Davy Klaassen von Werder Bremen im Interview: "Werder passt zu meiner Ajax-Prägung"

Davy Klaassen kam 2018 vom FC Everton zu Werder Bremen.
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Wie hat Kohfeldt Sie überzeugt?

Klaassen: Ich dachte mir nach der Everton-Saison, dass ich eine Mannschaft brauche, in die ich spielerisch reinpasse, die Fußball so ähnlich denkt und versteht wie ich. Das war bei Everton nämlich nicht so. Und deswegen war mir der Stil sehr wichtig. Ich habe mir einige Spiele aus der vorigen Saison von Werder angesehen, am Tag, bevor ich mich mit ihm getroffen habe. Da dachte ich mir schon, dass das ganz gut passt, vom Ansatz und von der Denkweise her. Und am nächsten Tag hat er das bestätigt und mir auch nochmal ganz klar gesagt, dass und warum er mich gerne holen will. Das war der wichtigste Grund: Werder passt zu meiner Ajax-Prägung.

Die Ablöse war damals zwar deutlich geringer als ein Jahr zu vor bei Everton, trotzdem wurden Sie mit 13,5 Millionen gleich zum Rekordtransfer von Werder. Was für einen Bezug hat man als Spieler zu solchen Beträgen?

Klaassen: Für den Spieler selbst bedeutet das gar nicht so viel. Man merkt natürlich, dass darüber gesprochen wird, dass die Medien und Fans sich dafür interessieren ... es entsteht wohl auch etwas mehr Druck als bei jemandem, der vielleicht für drei Millionen wechselt, die Erwartungen sind ein bisschen anders. Aber am Ende sind es einfach Summen, die für meinen Alltag nichts bedeuten.

Davy Klaassen: "Werder war der richtige Schritt"

Im Sommer gab es bereits wieder mehrere Gerüchte, dass einige Teams Sie haben wollten, unter anderem wurde Lazio Rom genannt. Sind Sie da ins Grübeln geraten, zumal Werder eben nicht die Europa League erreicht hat?

Klaassen: Nein. Werder war für mich der richtige Schritt, ich habe hier den Spaß am Spiel wiedergefunden. Und jetzt bin ich hier in einer Situation, in der ich mich sehr wohl und auch Zuhause fühle. Was für mich ganz wichtig ist: Werder hat mich nach einem schlechten Jahr geholt und mir das Vertrauen gegeben. Dann direkt nach einer Saison wieder zu gehen, hätte sich nicht gut angefühlt. Das mache ich nicht. Deswegen habe ich das für mich ausgeschlossen, egal was auch gekommen wäre.

Wäre es auf der europäischen Bühne nicht leichter, sich wieder für die Nationalmannschaft zu empfehlen? Sie haben 2017 zuletzt für die Niederlande gespielt ...

Klaassen: Natürlich würde ich gerne wieder für die Nationalmannschaft spielen. Aber ich weiß nicht, ob das anderswo leichter wäre. Ich meine: Was muss ich machen? Ich kann mich nur darauf konzentrieren, so gut zu spielen wie möglich, und dann hoffe ich, dass es reicht. So sehe ich das. Ich kann davon nicht alles abhängig machen.

Was macht die Stadt Bremen für Sie aus?

Klaassen: Es ist alles ziemlich relaxt hier. Und man merkt, dass eigentlich die ganze Stadt aus Werder-Fans besteht - das hat mich am Anfang am meisten begeistert. In Holland ist das etwas anders, da bist du Ajax- oder Feyenoord-Fan oder was auch immer, hier ist das eigentlich keine Frage. (lacht) Mir gefällt auch ganz gut, dass man hier nicht weit weg von Amsterdam ist.

Klaassen über Bremen: "Hier herrscht etwas mehr Distanz"

Sie fahren laut Ihrem Instagram-Profil gern mal mit dem Rad durch die Stadt. Werden Sie da häufig angesprochen?

Klaassen: Nein, das finde ich auch ganz gut. Man wird hier oft erkannt und die Leute sagen dann je nach dem letzten Ergebnis "gutes Spiel" oder "Kopf hoch", aber sie würden nicht versuchen dich anzuhalten, um ein Foto zu machen. In Holland sind die Leute sehr direkt, teilweise wird man richtig zu Fotos aufgefordert. Hier herrscht etwas mehr Distanz und Respekt.

