Timo Werners Vertragsverlängerung bei RB Leipzig: Die einzig mögliche Entscheidung

Von Stefan Petri
Timo Werner unterschrieb nach langer Hängepartie bis 2023 bei RB Leipzig.
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Timo Werner hat seinen Vertrag bei RB Leipzig bis 2023 verlängert. Damit ist ein Wechsel zum FC Bayern München erst einmal vom Tisch. Für den Verein ist der Verbleib des Stürmers ein großer Erfolg, für Werner selbst dagegen wohl eher Zweck- als Liebesbeziehung.

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Ziemlich genau acht Monate ist es her, da schien Timo Werners Wechsel nach München eigentlich schon vorweggenommen. "Wenn man in Deutschland bleiben will, gibt es nur einen Verein, zu dem man gehen kann", meinte er im Dezember am Sky-Mikrofon vielsagend. Leipzig hatte sein Sonntagsspiel gegen die Bayern gerade mit 0:1 verloren - und schien seinen Nationalspieler ebenfalls zu verlieren.

Seit Sonntag steht fest, dass es nicht nur Lippenbekenntnisse waren, als Werner erklärte, dass RB "natürlich auch im Rennen" um seine Zukunft sei. Zwar kam es zu der für die Winterpause angekündigten Entscheidung nicht, und auch die mannigfaltigen Ultimaten seiner Bosse um Geschäftsführer Oliver Mintzlaff und Ralf Rangnick ließ der 23-Jährige verstreichen - doch am Ende blieb der verschämte Flirt mit den Bayern eben nur dieses. "Verlängern oder verkaufen", auf dieses Mantra pochte der Verein. Jetzt hat Timo Werner verlängert.

Werner über neuen Vertrag: "Braucht halt ab und zu etwas länger"

Literweise hatte Werners Signatur die RB-eigenen Glückshormone sprudeln lassen, so war es kurz nach Verkündung auf der Vereinshomepage zu lesen. "Wir sind froh ...", eröffnete Mintzlaff den Reigen, "Wir freuen uns natürlich ...", begann Sportdirektor Markus Krösche sein Statement. Und Werner? "Ich bin froh ...", natürlich.

Einen Satz legte der Nationalspieler allerdings noch nach, der aus dem üblichen PR-Reigen herausstach: "Und für die richtigen Entscheidungen braucht man halt ab und zu etwas länger."

Diese treuherzig-tapsig klingende Formulierung, die den Spieler Werner nach monatelangem Pokern mit der bullischen Fangemeinde versöhnen sollte - erfolgreich übrigens, wie die stehenden Ovationen nach dem 2:1-Erfolg über Eintracht Frankfurt bewiesen -, kann nämlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass es womöglich durchaus die richtige, ziemlich sicher aber auch die einzige Entscheidung war, die Werner treffen konnte.

Fehlendes Bayern-Interesse lässt Werner nur die Option RB

Schließlich hatte er sich angesichts der kalten Schulter, die ihm die Bayern in den letzten Wochen gezeigt hatten, in eine Sackgasse manövriert. Der Rekordmeister wollte nicht die nötige Summe für einen Lewandowski-Backup beziehungsweise umfunktionierten Außenspieler ausgeben, spekulierte wohl auch auf eine ablösefreie Verpflichtung im Sommer 2020. Einen Wechsel ins Ausland, Atletico hatte Interesse gezeigt, hatte Werner selbst abgelehnt, wie Mintzlaff bestätigte. Siehe oben: "Wenn man in Deutschland bleiben will ..."

So blieben Werner also nur zwei Optionen: Verlängern - oder sein verbleibendes Vertragsjahr aussitzen. Und damit seinen in den letzten Jahren aufpolierten Ruf schädigen, zum Stinkstiefel und Buhmann der Fans werden. Wer weiß, ob RB nicht ein Exempel statuiert und ihn auf die Bank verbannt hätte, als abschreckendes Beispiel für eventuelle Nachahmer: Werner hätte sogar seine EM-Teilnahme riskiert.

Vielleicht reifte beim Angreifer in den letzten Wochen und Monaten die Erkenntnis, dass ihm ein weiteres Jahr in Leipzig guttun würde. Dass er noch nicht "zu gut" ist für den Dritten der vergangenen Saison. Er sei sich nun "wirklich vollumfänglich sicher", bei RB "die nächsten Entwicklungsschritte machen" zu können, betonte Werner. Eine Rollte könnte auch der neue Trainer Julian Nagelsmann spielen: Werners Verhältnis zu Vorgänger Rangnick wirkte zuweilen angespannt.

Timo Werners Bilanz bei RB Leipzig

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Ausstiegsklausel bei Timo Werner: Abschied nur vertagt?

Die im neuen Kontrakt integrierte Ausstiegsklausel von kolportierten maximal 60 Millionen Euro riecht allerdings eher nach Zweck- statt Liebesbeziehung, würde sie doch Werners echten Marktwert nicht akkurat widerspiegeln. Zudem soll sie von Jahr zu Jahr sinken, ist also zumindest derart gestaltet, dass sie einen interessierten Topklub in den kommenden Sommern nicht abschrecken würde.

Werner hat die Entscheidung über seine Zukunft erst einmal vertagt. Das Verhältnis zu den Fans ist gekittet, er kann sich voll und ganz auf die neue Saison und die anschließende Europameisterschaft konzentrieren. Sollte der FC Bayern danach erneut anklopfen oder er sich bereit fürs Ausland fühlen, könnte ihm RB Leipzig keine Steine in den Weg legen.

Womit man beim Klub auch rechnet. "Wir haben jetzt diese Saison Ruhe. Was dann in der Saison passiert und was nächste Saison ist, das werden wir sehen", orakelte Mintzlaff: "Irgendwann kommt dann vielleicht die Zeit, wo er zu einem ganz großen Klub wechselt."

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Werner-Poker: Orientiert Bayern sich um?

RB gehört dennoch zu den Gewinnern des beendeten Vertragspokers. Werners Verlängerung hat Signalwirkung - für Fans, Mitspieler, Konkurrenz und den neuen Übungsleiter. "Ein klares Signal, dass wir kein Ausbildungsverein sind", frohlockte Mintzlaff. Werners Verbleib erhöht die Chancen des Klubs, sich erneut für die Königsklasse zu qualifizieren. Und sie hat natürlich eine nicht zu unterschätzende wirtschaftliche Komponente: Ein Verkauf im kommenden Sommer würde nun ein stattliches Sümmchen einbringen.

Bleibt der FC Bayern. Sollte man sich an der Säbener Straße auf eine ablösefreie Verpflichtung des Angreifers im nächsten Jahr eingerichtet haben, muss umdisponiert werden. Fraglich jedoch, ob Werner Priorität haben wird, wenn es darum geht, das Festgeldkonto anzuzapfen. Philippe Coutinho, Leroy Sane, vielleicht auch Kai Havertz - da bliebe wohl nicht mehr viel Spielraum. Zumal Werner angesichts der Vertragsverlängerung mit Robert Lewandowski nun auch langfristig mit der Jokerrolle im Zentrum vorlieb nehmen müsste.

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