Als der BVB Eriksen als Götze-Ersatz ins Visier nahm - aber einen Streikprofi verpflichtete

Von Stanislav Schupp
Christian Eriksen 2012 im Ajax-Trikot im Duell mit Mario Götze
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2013 verließ das damalige Supertalent Mario Götze den BVB überraschend in Richtung München. Lange Zeit galt Christian Eriksen als Favorit auf die Nachfolge. Am Ende kam es anders - und das sorgte einige Zeit später für mächtig Wirbel in Dortmund.

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"Er ist ein großartiger Spieler", schwärmte Jürgen Klopp vor einigen Jahren in der dänischen Tageszeitung Ekstra Bladet. Einer, den "jeder" gern in seinem Team hätte.

Gemeint war Christian Eriksen.

Der 54-jährige Klopp kam allerdings (noch?) nicht in den Genuss, den dänischen Mittelfeldspieler in seinen eigenen Reihen zu haben, doch Klopp und Eriksen verbindet eine Vorgeschichte, die einst beinahe den Wunsch des Fußballlehrers hätte Realität werden lassen.

Götzes Abschied: Drei Kandidaten für ein Wunderkind

Ende April 2013 war es, als der Abschied von Wunderkind Mario Götze gen München Fans und Verantwortliche von Borussia Dortmund wie ein Schlag ins Gesicht traf.

Ausgerechnet unmittelbar vor dem wichtigen Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid. Ausgerechnet zum großen Rivalen aus dem Süden der Republik. Und ausgerechnet Götze, mit das größte Talente der Vereinsgeschichte, ein Dortmunder Junge, der noch wenige Monate zuvor die Anhänger von einem Karriereende in Schwarz-Gelb hatte träumen lassen.

Doch Dortmund wäre nicht Dortmund gewesen, hätten sie sich nach dem (erneuten) Verlust eines Ausnahmekönners nicht direkt nach hochwertigem Ersatz umgesehen. Konkret wurden damals drei Namen beim BVB gehandelt. Einer von ihnen war Eriksen.

Christian Eriksen 2012 im Ajax-Trikot im Duell mit Mario Götze
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Christian Eriksen 2012 im Ajax-Trikot im Duell mit Mario Götze

Suche nach Götze-Ersatz: Klopps interessierter Anruf

"Henrikh Mkhitaryan, Kevin de Bruyne und Eriksen", enthüllte Götzes einstiger Förderer Klopp die Kandidatenliste: "Wir haben alle drei sehr intensiv beobachtet, wussten aber, dass wir nur einen bekommen würden."

Während der heutige City-Star de Bruyne falsch dachte ("Sie haben die Art von Fußball gespielt, die ich bevorzuge. Also dachte ich, dass mich Chelsea vielleicht gehen lassen würde") und letztlich keine Freigabe von seinem damaligen Arbeitgeber erhielt, wurden die Gespräche mit Ajax' Eriksen beziehungsweise Mkhitaryan von Schachtjor Donezk konkreter.

"Klopp hat mich angerufen und zur Meisterschaft gratuliert", berichtete der damalige Ajax-Coach Frank de Boer nach dem Titelgewinn 2013. Und wenn er schon dabei war, erkundigte sich Klopp auch gleich nach Eriksen.

De Boer ging ohnehin nicht davon aus, dass ihm seine Spieler in der gleichen Konstellation erhalten bleiben würde. "Ich kann mir kaum vorstellen, dass er bei Ajax bleibt", sagte er über Eriksen.

"Würde gut dorthin passen": Eriksen befeuerte BVB-Gerüchte

Auch Eriksen selbst machte keinen Hehl aus einem möglichen Abschied - und vor allem seiner Sympathie für den BVB. "Dortmund wäre ein Verein, bei dem ich gerne spielen wollen würde", sagte der Däne bei NUsport: "Ich denke, dass ich gut dorthin passen würde. Sie spielen offensiv, schönen Fußball, so wie ich das auch gerne möchte. Und sie spielen um Titel."

Eriksen, der technisch und taktisch glänzte und in Amsterdam den gleichen Wunderstatus wie Götze genoss, steuerte in besagter Saison zehn Tore und 16 Assists zum Meistertitel bei und verhalf den Niederländern mit einem Tor und vier Vorlagen in der CL-"Todesgruppe" hinter dem BVB und Real Madrid - und vor ManCity - auf Rang drei. Der kicker wähnte den heute 29-Jährigen anno dazumal schon beim BVB.

So weit kam es allerdings am Ende doch nicht: Statt nach Dortmund, wechselte Eriksen im gleichen Sommer zu den Tottenham Hotspur. Und schließlich wurde es Mkhitaryan, der Götze in Dortmund beerbte.

BVB: Wie der Mkhitaryan-Deal für Stress sorgte

Während Eriksen, dessen Rückkehr auf den Platz nach seinem Kollaps und anschließender Reanimation bei der vergangenen Europameisterschaft noch offen ist, auch bei den Spurs - zumindest mit Ausnahme seiner letzten Saison in London - zum unumstrittenen Stammspieler wurde und später mit Inter Mailand den Scudetto gewann, konnte Mkhitaryan nur in seiner letzten von drei Spielzeiten in Schwarz-Gelb richtig überzeugen (31 Spiele, elf Tore, 20 Assists). Zu oft präsentierte sich der als Vorzeigeprofi titulierte Armenier unglücklich in seinem Spiel, vergab zahlreiche Großchancen.

Zu allem Überfluss drohten er und sein Berater Mino Raiola 2016, einen Wechsel zum interessierten Manchester United im Notfall erzwingen zu wollen. Dortmund stellte sich quer, der Agent warf den BVB-Bossen vor, sich nicht an Absprachen gehalten zu haben, drohte trotz gültigen Vertrages bis 2017 mit einem Streik seines Klienten. Laut Bild soll Mkhitaryan noch während laufender Gespräche um eine mögliche Verlängerung seine Wohnung in Dortmund gekündigt haben und Coach Thomas Tuchel eine Nachricht mit den Worten "Ich gehe zu Manchester United" geschickt haben.

Dortmund gab schließlich nach, ließ den 32-jährigen Mittelfeldmann für 42 Millionen nach Manchester ziehen. Wohl auch mit der Angst, im darauffolgenden Jahr ohne Ablöse dazustehen.

Es war eine ähnliche Marschroute, die Mkhitaryan bereits bei Donezk anwandte, als er unter Anleitung Raiolas dem Training fern blieb, um seinen Wechsel nach Dortmund zu erzwingen. Drei Jahre zuvor hatte der BVB auf der Suche nach einem Götze-Ersatz davon noch profitiert.

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