VfB-Meistertorwart Hildebrand im Interview vor der Relegation: "Ich spüre eine viel bessere Energie"

Timo Hildebrand wurde 2007 mit dem VfB Stuttgart Deutscher Meister.
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Sie haben vor einiger Zeit geäußert, dass Sie wieder näher an den VfB heranrücken möchten. Wie ist der Wunsch entstanden?

Hildebrand: Der VfB ist mein Herzensverein. Meine fußballerische Liebe. Ich habe in Stuttgart mehr Zeit verbracht als zuhause, es ist meine Heimat geworden. Die Meisterschaft ist und bleibt das Highlight meiner Karriere. Ich begleite seit längerem eine Art Botschafter-Rolle und als ich hörte, dass ein Platz im Präsidium vakant ist, habe ich mich dem Vereinsbeirat vorgestellt. Daraus hat sich jetzt ergeben, dass ich mich im Nachwuchsbereich einbringen werde.

Für das freie Amt im Präsidium wurden zwei andere Kandidaten vorgeschlagen. War das nicht enttäuschend?

Hildebrand: Nein, gar nicht. Mir geht es nicht um irgendein Amt. Mir geht es darum, dass ich den Verein gerne mit meinem Wissen und meiner Erfahrung unterstützen will, in welcher Form auch immer. Dazu kommt, dass der Sitz im Präsidium teilweise auch etwas zu hoch gehängt wird. Die Themen dort sind vor allem die U11 bis zur U15 und die anderen Abteilungen wie Leichtathletik oder Tischtennis. Natürlich ist es schön, dort drin zu sitzen, aber ich hatte ein gutes Gespräch mit dem Präsidenten und wir sind zu dem Entschluss gekommen, wenn, dass ich mich im Nachwuchsbereich engagieren soll. Wie diese Aufgabe genau aussieht, haben wir noch nicht geklärt. Jetzt stehen sowieso erstmal wichtigere Dinge an.

Hildebrand über den Erfolg der U19

Könnten Sie sich auch vorstellen, ganz ins Fußballgeschäft zurückzukehren?

Hildebrand: Auf jeden Fall. Im Moment genieße ich es zwar, frei zu sein, aber wenn man mit Leib und Seele dem Fußball verbunden ist, zieht es einen immer wieder dorthin zurück. Ich kann mir schon vorstellen, im Management eines Klubs zu arbeiten. Aktuell begleite ich ja sehr viele unterschiedliche Projekte.

Wenn wir über den Nachwuchs beim VfB sprechen, müssen wir über die A-Jugend sprechen, die am Montag ins Finale um die Deutsche Meisterschaft eingezogen ist und sogar das Double holen könnte. Warum hat es der VfB so versäumt, auf die eigene Jugend zu setzen?

Hildebrand: Generell ist es schön und wichtig, dass die A-Jugend nach längerer Zeit mal wieder im Finale steht. Für diese Jungs ist es immer einfacher, nach oben zu kommen, wenn es dort eine funktionierende Truppe gibt. Wenn sie oben die Kohlen aus dem Feuer holen sollen, ist der Schritt schwer, sich einzugliedern oder eine Chance zu erhalten. Der VfB hat sehr viel Konkurrenz im Jugendbereich dazu bekommen. Die anderen Vereine schlafen nicht. Dennoch ist die Jugendarbeit beim VfB immer noch ein Aushängeschild. Es ist wichtig, eine Durchlässigkeit zu generieren, so dass man immer wieder Jugendspieler an den Profikader heranführt und, wenn es auch mal sein muss, hohe Transfererlöse erzielt.

Wie katastrophal ist es aber dann, dass die 2. Mannschaft aus der Regionalliga abgestiegen ist. Was macht der VfB mit Jungs wie Leon Dajaku oder Luca Mack? Oberliga-Spiele in Ilshofen oder Oberachern sind bei allem Respekt kaum das Sprungbrett, das sie brauchen.

Hildebrand: Die ganze Situation um die 2. Mannschaft, der Fakt, dass Michael Reschke sie schon abschaffen wollte, passt leider in die negative Gesamtentwicklung der letzten Jahre. Die 2. Mannschaft ist extrem wichtig als Zwischenstation. Ich denke da zum Beispiel auch an den dritten Torwart, der ja eigentlich immer ein junger ist, der Spielpraxis braucht. Regionalliga-Niveau wäre dafür aber das Minimum. Deswegen gilt es, hier wieder eine Priorität zu setzen, damit man einen guten Unterbau der Profiabteilung hat.

Hildebrand über den VfB-Präsidenten: "Dietrich ist ein Macher"

Präsident Wolfgang Dietrich ist die Zielscheibe Nummer eins geworden in Stuttgart. Wie sehr kann das zum Problem werden?

Hildebrand: Wolfgang Dietrich ist für mich ein Macher. Ein Entscheider und vor allem Umsetzer. Er geht auch mal einen unangenehmen Weg, der nicht jedem gefällt. Er hat viele Dinge verändert und angepackt. Mir hat das sehr imponiert. Natürlich schlägt sich die sportliche Talfahrt auch auf ihn nieder und aufgrund seiner Vergangenheit ist er leider Zielscheibe vieler im Umfeld.

Aber an der Kritik wird sich auch nach einem erfolgreichen Klassenerhalt und einem möglichen guten Saisonstart in der neuen Spielzeit nichts ändern.

Hildebrand: Wir werden sehen, was die Mitgliederversammlung im Juli bringt. Der Verein kommt aus dieser Misere nur mit Ruhe und Kontinuität - und wenn alle an einem Strang ziehen.

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