Kohfeldt hat sich über die letzten Jahre den Ruf als eine Art Shooting-Star in der deutschen Trainerszene erarbeitet. Wie würden Sie die Zusammenarbeit mit ihm beschreiben?

Klaassen: Florian ist sehr gut in seinem Job. Er ist besessen von Fußball - immer beschäftigt mit Taktik, mit neuen Ideen, und er ist unheimlich ehrgeizig. Wir als Mannschaft arbeiten alle sehr gerne mit ihm zusammen. Er interessiert sich für die Personen selbst und hat ein offenes Ohr für jedes Thema. Aber wenn es ums Gewinnen geht, ist er wie besessen. Das gilt natürlich auch für Tischtennis!

Er hat mal gesagt, dass Sie nach ihm der zweitbeste Spieler bei Werder sind ...

Klaassen: Ja, das stimmt wohl. Mittlerweile bin ich ganz gut. Ich habe ihn auch schon ein paarmal geschlagen, auch wenn er sich daran wohl ungern erinnert. (lacht)

"Besessen" von Fußball und Tischtennis: Florian Kohfeldt.
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"Besessen" von Fußball und Tischtennis: Florian Kohfeldt.

Europa: "Was soll sonst der Anspruch sein?"

Werder hat erneut die Zielsetzung Europa formuliert, wie schon in der vergangenen Saison, nachdem zuvor mehrere Jahre lang gegen den Abstieg gekämpft wurde. Ist das aktuell ein sinnvoller Anspruch?

Klaassen: Ja. Was soll sonst der Anspruch sein? Zwischen Europa und Abstiegskampf gibt es nichts, was man als richtiges Ziel ausgeben kann. Und wir haben letzte Saison ja gezeigt, dass es möglich gewesen wäre. Wir hätten die Qualifikation eigentlich schaffen müssen, wir haben leider viele Punkte gegen schwächere Mannschaften liegen lassen. Aber das zeigt ja, dass es der richtige Anspruch ist.

In den beiden ersten Spielen in dieser Saison schien sich das mit zwei eher unglücklichen Niederlagen direkt zu wiederholen. Was fehlt in solchen Spielen wie gegen Hoffenheim und vor allem Düsseldorf?

Klaassen: Ja, das ist manchmal bizarr. Unser Spiel gegen Augsburg war wahrscheinlich das schlechteste in der bisherigen Saison, aber das einzige, das wir gewonnen haben. Das lässt sich manchmal nicht wirklich erklären, woran es liegt. Spielerisch ist natürlich auch noch nicht alles perfekt, aber daran arbeiten wir Tag für Tag. Für mich sind das ärgerliche Niederlagen, aus denen man aber lernen kann.

Die Ergebnisse von Werder Bremen in der laufenden Saison

WettbewerbDatumHeimAuswärtsErgebnis
DFB-Pokal10.08Atlas DelmenhorstWerder Bremen1:6
Bundesliga17.08Werder BremenFortuna Düsseldorf1:3
Bundesliga24.08TSG HoffenheimWerder Bremen3:2
Bundesliga01.09Werder BremenFC Augsburg3:2

Inwieweit hat sich der offensive Ansatz durch den Abgang von Fixpunkt Max Kruse verändert?

Klaassen: Unser System ist eigentlich ähnlich, aber die Position wird von verschiedenen Spielern eingenommen. Yuya [Osako, d. Red.] kann dort spielen, Jojo [Eggestein, d. Red.] ebenfalls. Es verteilt sich auf mehr Schultern und je nach Spiel wird vielleicht auch die Rolle etwas anders interpretiert, aber das ist meiner Meinung nach etwas Gutes.

Neben Kruse gab es zuletzt auch bei Maxi Eggestein recht lange Gerüchte um einen Wechsel, bis er seinen Vertrag dann verlängert hat. Haben Sie ihm dazu geraten, vielleicht auch mit der Everton-Erfahrung im Hinterkopf?

Klaassen: Ich habe ihm natürlich gesagt, dass er bleiben soll. Aber eher scherzhaft. Ich habe ihm gesagt: "Bleib mal hier, hier ist besser." Das war aber alles nicht so ernst, es war ja seine Entscheidung. Ich hatte aber nie das Gefühl, dass er wirklich wegwollte oder dass es kurz davor war, dass er sich dafür entschieden hätte. Ich habe mir nie große Sorgen gemacht. Er weiß auch, was er hier hat, dass er sich hier gut weiterentwickeln kann.

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