Schalke - Alexander Nübel exklusiv: "Ich liebe es, abgeschossen zu werden"

Von Fynn Warnken/Felix Keil
Alexander Nübel hat sich vor dem Spiel gegen Union Berlin bei DAZN geäußert.
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Schalkes Kapitän Alexander Nübel spricht im Interview mit SPOX und DAZN über das Spiel gegen Union Berlin, seine offene Zukunft und seine Vorbilder im Tor.

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Kaum eine Woche vergeht, ohne dass irgendein früherer Nationaltorwart Alexander Nübel Empfehlungen zu seiner Zukunft gibt.

Was an zwei Gründen liegt: Zum einen ist das wohl größte deutsche Torwarttalent im Sommer ablösefrei zu haben, weshalb zahlreiche internationale Topklubs ihr Interesse bei seinem Berater hinterlegt haben. Zum anderen müssen auch deshalb andere über die Karrierepläne des Schalker Kapitäns spekulieren, weil er sich selbst seit Monaten bedeckt hält.

Im Interview vor dem Spiel der Königsblauen gegen Union Berlin (ab 20.15 Uhr live auf DAZN und im LIVETICKER) äußert sich Nübel zumindest kurz zu den anhaltenden Wechselgerüchten.

Chancen auf Verlängerung bei Schalke gestiegen

Dabei ist inzwischen die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass der 23-Jährige seinen Vertrag auf Schalke zu deutlich verbesserten Konditionen bis 2024 verlängert. Die Sport Bild spekulierte kürzlich sogar von einer Verzehnfachung seines momentanen Gehalts auf dann sechs Millionen Euro im Jahr - angeblich mehr, als der nachweislich interessierte FC Bayern geboten hat.

München dürfte für den gebürtigen Ostwestfalen vermutlich nur dann schon zur nächsten Saison interessant werden, wenn Manuel Neuer seinen 2021 auslaufenden Vertrag nicht verlängern sollte. Ansonsten müsste sich Nübel bei Bayern hinter dem Nationaltorhüter auf die Bank setzen, was angesichts seiner rasant verlaufenen Karriere wenig bis gar keinen Sinn machen würde.

Trotzdem zollt er Neuer im Gespräch ebenso großen Respekt wie anderen Konkurrenten. Zudem nennt er seinen besten Gegenspieler und die Gründe für den Schalker Erfolg in dieser Saison.

Alexander Nübel über...

... seinen Weg vom Stürmer zum Torhüter:

"Ich war mal als Aushilfe im Tor, danach bin ich zweigleisig gefahren. Komischerweise habe ich mich dann für das Tor entscheiden. Das war nicht immer einfach, ich war ein kopfballstarker Sechser und mir fehlten die Emotionen, die einen als Feldspieler eher umgeben als einen Torhüter. Aber am Ende war es doch klar, weil ich es liebe, mich hinzuschmeißen und abgeschossen zu werden. In Paderborn war das unter Zsolt Petry so, dass alle Torhüter von der U11 bis zu den Profis einmal in der Woche zusammen trainiert haben. Das war ein Ansporn, sich so schnell und gut wie nur möglich weiterzuentwickeln."

... seine Vorbilder im Tor:

"Als ich zu Schalke gekommen bin, habe ich mir jeden Tag etwas von Ralf Fährmann abgeschaut. Seine Intensität in jedem Training war sehr erstaunlich und für mich eine ganz neue Welt. Weil er in jedem Training auf einem Niveau gespielt hat, das für mich unfassbar war. Im Moment schaue ich mir von ter Stegen etwas ab. Er ist sehr ruhig in seinen Aktionen, hat immer Kontakt zum Boden. Das ist seine größte Stärke, wenn es darum geht, Bälle zu halten. Fußballerisch gibt es ohnehin nicht viele Bessere. Und Manuel Neuer ist ein Torhüter für sich, der ein bisschen über den Dingen steht, er hat seine eigene Technik. Es wird in den nächsten Jahrzehnten schwer werden einen zu finden, der auf dem Niveau spielen kann."

Jens Lehmann war das erste Vorbild von Alexander Nübel.
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Jens Lehmann war das erste Vorbild von Alexander Nübel.

... seine Idole in der Jugend:

"Jens Lehmann war mein erstes Vorbild. Später dann auch Ralf Fährmann. Ihn abzulösen, war auch eine komische Situation, weil wir auch Freunde sind. Aber ich bin Profi, ich will spielen und meinen Platz auch nicht mehr hergeben. Er hat es professionell aufgenommen."

