Gladbach-Manager Max Eberl exklusiv: "Bei Marco Reus musste ich stabil bleiben"

Von SPOX
Max Eberl (re.) holte einst Dante zu Borussia Mönchengladbach.
© IMAGO / MIS

Sportdirektor Max Eberl von Borussia Mönchengladbach hat vor dem Bundesliga-Auswärtsspiel beim FC Augsburg (20.30 Uhr LIVE auf DAZN) im Interview mit SPOX und DAZN seinem in der Kritik stehenden Trainer Marco Rose erneut mit deutlichen Worten den Rücken gestärkt. Er wolle in dieser Konstellation noch etwas erreichen und werde das "nicht wegwerfen", so Eberl.

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Der Sportchef der Fohlen verriet außerdem, wie er Hans Meyer einst von Marco Reus überzeugte und warum Dante beinahe ein Weihnachtsfest im Hause Eberl ruiniert hätte.

Gladbach-Sportdirektor Max Eberl über...

... die Gründe, nach der aktiven Karriere ins Management zu wechseln: Ich habe damals bewusst die Entscheidung gefällt, mit Anfang 30 sofort ins Büro zu wechseln, obwohl ich noch zwei bis drei Jahre hätte spielen können. Aber man hat mir eben die Chance gegeben, meinen zweiten Traum leben zu dürfen. Und tatsächlich lebe ich ihn und habe dabei auch große Freude - auch wenn die Zeit gerade etwas stürmischer ist und man aktuell wieder breitere Schultern braucht. Aber ich glaube, das gehört dazu. Natürlich habe ich manchmal schlaflose Nächte, aber ich bin keiner, der vor Entscheidungen Angst hat. Ich will Entscheidungen fällen und auf den Punkt kommen.

... seinen Charakter: Ich darf jetzt seit zwölf Jahren Sportdirektor sein. Ich weiß, was ich tue, kenne mich aus auf dem Markt und deswegen denke ich: Besonnenheit ist doch ein guter Ratgeber, auch wenn ich manchmal sehr emotional bin. Ich versuche in meinem Job immer, die besten Lösungen für meinen Verein zu finden, dabei aber authentisch und ehrlich zu sein.

... Vorbilder im Management-Bereich: Tatsächlich ist Uli Hoeneß mein großes Vorbild, ein Stück weit sogar ein Mentor. Ich durfte miterleben, wie er Bayern München groß gemacht hat. Ich darf ihn sehr, sehr häufig um Rat fragen. Das war beispielsweise der Fall, als es darum ging, die Karriere als aktiver Fußball zu beenden, um eine neue Chance zu nutzen. Auch als Sportdirektor habe ich ihn in der einen oder anderen Situation um Rat gefragt.

... die Aufgaben eines Sportdirektors: Augenscheinlich wird man als Sportdirektor am Tabellenplatz und damit indirekt auch nach Transfers bewertet. Ich muss mich daran messen lassen, wie Spieler bei uns einschlagen. Aber für mich verkörpert ein Sportdirektor auch eine Philosophie und eine Struktur. Er verkörpert die vielen Mitarbeiter des Vereins. Ich möchte nicht Mainstream sein, sondern gute Entscheidungen treffen. Man kann schnell Applaus erhaschen, aber es geht für mich um Nachhaltigkeit. Und das größte Lob für mich ist, dass Menschen jetzt mittlerweile über Jahre hinweg sagen: "Bei euch kann man erkennen, wie man mit Trainern und Spielern umgeht."

Gladbach: Dante-Transfer rettete Eberls Weihnachten

... wichtige Transfers: Die erste gute Entscheidung war, im Abstiegskampf Hans Meyer als Trainer zu bekommen. Und der erste große Transfer war Dante von Standard Lüttich. Wir haben wirklich hart arbeiten müssen, um die Vertragsdetails zu klären. Das zog sich bis Heiligabend. Ich bin mit meinem Sohn in die Kirche gegangen und meine Frau musste daheim bleiben und auf das Fax warten. Kurz vor der Mette hat sie mir dann bei WhatsApp geschrieben: "Fax mit Unterschrift ist da." Dann war Weihnachten gerettet.

