zweiten Halbzeit lange Zeit nicht viel tat, waren viele BVB-Spieler eher mit den Ergebnissen auf den anderen Plätzen als mit ihrem eigenen Spiel beschäftigt.

"Ich hatte immer Kontakt mit unserem Masseur am Spielfeldrand, weil der ein Radio dabei hatte", erzählte Dortmunds Mittelfeldspieler Michael Rummenigge einmal bei Sport1: "Also wusste ich genau: Weder Frankfurt noch Stuttgart führen - die Chance ist also wirklich da."

Für die Borussia, die damals eine homogene, aber keineswegs herausragende Mannschaft hatte, wäre es die erste Meisterschaft seit 1963 und damit ein echter Coup gewesen.

Stuttgarts letzter Meistertitel lag damals acht Jahre zurück. Der VfB hatte in den Jahren vor 1992 zwar wohl eine personell besser besetzte Truppe, diesmal entwickelte sich allerdings ein echter Teamgeist.

75. Minute: Ein kapitaler Schiri-Blackout

Nun nimmt das Drama seinen Lauf, was nicht nur an Stepanovics Zigarre zu sehen ist, die mittlerweile wie verrückt zwischen seinen Lippen auf und ab wippt. Stefan Böger foult Frankfurts Weber im Sechzehner - ein glasklarer Elfmeter. Unglaublich, aber wahr: Schiedsrichter Alfons Berg lässt weiterspielen. Weber rastet komplett aus und stürmt auf den Unparteiischen zu.

Zwischenstände: Rostock - Frankfurt 1:1, Leverkusen - Stuttgart 1:1, Duisburg - Dortmund 0:1

Tabellenführer: Dortmund

"Das war der klarste Elfer, den ich je gesehen habe", sagte Eintracht-Libero Manfred Binz zu Sport1: "Wenn ich Weber nicht aufgehalten hätte, wäre er vermutlich für immer gesperrt worden. Der hätte den Berg aus dem Stadion rausgetreten."

"Ich war auch völlig überrascht, als Alfons Berg meinte: 'Weiterspielen, weiterspielen.' Das war natürlich für Frankfurt eine Katastrophe", meinte Missetäter Böger.

Unmittelbar nach dem Spiel räumte Berg seinen Fehler ein: "Ich hätte pfeifen müssen."

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