Ramy Bensebaini von Borussia Mönchengladbach im Interview: "Es hatte sich kein einziger Verein für mich interessiert"

Ramy Bensebaini wechselte 2019 von Stade Rennes zu Borussia Mönchengladbach.
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Ein Jahr später wurden Sie erneut verliehen, diesmal zu HSC Montpellier nach Frankreich. Dort konnten Sie sich in der Ligue 1 als Stammspieler etablieren.

Bensebaini: Allerdings nur in der ersten Saisonhälfte. Dann nämlich wurde Trainer Rolland Courbis entlassen und er war derjenige, der mich geholt hat, weil er mich aus seiner Zeit in Algerien kannte. Anschließend wurde es sehr kompliziert für mich. Ich hatte bis dato fast alle Spiele gemacht, doch der neue Trainer stand offenbar nicht auf mich. Unter ihm stand ich nur noch zweimal in der Startelf und war fast vollständig raus.

Wie dachten Sie damals über Ihre weitere Perspektive?

Bensebaini: Auch hier ging die Leihe nur ein Jahr, aber ich wollte nicht mehr nach Algerien zurück. Da ich zuvor kaum gespielt hatte, musste ich warten. Es hatte sich lange kein einziger Verein für mich interessiert. Letztlich machte nur Stade Rennes ein Angebot. Da hatte Christian Gourcuff übernommen, unter dem ich im November 2015 mein Debüt in der Nationalmannschaft gefeiert habe.

Eine glückliche Fügung.

Bensebaini: Das schon, aber ich wollte eigentlich überhaupt nicht nach Rennes.

Ramy Bensebaini als Spieler von Stade Rennes nach dem Pokalsieg 2019.
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Ramy Bensebaini als Spieler von Stade Rennes nach dem Pokalsieg 2019.

Wieso?

Bensebaini: Mir hat es in Montpellier wirklich sehr gut gefallen. Ich habe mich wohlgefühlt, mein Leben war schön und das Wetter auch. (lacht) Von dort nach Norden in die Bretagne zu gehen, wo es häufig regnet, das hat mich nicht besonders angemacht. Ich hatte aber keine andere Wahl.

Das Wetter mag zwar mit Montpellier nicht mitgehalten haben, doch Rennes wurde bis dato Ihre mit Abstand beste Station.

Bensebaini: Absolut, es war super dort, ich hatte drei Jahre lang eine tolle Zeit. Ich spielte regelmäßig, habe mich entwickelt und verbessert und am Ende sogar noch den Pokal gegen Paris Saint-Germain gewonnen. Das war ein sensationeller Abschluss für mich.

Ihre Leistungen in Rennes brachten Sie auf den Zettel von Borussia Mönchengladbach. Die ersten Gespräche fanden während des Afrika Cup 2019 statt. Wie empfanden Sie die?

Bensebaini: Mein Berater hatte mich informiert, dass die Borussia an mir interessiert sei. Schon im Jahr zuvor wollten sie mich haben. Ich wurde dann am Vorabend eines Spiels von Marco Rose und Steffen Korell angerufen. Sie haben mich zunächst gefragt, ob ich mir das überhaupt vorstellen könne und so weiter. Es war ein tolles Gespräch, so dass für mich quasi feststand: Direkt nach dem Afrika Cup werde ich bei Gladbach unterschreiben.

Sie haben dort auch mit Algerien das Turnier gewonnen und den zweiten Afrika Cup nach 1990 in Ihre Heimat gebracht. Wie wichtig war dieser Sieg in gesellschaftlicher Hinsicht für die Menschen in Algerien?

Bensebaini: So gut wie alle Menschen dort lieben den Fußball. Unser Sieg hat daher das gesamte Land unglaublich stolz gemacht. Die Leute konnten dadurch ihre mannigfaltigen Probleme im Alltag oder im gesamten Land für eine Weile vergessen. Es waren unvergessliche Momente für uns - erst Recht, als wir dort von Hunderttausenden auf den Straßen empfangen wurden.

Sie investieren nebenbei in verschiedene Projekte in Algerien. In welchen Bereichen sehen Sie Verbesserungspotenzial in Ihrem Heimatland?

Bensebaini: Mit dem persönlichen Blick auf mich, meine Vita und meinen Beruf wäre es super, wenn es im Land deutlich mehr Akademien geben würde, die junge Fußballspieler ausbilden. Sie müssen es sich wirklich so vorstellen, dass es in den Vierteln der Städte dermaßen viele Jugendliche gibt, die verrückt nach Fußball sind und jeden Tag unentdeckt für sich kicken. Viele davon sind technisch wirklich beschlagen, doch es fehlt an Strukturen und Institutionen, an die sie sich wenden können und die diese Talente fördern. Damit wäre schon viel erreicht, denn davon könnten langfristig die heimische Liga und die Nationalelf profitieren. Aber auch die Spieler selbst, weil es ihnen eine bessere Zukunft - vielleicht sogar als Profi in einer der europäischen Ligen - möglich machen könnte.

Wie haben Sie denn dann darüber gedacht, als Sie hörten, dass es die Möglichkeit gibt, nach Deutschland in ein Ihnen unbekanntes Land zu wechseln?

Bensebaini: Anfangs hatte ich etwas Angst davor, weil ich es ja schon einmal erfahren habe, wie es ist, die Sprache nicht zu sprechen. Ich wusste auch, dass Deutsch sehr schwer zu erlernen ist. Und das ist es wirklich, viel verbessert hat sich noch nicht. (lacht) Das Interesse aus der Bundesliga hat mich in erster Linie aber stolz gemacht, denn es war der Beweis dafür, dass ich hart gearbeitet habe, um dorthin zu kommen. Mittlerweile kann ich sagen, dass meine Familie und ich wunderbar zurechtkommen. Ich verstehe mich mit allen gut, es läuft super hier.

Sie haben auch gleich ein sehr gutes erstes Jahr hingelegt. Anfangs sind Sie noch ein paar Mal mit der im Vergleich zu Frankreich konsequenteren Herangehensweise an die Dinge angeeckt. Wie sieht es mittlerweile aus, wie deutsch sind Sie geworden?

Bensebaini: Etwas deutscher bin ich noch nicht geworden, glaube ich. Ich versuche es aber und passe mich an. Das mit der Pünktlichkeit und Striktheit war anfangs noch etwas ungewohnt. Es hat aber nicht lange gedauert, damit klarzukommen. Viel länger wird es dauern, die Sprache zu beherrschen.

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