... erarbeitetes Vertrauen: Ich musste mir Vertrauen mit guten Transfers erarbeiten. Zum Beispiel, mit meinem Team bei einem Marco Reus stabil zu bleiben, obwohl ein erfahrener Trainer wie Hans Meyer dir sagt: "Puh, so viel Geld ausgeben für so ein Hemd aus der zweiten Liga?" Wir wussten aber, dass wir einen guten Spieler gesehen hatten, der zu dem passt, was wir uns vorstellen. Ich bin keiner, der streitet, aber ich bleibe dann hartnäckig. Und da ließ sich irgendwann auch Hans Meyer überzeugen: "Okay, Max. Ich kenne ihn zu wenig, aber ich vertraue dir."

... die Situation von Borussia Mönchengladbach: Ich beschreibe uns als das "gallische Dorf" gegen die Großmächte um uns herum. Sowohl geographisch mit Leverkusen, mit Düsseldorf oder Köln als auch fußballerisch mit den Großmächten Bayern, Leipzig, Dortmund, Frankfurt oder auch Stuttgart, die es von der Größenordnung her eigentlich sein müssten. Gegen die kämpft dieses kleine "gallische Dorf" vom Niederrhein mit allen Kräften - ohne Zaubertrank leider, aber mit vielen klugen Köpfen an der Spitze. Ich war immer Underdog, ich wurde oft unterschätzt.

... das Erfolgsrezept der Gladbacher: Ich habe das Credo: Die Mannschaft auf dem Platz spiegelt die Mannschaft neben dem Platz wider. Damit meine ich sowohl den Staff als auch die Geschäftsstelle in Gladbach. Dieser Zusammenhalt ist für mich elementar wichtig, sonst wirst du im Fußball keinen Erfolg haben können. Jeder einzelne Spieler oder Trainer war ein ganz wichtiger Mosaikstein, um dahin zu kommen, wo wir gerade stehen. Deswegen es gibt nicht eine Mannschaft, sondern es gibt zehn Jahre mit all diesen Personen.

Eberl: "Wer sagt, dass bei einer Rose-Entlassung alles gut wird?"

... besonders emotionale Momente: Die Relegationsrettung damals in Bochum war ein unfassbarer Moment, der diesen Klub ein Stück weit wieder wachgeküsst hat. Das war extrem emotional. Daran schließt 2012 die CL-Qualifikation gegen Dynamo Kiew an, als wir hier zum ersten Mal die Champions-League-Hymne gehört haben. Das waren zwei Momente, die einen ganz großen Nachhall haben und auch für immer in meinem Leben bleiben.

... die Causa Rose: Wir haben eben gerade die Situation mit Marco. Trotzdem haben wir eine Mannschaft, mit der wir noch etwas erreichen können. Und das möchte ich nicht einfach wegwerfen. Auch wenn relativ salopp gesagt wird: "Du musst den Trainer entlassen, dann ist alles wieder gut." Wer sagt das? Wir haben einen Trainer, der vor vier bis fünf Wochen gefeiert wurde. Den alle geliebt haben, als wir Bayern München oder Dortmund geschlagen und uns am Champions-League-Achtelfinale erfreut haben. Und dieser Trainer soll heute fachlich nicht mehr in der Lage sein, unsere Mannschaft so zu trainieren, dass wir doch noch nach Europa kommen können?

... den Ärger der Fans: Ich weiß, dass wir unglaublich viele Menschen haben, die uns mit Herzblut begleiten und die natürlich teilweise Dinge emotional sehen. Aber ich muss halt rational entscheiden. Ich kann vielleicht über diese Plattform sagen, dass sich jeder sicher sein kann, dass mir eine Entscheidung, egal in welche Richtung, nicht leicht fällt. Ich will sie aber treffen. Nicht emotional, sondern mit Überlegung.

... die momentanen Ergebnisse: Wir haben vor neun Wochen das Achtelfinale der Champions League erreicht. Ich weiß, was für ein Hype medial um uns herum war und wie wir auch in Foren gefeiert wurden. Und jetzt ist eben eine neue Situation. Sie ist nicht einfach, das gebe ich zu, aber tatsächlich muss ich ja am jeweiligen Tag Entscheidungen fällen. Und nichts ist leichter, als dann Wochen, Monate oder ein Jahr später zu sagen: "Was damals entschieden wurde, das hätte man anders machen können." Nichts ist leichter als das im Leben.