Oliver Kahn im Interview: "Ich saß hinten und habe Börse Online gelesen"

Von Jochen Tittmar, Haruka Gruber
Oliver Kahn wird wohl 2020 zum FC Bayern München zurückkehren.
© getty
Cookie-Einstellungen

Und die haben Sie sich dann durchgelesen und für gut befunden?

Kahn: So war's. (lacht) Der Torspielermarkt ist zwar eine kleine Nische, die, wenn man sie global denkt, richtig spannend sein kann. Lediglich ein paar Torwarthandschuhe auf den Markt zu bringen, war nicht unser Ansatz. Je mehr wir uns in diese Welt hineingearbeitet haben, desto mehr fiel uns auf, dass es nicht genügend ausgebildete Torspielertrainer gibt. So entstand die Idee, für die Torspieler und Torspielertrainer digitale Trainingsangebote zu entwickeln. Alles, was wir bei Goalplay tun, zielt darauf ab, die Torspieler besser zu machen. Und das geht natürlich weit über das Angebot von Equipment hinaus.

Wie sind Sie im Oktober 2016 vorgegangen, als Sie das Goalplay-Unternehmen gegründet haben?

Kahn: Wir haben zuerst exzellent ausgebildete Experten aus dem Torspielerbereich eingestellt. Gemeinsam haben wir basierend auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und meiner Erfahrung die Goalplay-Philosophie, sprich das Goalplay-Trainingsprogramm, entwickelt. Sie ist der Kern von allem. Auf dieser Grundlage entwickelten wir den ersten digitalen Torspielertrainer und die Goalplay Academy, die weltweit Vereinen und Verbänden eine Torspielertrainer-Ausbildung und ein Mentoring anbietet.

Mit wie vielen Trainern arbeiten Sie denn derzeit zusammen - und wie?

Kahn: Momentan sind es acht. Sie arbeiten direkt in den Ländern, mit denen wir zusammenarbeiten und bilden deren Trainer aus. Nach einer gewissen Zeit müssen die von uns ausgebildeten einheimischen Torspielertrainer selbst in der Lage sein, Trainer ausbilden zu können. Wir sind dann damit beschäftigt, die Qualität sicherzustellen. So kann es gelingen, unsere Philosophie substantiell im jeweiligen Land zu verankern.

Lange bevor Goalplay gegründet wurde und Sie die ersten Schritte ins Unternehmertum gingen, wurden Sie Experte beim ZDF - und zwar relativ schnell nach Ihrem Karriereende 2008. Wer hatte damals diesen Einfall?

Kahn: Der legendäre Sportreporter Rolf Töpperwien fragte mich, ob ich mir das vorstellen könnte. Die Idee kam vom damaligen Sportchef Dieter Gruschwitz. Jürgen Klopp hörte nach der EM 2008 auf und so wurde die Position vakant. Dieser Vorschlag wurde dann beim ZDF durchaus kontrovers diskutiert, wie mir zu Ohren kam. (lacht) Gruschwitz war am Ende aber davon überzeugt.

Haben Sie von dem internen Prozess und den Vorbehalten gegen Sie beim ZDF nichts gewusst?

Kahn: Vorbehalte würde ich nicht sagen. Aber kritische Auseinandersetzung muss sein und ist auch normal. Nachdem ich die Verantwortlichen davon überzeugt hatte, dass ich nicht mit dem gestreckten Bein über den Moderationstisch fliegen werde, war alles gut. Mittlerweile bin ich schon so lange dabei, dass ich die elf Jahre von Günter Netzer als ARD-Experte sogar noch toppen kann.

Hatten Sie damals auch schon im Hinterkopf, Ihr Persönlichkeitsbild zu entwickeln und den Namen Oliver Kahn als Marke zu positionieren?

Kahn: Mein Management, mit dem ich 2003 zusammengearbeitet habe, vermittelte mir ein Verständnis, wie eine Marke aufgebaut und positioniert werden kann. Sich selbst nicht nur als Fußballspieler, sondern auch als eine Persönlichkeitsmarke zu begreifen, hilft einem vor allem nach der Karriere.

Inwiefern?

Kahn: Wofür stehe ich eigentlich, was ist mir wichtig und wo möchte ich einmal stehen? Das sind wichtige Fragen, mit denen sich immer noch die Wenigsten auseinandersetzen. Da sehe ich in Deutschland weiterhin großen Nachholbedarf. Dabei geht es nicht nur darum, ein paar Werbedeals abzuschließen, sondern sich eigene Aktivitäten aufzubauen und diese mit geeigneten Partnern zu verbinden.

Bei der Marke David Beckham dreht sich beispielsweise alles um die Modewelt. Wie sieht der Markenkern bei Ihnen nun aus, geht es da ums Unternehmertum?

Kahn: Der Unternehmer hat einiges gemeinsam mit einem Sportler. Er muss mit Unsicherheit und Veränderung klarkommen, ist bereit, hart für den Erfolg zu arbeiten, muss Rückschläge verkraften, gibt nicht auf, sucht neue Chancen und macht weiter. Da gibt es schon einige Parallelen.

Griffen Sie bei dieser Neu-Positionierung auch auf eine Art Hilfe von außen zurück?

Kahn: Positionierung hört sich hier zu konstruiert an. Das war eine ganz natürliche Entwicklung, das zu tun, was einem Spaß und Zufriedenheit bringt. Irgendwann kommt man in ein Alter, in dem man kein persönliches Management mehr braucht. Alles andere fände ich auch befremdlich. Ich muss selbst Verantwortung übernehmen und auf eigenen Beinen stehen. Wie soll jemand, dem das eigene Denken von Beratern abgenommen wird, eigenständig handeln und selbstständige Entscheidungen treffen? Das halte ich für schwierig.

Inhalt:
Artikel und Videos zum Thema