... die Frage, ob es noch möglich ist, wie einst Lehmann für Schalke und Dortmund zu spielen:

"Ich glaube, ja. Die Frage ist wohl aber, ob man direkt von einem zum anderen wechselt oder noch Klubs dazwischen hat. Das wird es vereinzelt auch in Zukunft noch geben."

... Parallelen zum Ex-Schalker Manuel Neuer:

"Ich bin ja eigentlich nicht aus der Schalker Torhüterschule. Ich habe aber einfach einen hervorragenden Torwarttrainer, seit 2014. Vergleiche sind immer schwierig. Es ist vielleicht Zufall, dass ich jetzt beim gleichen Verein spiele."

... die Frage, ob Neuer noch immer der beste Torwart der Welt ist:

"Er hat sein Spiel ein bisschen umgestellt. Das Risiko von vor fünf, sechs Jahren geht er nicht mehr so extrem ein. Aber er ist immer noch ein topmoderner Torwart, hat diese Ära ja auch mit eingeleitet. Er kommt gerade wieder in diese Phase vor vier, fünf Jahren, als er so überragend war. Es gibt, glaube ich, keinen Besseren."

... seine Zukunft ab der nächsten Saison:

"Ich weiß noch nicht genau, was ich mache. Klar setzen sich derzeit manche Teile ein bisschen mehr zusammen als vor zwei, drei Monaten. Aber eine Entscheidung habe ich immer noch nicht getroffen."

... den besten Gegenspieler:

"Der Beste, gegen den ich bisher gespielt habe, ist Robert Lewandowski. Er wird nicht hektisch, ist ganz ruhig am Ball und weiß genau, was er macht. Das ist eine Qualität, die nicht jeder hat - die er sich aber auch erarbeitet hat. Die Zahlen sprechen dafür, dass es im Moment nicht viele Bessere auf der Welt gibt."

... den Videobeweis:

"Es geht um Tatsachenentscheidungen, wir alle machen Fehler, davon lebt das Spiel ja. Ohne Fehler fallen keine Tore, dann könnte man auch mit Robotern spielen. Ich bin eher dagegen. Vielleicht kann man es noch modifizieren wie beim Tennis mit zwei Challenges pro Halbzeit. Aber das kostet dann auch wieder viel Zeit und macht das Spiel zäher."

... die Gründe für Schalkes Erfolg:

"Der größte Faktor war, was im Kopf der Spieler passiert ist. Dass alle wieder frei aufspielen können. Letzte Saison hat sich alles in einen Strudel entwickelt, der schwer aufzuhalten war. Es ist nicht immer einfach, Gründe dafür zu finden. Vor zwei Jahren hatten wir eine ähnliche Mannschaft und mit demselben Trainer sehr viele Punkte geholt. Der Kern war ähnlich, trotzdem hat es nicht so funktioniert."

... die Europacup-Chancen:

"Es ist schwierig. Oben in der Tabelle ist es sehr eng, nach unten aber auch. Verlierst du zwei Spiele in Folge, rutschst du gleich wieder vier, fünf Plätze nach unten. Diese Saison ist es schwer, etwas vorauszusehen und wir tun wohl ganz gut daran, uns kleine Ziele zu setzen. Wir denken von Spiel zu Spiel. Das ist keine Phrase, sondern wirklich so!"

... den nächsten Gegner Union Berlin:

"Das ist ein Aufsteiger, hat aber aus den letzten sechs Spielen gegen gute, namhafte Gegner viele Punkte geholt. Union kämpft und läuft sehr viel und steht hinten recht sicher. Trotzdem gehen wir im Spiel zu Hause voll drauf."

... den privaten Ausgleich zum Fußball:

"Ich lese derzeit viel und gerne. Und ich schaue Serien. Ich bin froh, wenn ich nach Hause zu meiner Familie und meinen Freunden fahren kann. Da reden wir fast gar nicht über Fußball. Stattdessen schauen wir uns lieber Autos an."

... seine Persönlichkeit:

"Ich bin eher ruhig und zurückhaltend und Fremden gegenüber nicht so offen wie andere. Ich bin wohl nicht so verrückt wie manch anderer Torhüter."

... seine Berufswahl ohne Fußball:

"Ich wäre wahrscheinlich zur Bundeswehr gegangen, weil ich gerne draußen bin und mich sportlich betätige. Deshalb hätte ich das wohl versucht. Mich fasziniert die Kameradschaft und dass alle füreinander da sind. Wie jetzt bei uns im Team. Ob ich dann für die speziellen Sondereinheiten so qualifiziert gewesen wäre, weiß ich nicht. Aber ich hätte mir das gerne mal angeschaut."

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