BVB-Joker Julian Brandt wird gegen Köln zum Gamechanger: Der will nur spielen

Von Dennis Melzer
Julian Brandt hat in Köln eine starke Vorstellung gezeigt.
© imago images

Julian Brandt weiß nach seiner Einwechslung beim 3:1-Erfolg von Borussia Dortmund beim 1. FC Köln zu gefallen und hat erheblichen Anteil am Sieg des BVB. Eine aussichtsreiche Startelf-Bewerbung.

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Klar. Einen Spieler, der jahrelang für den verhassten Nachbarn aus Leverkusen die Schuhe geschnürt hat, empfängt man in Köln nicht ohne Nebengeräusche. Vereinzelt waren sie dementsprechend zu hören, die Pfiffe gegen Julian Brandt, der nach rund einer Stunde auf den Müngersdorfer Rasen schritt, um den an diesem Abend non-existenten Julian Weigl abzulösen.

Besonders kümmerten die Unmutsbekundungen der Effzeh-Fans Brandt allem Anschein nach nicht. Im Gegenteil, sie beflügelten ihn eher. Brandt revitalisierte eine bis dato uninspirierte Mannschaft, zeigte sich, verlieh seinem blassen Kumpel Marco Reus wieder Glanz.

Kurzum: Brandt machte genau das, was die BVB-Verantwortlichen sich erhofft hatten, als sie ihn im Sommer für verhältnismäßig läppische 25 Millionen Euro aus der Farbenstadt gen Norden lotsten.

Brandt: "Dafür sitzen wir ja auf der Bank"

"Dafür sitzen wir ja auf der Bank. Damit wir noch einmal ein belebendes Element ins Spiel bringen", fasste Brandt im Anschluss an die Begegnung in der Mixed Zone nüchtern zusammen und ergänzte phrasenschweinreif: "Dass ich heute meinen Teil dazu beitragen konnte, ist ein schönes Gefühl. Aber das schönste Gefühl ist, dass wir heute gewonnen haben."

Brandt hatte nun wirklich allen Grund zur Freude. Weil die Schwarz-Gelben in der Domstadt ein zwischenzeitliches 0:1 am Ende noch in ein 3:1 verwandelten und somit den zweiten Saisonsieg im zweiten Spiel eintüteten.

Er sei froh gewesen, dass es sich dabei um ein knappes Unterfangen gehandelt habe. Ganz anders als gegen Augsburg vergangene Woche, als vor heimischer Kulisse ein lockeres 5:1 heraussprang und die frühsaisonale Euphorie bereits in Selbstverständnis zu kippen drohte. Aber "heute haben wir gemerkt, dass man für die drei Punkte hart arbeiten muss".

Köln setzt BVB über 60 Minuten enorm zu

Tatsächlich hatte der Aufsteiger dem Meisterschafts-Mitfavoriten über 60 Minuten enorm zugesetzt. Immer wieder sah sich das Dortmunder Mittelfeld zahlentechnisch mit einer Kölner Übermacht konfrontiert.

Die Rheinländer wirkten bissiger in den Zweikämpfen und hatten mit Jhon Cordoba und Anthony Modeste zwei Angreifer in ihren Reihen, die nicht nur hervorragend Sebastiaan Bornauws Langholz festmachten, sondern eine formidable erste Verteidigungskette bildeten, indem sie früh anpressten und so ein brauchbares Aufbauspiel der Gäste nur allzu häufig unterbanden.

Das Resultat: ein angeknockter, strauchelnder Bundesliga-Riese, der kein probates Mittel fand, um Kölns Hintermannschaft ernsthaft zu beschäftigen. Bis, ja, bis Julian Brandt kam, sah und Lösungen fand.

BVB-Chancentaktung erhöht sich dank Brandt merklich

"Nach meiner Einwechslung haben wir auf dem Papier mit Axel (Witsel, Anm. d. Red.) auf der Sechs und Marco und mir auf der Acht gespielt", erklärte Brandt. Der 23-Jährige führte aus: "Ich habe mich oft fallen gelassen. Dadurch haben sich vielversprechende Räume ergeben. In die konnten wir dann reinstoßen."

Die Chancentaktung erhöhte sich merklich, weil sich Brandt geschickt im Halbraum bewegte und mit cleveren Pässen Tiefe generierte. Nicht nur das, der Mittelfeldmann wartete mit einer herausragenden Zweikampfquote auch in der Rückwärtsbewegung auf: 83 Prozent seiner sechs direkten Duelle entschied der gebürtige Bremer für sich, in Luftduellen blieb er gar unbezwungen.

"Ich war heute teilweise Sechser, das war für mich was ganz Neues", scherzte Brandt, der tatsächlich in den ersten Minuten seines Schaffens ungewohnt defensiv agierte, dann aber schnell etwas mehr nach vorne rückte und jene Position bekleidete, die er in der vergangenen Rückrunde unter Ex-BVB- und Neu-Leverkusen-Trainer Peter Bosz bereits erfolgreich ausgefüllt hatte.

"Ich fühle mich dort grundsätzlich sehr wohl", sagte Brandt diesbezüglich. "Wenn man sich ein halbes Jahr lang auf diese Position eingestellt hat, ist es Quatsch, wenn man sich wieder umgewöhnen muss."

Brandt will nicht dauerhaft der Joker sein

Apropos umgewöhnen: Der Nationalspieler galt in der vergangenen Rückrunde bei Bayer 04 als absolut unverzichtbar. Vor allem, weil er mit Kai Havertz ein kongeniales Tandem bildete, unter dessen Ägide etwas überraschend noch die Qualifikation für die Champions League gepackt wurde.

Bei seinem neuen Klub saß Brandt in den ersten beiden Bundesligaspielen auf der Bank und kam jeweils nur als Joker in die Partie. "Ich glaube, die Frage beantwortet sich von selbst", scherzte Brandt, nachdem er auf seine Startelf-Ambitionen angesprochen worden war. "Natürlich will ich das. Aber auch alle anderen, die heute auf der Bank saßen, wollen spielen."

Er wolle sich aber in der nächsten Woche abermals empfehlen, ließ er die anwesenden Reporter augenzwinkernd wissen, ehe er seine eigenen Ansprüche doch noch konkretisierte: "Das Wichtigste ist für mich, auf dem Platz zu stehen." Dabei spiele die Position nur eine untergeordnete Rolle: "Ob als Zehner, auf der Acht oder auf den Flügeln: ich will spielen."

Um das in naher Zukunft auch zu realisieren, warb Brandt in Köln mit dem besten Argument: Leistung. Ein Argument, das auch gegnerische Zuschauer überzeugt. Und plötzlich verstummten sie, die Pfiffe. Klar.

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